Werke mit theatralen Aspekten

Von Walter Kittel |
Anlässlich der von Rebecca Horn ausgestatteten Inszenierung von Savatore Sciarrinos Oper "Luci mie traditrici" zeigt das Rupertinum Salzburg eine Auswahl aus dem Schaffen der vielseitigen Künstlerin. Die Ausstellung mit dem Titel " Rebecca Horn. Love and Hate" versammelt Skulpturen, Installationen und Zeichnungen.
Irgendwo, weit im Hintergrund dieser Ausstellung erklingt eine Oper. Sie heißt "Luci mie traditrici", "Die tödliche Blume", und stammt von Savatore Sciarrino. Rebecca Horn inszeniert derzeit Sciarrinos Oper für Salzburg. In Nebensätzen schwärmt sie vom hohen, gotischen Kirchenbau, in dem sie das tun darf, um zugleich ihre Verschwiegenheit zu dem Projekt zu bekunden. Sehen wir nun, im Rupertinum, also nur einen Abglanz von dem, was im August erst auf die Bühne kommen wird? Nein, sagt Rebecca Horn, die Ausstellung hat ihre Eigenständigkeit, enthält aber viele theatrale Momente. Etwa in der mechanisch angetriebenen Skulptur "Love-Hate", die spitze, scharfe Messer durch den Raum bewegt.

"Weil das irgendwie die zentrale Arbeit war, die mit dieser Oper natürlich zu tun hat. Mit dieser Liebe und diesem Hass und dieser Eifersucht. Und diesem Mord an der Ehefrau und dem Liebhaber. Und deshalb ist man auf diese Arbeit gekommen."

Theatrale Aspekte enthalten Rebecca Horns Arbeiten schon deshalb, weil sich ihre Skulpturen häufig bewegen. Es gibt Steine, die sich öffnen und ihr Inneres preisgeben. Oder Ferngläser, die – geisterhaft - mal nach links blicken lassen oder nach rechts. Wer durch die Gläser schaut, sieht dann etwa mechanisch bewegte, mit bunten Flügeln schlagende Schmetterlinge in Glasvitrinen sitzen. Das Artifizielle, die unkaschierte, roboterhafte Mechanik, ist hier mit faszinierend schillernden Elementen aus der Natur verbunden.

"Es sind natürlich original Schmetterlingsflügel vom Amazonas. Und es sind Zweige, in der Nähe von meinem Atelier gesammelt, aus dem Odenwald. Und da entsteht natürlich auch wieder ein Dialog zwischen diesen verschiedenen Materialien."

Dialoge werden auf vielfältigste Art in der Ausstellung inszeniert. Etwa, wenn sich unerwartet Steine öffnen.

"Der Stein wird zur Skulptur eigentlich auch durch diesen Schnitt, den ich da angebracht habe, der durch diese Arbeit geht. Und dann eben durch den Kristall. Durch diese andere Energie. Die pure Energie eines Kristalls, der sich in diesem Stein aus dem Meer, in diesem Vulkanstein befindet. Und dieses Zusammenspiel dieser beiden Energien ist in dem Falle ja auch sehr wichtig."

Dass in Rebecca Horns Werk schon lange eine Nähe zum Theater liegt, zeigen ihre Performances, die bis in die frühen 70er Jahre zurückreichen. Zu den beeindruckendsten Arbeiten zählen ihre Auftritte in Berlin, wo sie links eine Schere in der Hand und rechts eine Schere in der Hand, sich vor laufender Kamera die roten Haare kurz schneidet.

Oder in einem weiteren Film den Raum ihres Altbauateliers mit den Händen durchmisst, indem sie unheimlich lange, zerbrechlich wirkende Prothesen an den Fingern trägt. Rebecca Horn wirkt feenhaft in diesen Aufnahmen. Obgleich man leicht durchschaut, was sie tut, ist es doch ungemein geheimnisvoll. Sehr poetisch und schön sind auch die Titel vieler Arbeiten, etwa unter den Zeichnungen. Sie heißen "zirpender Spiralwind" oder "Herzgespräch" und spielen auf akustische Momente an. Auch das Thema "Bewegung" spielt in den Bildern eine Rolle.

"Sie sehen ja auch die ganzen Bewegungen in den Arbeiten. Wie hier zum Beispiel, ist das ja wirklich wie Flugbahnen von einem Vogel. Durch diese Schwingungen, die entstehen. Das sind alles Assoziationsketten zu den Arbeiten."

"Flugbahnen der Falken. Abgründe im Zwischenbereich der Gefühle ...", dichtet Rebecca Horn am Rande einer Zeichnung. "Bodylandscapes" hat sie ihre großen Papierarbeiten genannt, als würde hier der Körper nach einer ihm gemäßen Sprache suchen.

"Wie jeder andere Maler benutze ich meine Pinsel und Buntstifte und was ich sonst dazu brauche und arbeite. Es wird hier auch nicht gefilmt und es ist keine Performance. Sondern das ist sehr im Geheimen. Ich sage immer, in meiner Giftküche passieren diese Dinge."

Beeinflusst wurde Rebecca Horns Werk von den Surrealisten. Scheinbar Gewöhnliches wirkt bei ihr geheimnisvoll und häufig unheimlich. So in den Filmen aus den 70er Jahren, die im New Yorker Atelier der Künstlerin entstanden sind und etwa aus dem Leben und den Begegnungen einer schwarz gekleideten Balletttänzerin erzählen.

"Surrealismus, bestimmte Texte, sehr, sehr schöne Fotos, Bilder, diese ganze Welt, hauptsächlich die Filme, würde ich sagen: Bunuel und den ganz frühen Film, den auch Bunuel und Dali zusammen gedreht haben, das ist eine Welt, die mich schon sehr berührt hat, schon als sehr, sehr junge Künstlerin und als Studentin."