Wenn der Rocker den Bratschisten rettet
Amerikas privat finanzierte Orchester leiden massiv unter den Folgen der Finanzkrise. Die Folgen: Musikerstreiks, Konkursverfahren, Stellenstreichungen. Umso ungewöhnlicher ist eine Rettungsaktion, die in Detroit angelaufen ist. Der erfolgreiche Rockmusiker Kid Rock will eine Million Dollar für das Sinfonie-Orchester seiner Heimatstadt einspielen - bei einem gemeinschaftlichen Auftritt.
Es war eine Art Trash-Rock-Hymne, mit der er seine gebündelte musikalische Energie 1999 signalisierte.
""My name is Kid. Kid. It's Kid Baby, Kid Rock.”"
Kid Rock – Markenzeichen dröhnende Gitarren, turmhohes Selbstbewusstsein und noch höhere Plattenumsätze.
Kein Vergleich mit einer sehr respektablen musikalischen Institution in seiner Heimatstadt - dem Detroit Symphony Orchestra:
Das Klavierkonzert Nummer 2 in G-Moll von Camille Saint-Saëns mit dem 17-jährigen Ausnahmetalent Conrad Tao als Solist Ende Januar im Konzertsaal des Orchesters. Ausgestrahlt live über das Internet und verfolgt – via Webcast – von mehr als 40.000 Klassikkennern. Die dürften ähnlich wie der Kritiker der "Detroit News” die lyrischen Passagen genossen haben. Und Taos technische Brillanz dürfte ihnen – Zitat: "die Nackenhaare aufgestellt” – haben.
2000 Besucher füllen an einem solchen Abend den akustisch bestens präparierten Konzertsaal aus dem Jahr 1919 an der Woodward Avenue. Aber so wie anderswo auch kann ein Sinfonieorchester allein vom Verkauf von Eintrittskarten nicht leben.
Helfen will nun ausgerechnet Kid Rock – bürgerlich Robert James Ritchie. U-Musik unterstützt E-Musik. Und zwar mit einem Konzert, bei dem der Vertreter der harten Fraktion der leichteren Muse von seiner Band und dem Symphonie-Orchester begleitet wird.
Die künstlerische Konstellation ist so ungewöhnlich wie die wirtschaftliche. Kid Rock verzichtet auf seine Gage. Die gesamten Einnahmen der Veranstaltung – rund eine Million Dollar – gehen an das Orchester, das das Geld dringend braucht. Großen Aufwand wird er in das Projekt nicht stecken, erzählte Kid Rock neulich dem Radiosender WRIF. Nur einen einzigen Tag hat man für die gemeinsamen Proben der Arrangements von Rob Mathes angesetzt, der bereits Orchesterpartituren für Sting und Mary J. Blige geschrieben hat.
""Ich glaube, niemand weiß genau, was passieren wird, bis die Lichter angehen. Aber vergesst nicht: das sind keine Rockgitarristen. Die können Noten lesen.”"
Noten lesen - gewiss. Aber können sie auch Zahlen lesen? Das war vor einem Jahr die Frage, als die Musiker im Streit um Zugeständnisse bei der Bezahlung sechs Monate lang die Arbeit niederlegten. Ihr Streik war ein doppeltes Signal. Sowohl was die Lage des schon länger darbenden Orchesters angeht, das in der akuten Krise der in Detroit ansässigen amerikanischen Automobilindustrie in einem Meer aus tiefroten Zahlen mit zu versinken drohte.
Es ging aber auch um die Solidarität hoch qualifizierter Musiker, ausgebildet in den besten Einrichtungen des Landes, die schon seit ein paar Jahren befürchten, dass sie auf der Sozialskala abrutschen. Als die Musiker in Detroit ihren Streik schließlich beendeten, waren sie gezwungen, eine dramatische Gehaltseinbuße von mehr als 20 Prozent zu akzeptieren. Nur die Krankenkassen- und Rentenansprüche blieben unangetastet.
