Wenn Strandgut zu Kunst wird
Im Sommer zieht es das Künstlerpaar Cronjaeger aus Ostwestfalen immer nach Sylt – nicht nur zum Relaxen, sondern auch zum Arbeiten. Denn die beiden haben vor über 20 Jahren das Strandgut entdeckt – als Arbeitsmaterial für ihre künstlerischen Objekte, als Kunst-Stoff.
Hugo Hartwig Cronjaeger: „Wir machen aus allem was.“
Einmal im Jahr sammelt der Mann aus dem ostwestfälischen Minden auf Sylt alles, was das Meer so anspült. Der Strand dient dem Künstler als Freilichtatelier. Aus den verwitterten Hölzern, Planken und Bohlen werden imposante Gestalten:
„Dann diese Riesenweiberfigur, die Leute, die dann vorbeikommen, da sagt eine: Schau Lisbeth, das ist doch der Eckeneckepen, wer ist denn das? Wissen Sie nicht, das ist der Strandgott, und Gerlinde wie heißt die hier? Sanarde. Das ist Sanarde, das männermordende Seeweib, ja die zieht die jungen Leute ins Wasser, lutscht sie aus und schmeißt sie wieder raus. Lachen. Da werden also Geschichten zugeliefert.“
Begründet hat die familiäre Strandgut-Kunst eigentlich Gerlinde Cronjaeger. In den jährlichen Sommerferien auf Sylt entschied sie, dass das Ponyreiten auf der Nobelinsel zu teuer sei, und sie entdeckte für ihre Zwillinge eine kreative Alternative:
„Der Strand bietet ja Unmengen von Malgründen, (...) wir gingen dann los mit den Kindern in Pippi-Langstrumpf-Manier als Sachensucher und haben auch viel gefunden, und mit diesen Dingen habe ich dann mit meinen Kindern gearbeitet, wir haben mit Fingerfarben die Hölzer bemalt.“
Die Cronjaegers hatten immer jede Menge Kinder um ihren Strandkorb versammelt, die alle mitmalen und werkeln wollten. Als ihre Kinder dann älter wurden, ist Gerlinde Cronjaeger der Strandgut-Kunst treu geblieben.
„Am Strand liegen Unmengen von angeschwemmten bunten Tauwerk, große Klumpen, einzelne Fädchen. (....) ob es blaues Tauwerk ist. Grünes Tauwerk, gelb, was relativ selten ist, oder rot, es sind derart viele Farbnuancen drin, und diese Taue haben den unterschiedlichsten Grad der Verwitterung (...) sie sind aufgesplissen bis zu ihren feinsten Materialursprüngen oder aber sind noch dicke Tampen, die dann langsam aufgedröselt werden.“
„Man versucht natürlich irgendwo das Meeresrauschen, die Brandung miteinzuarbeiten, oder die Quallen, die Stimmung auch. Bei besonders grauem Wetter ist man dazu geneigt, eher farbige Sachen zu gestalten; ist es draußen farbig, dann strahlen meine Garne derart, dass man eher ins einfarbige geht. Man überlegt natürlich manches Mal, was für Kräfte müssen da gewirkt haben, dass so ein dickes Tau abreißen kann und das es so aufspleißen kann.“
Während Gerlinde Cronjaeger sich den feinen Webarbeiten widmet, fertigt ihr Mann Hugo Hartwig große Skulpturen an. Dem agilen Künstler mit dem kahlen Schädel, dem grauen Vollbart und seiner blauen Handwerker-Latzhose merkt man seine Begeisterung für den „Kunst-Stoff“ Strandgut an. Das faszinierende für ihn: Die Treibhölzer und Fundstücke haben einen langen Prozess durchlaufen, sind von Sturm, Wasser und Sonne geschliffen, verwittert, verformt. Der ehemalige Professor für Gestaltungslehre bearbeitet seine Objekte nicht, er komponiert:
„Dieser Sektkorken ist von Metternich, irgendwie musste das Kind einen Namen haben, also wurde es Fürst Meckernicht mit diesen entzückenden kleinen Verschlüssen an den Schubfachvorderfronten, das ist besonders beliebt, oder diese Fallrebbretter, das sind keile, Bürsten, Stöpsel (...)“
Oft denkt die Kunstpädagogin Gerlinde Cronjaeger auch darüber nach, welche Vorgeschichte ihr Strandgut, das Garn hinter sich hat:
„Das sind die Tampen von den Schiffen, was abgerissen ist. Man überlegt manches Mal: Was für Kräfte müssen da gewirkt haben, dass so ein dickes Tau abreißen kann und das es so aufspleißen kann,“
Über 90 Objekte haben die Ostwestfalen am Sylter Strand schon erschaffen. Nach dem Urlaub müssen die bis zu zwei Meter langen und 150 Kilo schweren Arbeiten dann auf dem Dach ihres PKWs nach Minden transportiert werden, wo sie zwei Wohnungen und Gärten füllen. Zu sehen waren die ungewöhnlichen Skulpturen und Webarbeiten mit dem maritimen Flair auch schon in mehreren Ausstellungen.
