Werke braver Zeitgenossen
Die Nationalgalerie will offenbar aus der Not eine Tugend machen und beschreibt den von ihr ausgelobten Preis als „Gegenprogramm zur Spektakelkultur“. Vier junge Künstler haben es in die Endrunde geschafft und dürfen ihre Werke in Berlin ausstellen.
Ganz am Ende der Pressekonferenz fragte ein Journalist laut in den Raum: Warum eigentlich ist in Zeiten der Klimadebatte ausgerechnet ein Münchner Autohersteller der Hauptsponsor für den Preis der Nationalgalerie geworden. Es folgte irritiertes Schweigen. So recht konnte keine darauf eine passende Antwort geben. Noch bevor eine peinliche Stille entstehen konnte, ergriff der Vertreter des Münchner Autobauers selbst das Wort und ließ mit rotem Kopf einen längeren Vortrag über die gemeinsamen Visionen junger Kunst und junger Ingenieure folgen. Alle arbeiten schließlich an einer besseren Zukunft, oder?
Das war dann aber auch schon fast die intellektuelle Essenz dieser Vorstellung des Preises der Nationalgalerie, dessen Auslober sich sichtlich schwer damit tun, ihn inhaltlich zu begründen. Man spricht lieber von Referenzleistungen und Mehrwert, was kein Wunder ist. Der Preis, den seine Initiatoren gern als Pendant zum Londoner Turner Prize sehen würden, ist von Beginn an ein ziemlich verklemmter und ziemlich inspirationsarmer Versuch der Staatlichen Museen Berlin, in der Gegenwartskunst anzukommen. Bei der insgesamt vierten Ausschreibung seit 2000 scheinbar mehr denn je. Die vier ausgewählten Künstlerinnen und Künstler der Endrunde sind insgesamt ziemlich brave Zeitgenossen mittleren Alters, ihre ausgestellten Werke sind nett anzuschauen, und drumherum tummelt sich ein nicht besonders bunter Haufen von Sponsoren und Firmenvertretern, die alle gern in Zusammenhang mit junger, vermeintlich hipper Kunst wahrgenommen werden wollen. Wäre der Preis der Nationalgalerie so repräsentativ, wie er es gern wäre – man müsste sich sorgen um die Gegenwartskunst in Deutschland.
Joachim Jäger, der Kurator der Ausstellung, sieht dies naturgemäß etwas anders. Er betont:
„Nicht laut, aufdringlich und reißerisch ist dieser Preis, sondern eher still, nachdenklich und very sophisticted.“
Das hatte man in den vergangenen Jahren noch etwas anders gesehen. Doch Jäger sieht die Künstlerauswahl dieses Jahr als besten Beleg dafür, dass der Preis keine Publicity-Show ist, sondern eigentlich ganz anders als er scheint.
„Vor allem (...) haben die vier nominierten Künstler Jeanne Faust, Ceal Floyer, Damian Ortega und Tino Seghal Werke geschaffen, die auf jeden vordergründigen Effekt verzichten, die (...) als Gegenprogramm zur Spektakelkultur unserer Zeit gelten können.“
Jeanne Faust wird mit ihrem neunminütigen Video „The Mansion/Das Haus“ aus dem Jahr 2004 von einigen, wieder einmal besonders gut informierten Medien als Favoritin auf den Preis gehandelt. In dem Film der Wahlhamburgerin treffen ein Vater und ein Sohn in einem Tonstudio aufeinander. Es entwickelt sich ein kurzer, leicht grotesker Dialog, in dem es andeutungsweise um die zerbrochene Ehe des Vaters und um dunkle Geschäfte mit Autos geht. Dem Betrachter obliegt es in der kurzen Zeit sich selbst eine mögliche Hintergrundhandlung zusammenzureimen. Ein poetisches Stück mit sanfter Medienkritik in sparsamer Beckett-Ästhetik.
Nicht weniger dezent ist die verspielt-minimalistische Treppeninstallation der gebürtigen Pakistanerin Ceal Floyer. Die 24 Stufen bestehen aus quergelegten Lautsprecherboxen, aus denen stilisierte Treppensteigegeräusche kommen.
Der gebürtige Mexikaner Damian Ortega wurde letztes Jahr durch seine Installation eines komplett in der Luft zerlegten VW-Käfers bekannt. Hier zeigt er nun Land Art mit alten Ziegelsteinen auf Berliner Brachgeländen, die er wie Dominosteine reihenweise in ornamentalen Figuren umkippen lässt. In flackernder Super-8-Ästhetik seiner Filme wirkt es, als führten diese Steine ein possierliches Eigenleben.