Ohne diese Zugeständnisse hätte sich das privatwirtschaftlich geführte Orchester einem ähnlichen Schicksal gegenübergesehen wie die allmählich verfallende Stadt. Cellist Haden McKay, einer der Sprecher der Musiker:
""Es gab keinen großen Disput über die Zahlen. Die sahen schlecht aus. Wir hatten nicht das Gefühl, dass irgendwo ein Haufen Geld liegt, von dem man uns nichts verrät. Wofür wir sechs Monate gebraucht haben, hatte mit der Philosophie und der Richtung zu tun. Wie geht man mit einer Finanzkrise um? Ich möchte nicht behaupten, dass beide Seiten völlig auf einer Linie wären, wenn es um die Frage geht: Wie viel Geld es in Detroit gibt und wie man welches auftreiben kann. Aber wir kennen alle die Rahmenbedingungen.” "
Während die Mitglieder der Geschäftsführung weiterhin ihre Gehälter bezogen, waren die Musiker froh, dass Kollegen aus anderen Städten mit kleinen Spenden dafür sorgten, dass die Streikkasse nicht völlig aufgebraucht wurde.
Als der Arbeitskampf beigelegt war, zeigte sich, dass die Menschen in der angeschlagenen Region durchaus ihr Orchester zu schätzen wissen. Paul Hogle, der Geschäftsführer:
"Wir hatten nach dem Ende des Streiks eine Saison von nur fünf Wochen. Trotzdem erhielten wir 10 Millionen Dollar an Spenden. Die Zahl der Spender stieg um 39 Prozent. Das ist eine Gemeinde, die möchte, dass ihr Orchester Erfolg hat und gedeiht. Ein Gütesiegel des amerikanischen Systems.”"
Ein System, dessen Überlebensfähigkeit zurzeit in vielen Städten in Frage gestellt ist. In Detroit hingegen sieht man wieder etwas optimistischer in die Zukunft. Nicht nur hat sich die Autoindustrie dank staatlicher Hilfen und Zugeständnissen der Gewerkschaft erholt. Das Projekt "Kid Rock” zeigte, dass Not erfinderisch macht. Er sei aber wohl schon leicht alkoholisiert gewesen, als er den Vorschlag akzeptierte. Am nächsten Tag, war es zu spät, um die Zusage zurückzuziehen.
""He came up with his idea: 'Would you play a concert and we can raise them a million dollars in one night?' ... ”"
Das ist cool.
So liegt die Frage an Paul Hogle nahe, ob das nicht Modell dafür sein könnte, mehr Pop-Künstler dazu zu bewegen, klassischen Orchestern unter die Arme zu greifen.
"Wir sollten nicht vergessen: Das alles lebt von der Großzügigkeit eines sehr beliebten Künstlers. Kid Rock hat gesagt: Ich will Detroit helfen und das Orchester retten. So etwas lässt sich kaum nachahmen.”"
""My name is Kid. Kid. It's Kid Baby, Kid Rock.”"
Kid Rock – Markenzeichen dröhnende Gitarren, turmhohes Selbstbewusstsein und noch höhere Plattenumsätze.
Kein Vergleich mit einer sehr respektablen musikalischen Institution in seiner Heimatstadt - dem Detroit Symphony Orchestra:
Das Klavierkonzert Nummer 2 in G-Moll von Camille Saint-Saëns mit dem 17-jährigen Ausnahmetalent Conrad Tao als Solist Ende Januar im Konzertsaal des Orchesters. Ausgestrahlt live über das Internet und verfolgt – via Webcast – von mehr als 40.000 Klassikkennern. Die dürften ähnlich wie der Kritiker der "Detroit News” die lyrischen Passagen genossen haben. Und Taos technische Brillanz dürfte ihnen – Zitat: "die Nackenhaare aufgestellt” – haben.
2000 Besucher füllen an einem solchen Abend den akustisch bestens präparierten Konzertsaal aus dem Jahr 1919 an der Woodward Avenue. Aber so wie anderswo auch kann ein Sinfonieorchester allein vom Verkauf von Eintrittskarten nicht leben.
Helfen will nun ausgerechnet Kid Rock – bürgerlich Robert James Ritchie. U-Musik unterstützt E-Musik. Und zwar mit einem Konzert, bei dem der Vertreter der harten Fraktion der leichteren Muse von seiner Band und dem Symphonie-Orchester begleitet wird.
Die künstlerische Konstellation ist so ungewöhnlich wie die wirtschaftliche. Kid Rock verzichtet auf seine Gage. Die gesamten Einnahmen der Veranstaltung – rund eine Million Dollar – gehen an das Orchester, das das Geld dringend braucht. Großen Aufwand wird er in das Projekt nicht stecken, erzählte Kid Rock neulich dem Radiosender WRIF. Nur einen einzigen Tag hat man für die gemeinsamen Proben der Arrangements von Rob Mathes angesetzt, der bereits Orchesterpartituren für Sting und Mary J. Blige geschrieben hat.
