"Wenn man mit den Augen strahlt, dann kriegt der Ton auch mehr Glanz"

Von Hartwig Tegeler |
Vier Männer probten vor 30 Jahren im Keller und gönnten sich dabei Rum und Tee. So enstand ein Chor, der in der Region um Preetz bei Gottesdiensten oder manchem öffentlichen Fest so etwas wie eine etablierte Marke geworden ist.
Chorleiterin:"Yah, da, da! Duh, der tiefe Ton ... der hohe ... und der mittlere. Und schön hoch halten den mittleren, damit wir nicht im Moll landen. One, two, one, two, three, four."

Die Besetzung von Teepunsch ist heute fast vollständig - 19 an der Zahl, eine fehlt - und setzt sich soziologisch etwa so zusammen: Rentnerin, Lehrerin, Pädagogin, Arzt, Rentner, Elektroinstallateur, Zahnarzt, Elektriker, Hausfrau, Besamungstechnikerin, Verwaltungsangestellte sowie die Diplom-Rhythmikerin und Sängerin Frauke Pansegrau, seit 13 Jahren Leiterin von "Teepunsch a capella":

Gesang: "... du ba du daaaaaah!"
Ganz schön. Doch: Moment. Vorm Lob steht in den nächsten zwei Stunden Frauke Pansegraus Stimmgabel.

"Ja, mal hören. Naaaaah! Ja. - [Chor:] Juuuuhuh! - Ton gehalten!"

Nun erst darf der Chor zufrieden sein.

Frauke Pansegrau: "Ich muss doch wissen, ob mein Chor absackt. Und das ist nicht ganz immer so gut. Und dann arbeite ich dran, dass halt die Töne und Intervalle richtig gesungen werden."

"So, komm, denn schmettern wir mal einen."

Wer eine Chorprobe von "Teepunsch a capella" besucht, sollte Vorurteile über Dorfchöre vor der Tür des Probenraums in Honigsee - an der Landstraße 49 nach Preetz gelegen - abgeben. Die Sängerinnen und Sänger lachen viel, betreiben Freizeitgestaltung, aber gesungen - darauf achtet Frauke Pansegrau sehr genau -, gesungen wird mit Präzision und Mehrstimmigkeit. Wozu allerdings unabdingbar Frauke Pansegraus musikalisches Credo gehört:

"Wenn man mit den Augen strahlt, dann kriegt der Ton auch mehr Glanz und kommt automatisch mehr in die Höhe."

Beispielsweise bei einem Gospel.

Frauke Pansegrau: "One, two, three, four. - [Chor setzt ein mit 'Didn' t my Lord']"

Frauke Pansegrau: "Genau jetzt tosenden Applaus einblenden."

Gut, ist hier im Radio natürlich kein Problem.

Geräusch: Tosender Applaus

Gut, um eine Frage kommt man bei "Teepunsch a capella" nicht herum: Was für ein Name ist das?

Frauke Pansegrau: "Am Anfang fand ich den Namen 'Teepunsch' ... das hat ja nichts mit Gesang ... mit nichts zu tun. Und mittlerweile, seit Jaaaahren finde ich den Namen so toll","

meint die Chorleiterin, die nicht zu den Gründungsmitgliedern gehört.

Frauke Pansegrau: ""Da ist 'n Gründungsmitglied. Ein Gründungsmitglied."

Im Gegensatz zu Alexander Nicolaisen. Die Genesis:

Alexander Nicolaisen: "Die historische Stunde, die war mal im November 79. Wir wollten vierstimmig bei der Arbeiterwohlfahrt paar Weihnachtslieder singen. Ja, und denn haben wir uns zusammen getan zu Viert. Und darauf baute sich dann die Gruppe 'Teepunsch' auf. Wir haben in einem Keller gesungen und haben im Keller nicht unbedingt beste Heizungen gehabt. Und da gab es eben Tee dazu. Und sicherlich zum Tee gab's dann erst noch Rum. Später haben wir den dann mit Geelem Köm veredelt und festgestellt, dass das Teepunsch ist."

Jetzt sind es 20, die aus Postfeld, dem Gründungsort, und aus der näheren und weiteren Umgebung kommen. Teilweise bis aus Kiel, was an die 30 Kilometer weit weg ist. Genealogie einer Chormitgliedschaft. Klaus Meggers. Elektroinstallateur.

"Das ist eigentlich damals über meinen jetzigen Schwager gekommen. Eigentlich über meine Schwiegermutter. Wir wollten damals mal singen. Und denn bin ich mit meiner Frau - jetzt singt sie momentan nicht mehr mit -, mit meiner Frau bin ich denn praktisch in den Chor eingetreten."

Und das alles inklusive eines Gesundheitsfaktors, wie Michael Hanschmann, Gynäkologe aus der Preetzer Kreisklinik und seit Jahren im Chor, sozusagen "amtlich" bestätigt:

"Ebend dieses ganz bewusste Durchatmen, eben den Körper ordentlich mit Sauerstoff zu versorgen, das ist erfrischend."

Die Sängerinnen und Sänger absolvieren vierstimmig - Sopran, Alt, Tenor, Bass – an die zehn Auftritte im Jahr inklusive ihres traditionellen Weihnachtskonzerts. Das Repertoire: deutsche Lieder, auch plattdeutsche, Schlager ...

Frauke Pansegrau: "... wie 'Zuckerpuppe', 'Ohne Krimi geht die Mimi ...' und solche Sachen."

Popsongs oder Gospels. Oder auch einen weltberühmten Monty-Python-Song:

Frauke Pansegrau: "Always look on the bride side of life. [Chor singt eine Zeile.] Ja, nee, die Noten? Ach so, die habe ich jetzt nicht mehr mit. Hast du die noch gar nicht, nee."

Apropos Noten. Können die Sänger und Sängerinnen Noten lesen?

Frauke Pansegrau: "Keine Ahnung! - [Chor lacht.]"

In der erweiterten Antwort lässt sich Fachjargon lernen. "Fliegendreck" ist der terminus technicus für "Note":

"Also, die wissen, der Fliegendreck geht runter, dann geht die Melodie in die Tiefe. Und wenn der Fliegendreck nach oben geht auf der Linie, dann geht's [ ... ]"

Denn geht's nach oben.

Chorleiterin: "One, two, one, two, three, for ..."

Chor: "Ich probe schon seit Stunden, stakkato und gebunden. Sie singt uns unverfroren in unser aller Ohren. Ich summ' den Rhythmus-Ansatz, es fehlt ein leichter Notensatz; ich könnt hier dauernd fluchen, doch ich sing' hier rum. Ich sing' hier rum."

Das war's für heute. Nein, halt ...

... die Stimmgabel! Frauke Pansegrau kontrolliert noch einmal, ob der Ton gehalten wurde.

"Ein bisschen abgesackt. Knapp 'n halben."

Und? Ist das schlimm.

"Pffffh! Kann ich ja eh nichts dran ändern. [Gekicher des Chores.]"

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.