Tino Seghal hingegen ist einmal mehr ohne Werk vertreten, wie schon bei seinem Auftritt auf der Biennale von Venedig 2005 lässt er die Besucher mit Laienschauspielern diskutieren, diesmal über verschiedene Aussagen und Sätzen zur Kunst- und Wirtschaftsgeschichte. Er verzichtet auf jede Abbildbarkeit und ist somit gerade in diesem Kontext der Radikale, greifbare Künstler, der letztlich die Präsentation von Kunst selbst hinterfragt. Ihm den Preis zuzuerkennen, würde tatsächlich die Veranstaltung selbst und ihre Fundraising- und PR-Maschine in Zweifel ziehen. Nur merken würde es naturgemäß kaum jemand.
Das war dann aber auch schon fast die intellektuelle Essenz dieser Vorstellung des Preises der Nationalgalerie, dessen Auslober sich sichtlich schwer damit tun, ihn inhaltlich zu begründen. Man spricht lieber von Referenzleistungen und Mehrwert, was kein Wunder ist. Der Preis, den seine Initiatoren gern als Pendant zum Londoner Turner Prize sehen würden, ist von Beginn an ein ziemlich verklemmter und ziemlich inspirationsarmer Versuch der Staatlichen Museen Berlin, in der Gegenwartskunst anzukommen. Bei der insgesamt vierten Ausschreibung seit 2000 scheinbar mehr denn je. Die vier ausgewählten Künstlerinnen und Künstler der Endrunde sind insgesamt ziemlich brave Zeitgenossen mittleren Alters, ihre ausgestellten Werke sind nett anzuschauen, und drumherum tummelt sich ein nicht besonders bunter Haufen von Sponsoren und Firmenvertretern, die alle gern in Zusammenhang mit junger, vermeintlich hipper Kunst wahrgenommen werden wollen. Wäre der Preis der Nationalgalerie so repräsentativ, wie er es gern wäre – man müsste sich sorgen um die Gegenwartskunst in Deutschland.
Joachim Jäger, der Kurator der Ausstellung, sieht dies naturgemäß etwas anders. Er betont:
„Nicht laut, aufdringlich und reißerisch ist dieser Preis, sondern eher still, nachdenklich und very sophisticted.“
Das hatte man in den vergangenen Jahren noch etwas anders gesehen. Doch Jäger sieht die Künstlerauswahl dieses Jahr als besten Beleg dafür, dass der Preis keine Publicity-Show ist, sondern eigentlich ganz anders als er scheint.
„Vor allem (...) haben die vier nominierten Künstler Jeanne Faust, Ceal Floyer, Damian Ortega und Tino Seghal Werke geschaffen, die auf jeden vordergründigen Effekt verzichten, die (...) als Gegenprogramm zur Spektakelkultur unserer Zeit gelten können.“
Jeanne Faust wird mit ihrem neunminütigen Video „The Mansion/Das Haus“ aus dem Jahr 2004 von einigen, wieder einmal besonders gut informierten Medien als Favoritin auf den Preis gehandelt. In dem Film der Wahlhamburgerin treffen ein Vater und ein Sohn in einem Tonstudio aufeinander. Es entwickelt sich ein kurzer, leicht grotesker Dialog, in dem es andeutungsweise um die zerbrochene Ehe des Vaters und um dunkle Geschäfte mit Autos geht. Dem Betrachter obliegt es in der kurzen Zeit sich selbst eine mögliche Hintergrundhandlung zusammenzureimen. Ein poetisches Stück mit sanfter Medienkritik in sparsamer Beckett-Ästhetik.
Nicht weniger dezent ist die verspielt-minimalistische Treppeninstallation der gebürtigen Pakistanerin Ceal Floyer. Die 24 Stufen bestehen aus quergelegten Lautsprecherboxen, aus denen stilisierte Treppensteigegeräusche kommen.
Der gebürtige Mexikaner Damian Ortega wurde letztes Jahr durch seine Installation eines komplett in der Luft zerlegten VW-Käfers bekannt. Hier zeigt er nun Land Art mit alten Ziegelsteinen auf Berliner Brachgeländen, die er wie Dominosteine reihenweise in ornamentalen Figuren umkippen lässt. In flackernder Super-8-Ästhetik seiner Filme wirkt es, als führten diese Steine ein possierliches Eigenleben.
Tino Seghal hingegen ist einmal mehr ohne Werk vertreten, wie schon bei seinem Auftritt auf der Biennale von Venedig 2005 lässt er die Besucher mit Laienschauspielern diskutieren, diesmal über verschiedene Aussagen und Sätzen zur Kunst- und Wirtschaftsgeschichte. Er verzichtet auf jede Abbildbarkeit und ist somit gerade in diesem Kontext der Radikale, greifbare Künstler, der letztlich die Präsentation von Kunst selbst hinterfragt. Ihm den Preis zuzuerkennen, würde tatsächlich die Veranstaltung selbst und ihre Fundraising- und PR-Maschine in Zweifel ziehen. Nur merken würde es naturgemäß kaum jemand.