""Ich glaube, niemand weiß genau, was passieren wird, bis die Lichter angehen. Aber vergesst nicht: das sind keine Rockgitarristen. Die können Noten lesen.”"
Noten lesen - gewiss. Aber können sie auch Zahlen lesen? Das war vor einem Jahr die Frage, als die Musiker im Streit um Zugeständnisse bei der Bezahlung sechs Monate lang die Arbeit niederlegten. Ihr Streik war ein doppeltes Signal. Sowohl was die Lage des schon länger darbenden Orchesters angeht, das in der akuten Krise der in Detroit ansässigen amerikanischen Automobilindustrie in einem Meer aus tiefroten Zahlen mit zu versinken drohte.
Es ging aber auch um die Solidarität hoch qualifizierter Musiker, ausgebildet in den besten Einrichtungen des Landes, die schon seit ein paar Jahren befürchten, dass sie auf der Sozialskala abrutschen. Als die Musiker in Detroit ihren Streik schließlich beendeten, waren sie gezwungen, eine dramatische Gehaltseinbuße von mehr als 20 Prozent zu akzeptieren. Nur die Krankenkassen- und Rentenansprüche blieben unangetastet.
Ohne diese Zugeständnisse hätte sich das privatwirtschaftlich geführte Orchester einem ähnlichen Schicksal gegenübergesehen wie die allmählich verfallende Stadt. Cellist Haden McKay, einer der Sprecher der Musiker:
""Es gab keinen großen Disput über die Zahlen. Die sahen schlecht aus. Wir hatten nicht das Gefühl, dass irgendwo ein Haufen Geld liegt, von dem man uns nichts verrät. Wofür wir sechs Monate gebraucht haben, hatte mit der Philosophie und der Richtung zu tun. Wie geht man mit einer Finanzkrise um? Ich möchte nicht behaupten, dass beide Seiten völlig auf einer Linie wären, wenn es um die Frage geht: Wie viel Geld es in Detroit gibt und wie man welches auftreiben kann. Aber wir kennen alle die Rahmenbedingungen.” "
Während die Mitglieder der Geschäftsführung weiterhin ihre Gehälter bezogen, waren die Musiker froh, dass Kollegen aus anderen Städten mit kleinen Spenden dafür sorgten, dass die Streikkasse nicht völlig aufgebraucht wurde.
Als der Arbeitskampf beigelegt war, zeigte sich, dass die Menschen in der angeschlagenen Region durchaus ihr Orchester zu schätzen wissen. Paul Hogle, der Geschäftsführer:
"Wir hatten nach dem Ende des Streiks eine Saison von nur fünf Wochen. Trotzdem erhielten wir 10 Millionen Dollar an Spenden. Die Zahl der Spender stieg um 39 Prozent. Das ist eine Gemeinde, die möchte, dass ihr Orchester Erfolg hat und gedeiht. Ein Gütesiegel des amerikanischen Systems.”"
Ein System, dessen Überlebensfähigkeit zurzeit in vielen Städten in Frage gestellt ist. In Detroit hingegen sieht man wieder etwas optimistischer in die Zukunft. Nicht nur hat sich die Autoindustrie dank staatlicher Hilfen und Zugeständnissen der Gewerkschaft erholt. Das Projekt "Kid Rock” zeigte, dass Not erfinderisch macht. Er sei aber wohl schon leicht alkoholisiert gewesen, als er den Vorschlag akzeptierte. Am nächsten Tag, war es zu spät, um die Zusage zurückzuziehen.
""He came up with his idea: 'Would you play a concert and we can raise them a million dollars in one night?' ... ”"
Das ist cool.
So liegt die Frage an Paul Hogle nahe, ob das nicht Modell dafür sein könnte, mehr Pop-Künstler dazu zu bewegen, klassischen Orchestern unter die Arme zu greifen.
"Wir sollten nicht vergessen: Das alles lebt von der Großzügigkeit eines sehr beliebten Künstlers. Kid Rock hat gesagt: Ich will Detroit helfen und das Orchester retten. So etwas lässt sich kaum nachahmen.”"