Doch mittlerweile wird es für die Strandgutkünstler immer schwieriger, das passende Material zu finden, was Gerlinde Cronjaeger aber eigentlich auch ganz recht ist:
„Das hat sich stark verändert, die Nordsee-Konvention hat sehr gegriffen, es wird kaum noch Müll über Bord gekippt, es kommt nicht mehr viel an, und ich muss sehr suchen, dass ich überhaupt noch meine Garne finde, (...) diese große Auswahl und Vielfalt und Menge, die gibt es nicht mehr.“
Einmal im Jahr sammelt der Mann aus dem ostwestfälischen Minden auf Sylt alles, was das Meer so anspült. Der Strand dient dem Künstler als Freilichtatelier. Aus den verwitterten Hölzern, Planken und Bohlen werden imposante Gestalten:
„Dann diese Riesenweiberfigur, die Leute, die dann vorbeikommen, da sagt eine: Schau Lisbeth, das ist doch der Eckeneckepen, wer ist denn das? Wissen Sie nicht, das ist der Strandgott, und Gerlinde wie heißt die hier? Sanarde. Das ist Sanarde, das männermordende Seeweib, ja die zieht die jungen Leute ins Wasser, lutscht sie aus und schmeißt sie wieder raus. Lachen. Da werden also Geschichten zugeliefert.“
Begründet hat die familiäre Strandgut-Kunst eigentlich Gerlinde Cronjaeger. In den jährlichen Sommerferien auf Sylt entschied sie, dass das Ponyreiten auf der Nobelinsel zu teuer sei, und sie entdeckte für ihre Zwillinge eine kreative Alternative:
„Der Strand bietet ja Unmengen von Malgründen, (...) wir gingen dann los mit den Kindern in Pippi-Langstrumpf-Manier als Sachensucher und haben auch viel gefunden, und mit diesen Dingen habe ich dann mit meinen Kindern gearbeitet, wir haben mit Fingerfarben die Hölzer bemalt.“
Die Cronjaegers hatten immer jede Menge Kinder um ihren Strandkorb versammelt, die alle mitmalen und werkeln wollten. Als ihre Kinder dann älter wurden, ist Gerlinde Cronjaeger der Strandgut-Kunst treu geblieben.
„Am Strand liegen Unmengen von angeschwemmten bunten Tauwerk, große Klumpen, einzelne Fädchen. (....) ob es blaues Tauwerk ist. Grünes Tauwerk, gelb, was relativ selten ist, oder rot, es sind derart viele Farbnuancen drin, und diese Taue haben den unterschiedlichsten Grad der Verwitterung (...) sie sind aufgesplissen bis zu ihren feinsten Materialursprüngen oder aber sind noch dicke Tampen, die dann langsam aufgedröselt werden.“
„Man versucht natürlich irgendwo das Meeresrauschen, die Brandung miteinzuarbeiten, oder die Quallen, die Stimmung auch. Bei besonders grauem Wetter ist man dazu geneigt, eher farbige Sachen zu gestalten; ist es draußen farbig, dann strahlen meine Garne derart, dass man eher ins einfarbige geht. Man überlegt natürlich manches Mal, was für Kräfte müssen da gewirkt haben, dass so ein dickes Tau abreißen kann und das es so aufspleißen kann.“
Während Gerlinde Cronjaeger sich den feinen Webarbeiten widmet, fertigt ihr Mann Hugo Hartwig große Skulpturen an. Dem agilen Künstler mit dem kahlen Schädel, dem grauen Vollbart und seiner blauen Handwerker-Latzhose merkt man seine Begeisterung für den „Kunst-Stoff“ Strandgut an. Das faszinierende für ihn: Die Treibhölzer und Fundstücke haben einen langen Prozess durchlaufen, sind von Sturm, Wasser und Sonne geschliffen, verwittert, verformt. Der ehemalige Professor für Gestaltungslehre bearbeitet seine Objekte nicht, er komponiert:
„Dieser Sektkorken ist von Metternich, irgendwie musste das Kind einen Namen haben, also wurde es Fürst Meckernicht mit diesen entzückenden kleinen Verschlüssen an den Schubfachvorderfronten, das ist besonders beliebt, oder diese Fallrebbretter, das sind keile, Bürsten, Stöpsel (...)“
Oft denkt die Kunstpädagogin Gerlinde Cronjaeger auch darüber nach, welche Vorgeschichte ihr Strandgut, das Garn hinter sich hat:
„Das sind die Tampen von den Schiffen, was abgerissen ist. Man überlegt manches Mal: Was für Kräfte müssen da gewirkt haben, dass so ein dickes Tau abreißen kann und das es so aufspleißen kann,“
Über 90 Objekte haben die Ostwestfalen am Sylter Strand schon erschaffen. Nach dem Urlaub müssen die bis zu zwei Meter langen und 150 Kilo schweren Arbeiten dann auf dem Dach ihres PKWs nach Minden transportiert werden, wo sie zwei Wohnungen und Gärten füllen. Zu sehen waren die ungewöhnlichen Skulpturen und Webarbeiten mit dem maritimen Flair auch schon in mehreren Ausstellungen.
Doch mittlerweile wird es für die Strandgutkünstler immer schwieriger, das passende Material zu finden, was Gerlinde Cronjaeger aber eigentlich auch ganz recht ist:
„Das hat sich stark verändert, die Nordsee-Konvention hat sehr gegriffen, es wird kaum noch Müll über Bord gekippt, es kommt nicht mehr viel an, und ich muss sehr suchen, dass ich überhaupt noch meine Garne finde, (...) diese große Auswahl und Vielfalt und Menge, die gibt es nicht mehr.“