Wenn der Nebenbuhler der eigene Vater ist
Der Schweizer Autor Daniel Zahno erzählt in seinem neuen Buch „Rot wie die Nacht“ von einer Liebe, die mehr als nur zwei Menschen zusammenführt.
Wie schafft er das nur? Wie schafft es der Basler Autor Daniel Zahno, seitenweise eine literarische Schnulze vorzulegen und am Ende des Romans dennoch den Leser mit sich zu versöhnen? Es ist die Leichtigkeit, das Schweben, das schon seinen Erfolgsroman „Die Geliebte des Gelatiere“ ausgezeichnet hat. Zahno zwingt einen zu nichts. Weder ästhetisch, noch dramaturgisch, noch thematisch.
Er schreibt dabei Geschichten über die Liebe, die sich wenig darum schert, wenn wegen ihr bisherige Ehen oder Freundschaften zu Bruch gehen. Es können sich Lebensdramen abspielen, wie auch hier in „Rot wie die Nacht“, aber Zahno hält sie in einer Art genussfähiger Distanz vom Leser fern. Man liest seine Texte und genießt sie – wenn auch ohne größere Folgen.
Zahno erzählt von der Liebesbeziehung eines aufstrebenden Filmregisseurs und einer Fernsehjournalistin. Sie lernen sich im Zug kennen, er ist sofort von ihr eingenommen, sie beginnen schnell etwas, das mehr als nur eine Affäre ist.
Er schreibt ihr nach dem ersten Treffen einen handschriftlichen Brief, was der Beziehungsanbahnung etwas ungewöhnlich Altmodisches gibt. Seitenlang macht er sich Gedanken darüber, wann sein Brief bei ihr ankommen würde und wann sie ihm antwortet – als ob man sich im 19. Jahrhundert. befände. So verklärt Zahno bewusst die Beziehung von vornherein nostalgisch-romantisch; das bevorstehende Treffen ist ein „Rendezvous“, die Ankunft des Zuges wird ebenfalls handschriftlich angekündigt – ein Hauch Tolstoi.
Sicher: Die neue Beziehung stellt die Ehe und das Familienleben der Journalistin infrage. Sie ist Mutter von drei Kindern – alle von verschiedenen Vätern, mit dem dritten ist sie verheiratet. Der Ehemann spielt bei allem aber zunächst nur eine Nebenrolle, degradiert zum Verlierer. Erst später erweist sich, dass ausgerechnet er der lange vermisste Vater des Regisseurs ist. Er hatte ihn nie kennengelernt und nun steht er ihm als Nebenbuhler gegenüber.
Das aber erfährt er nur, als ein Unfall alle Beteiligten aus ihrem bisherigen Leben reißt. Die ansonsten konventionelle Geschichte erfährt durch das Erkennen des Vaters eine Wendung, die auch den abgebrühtesten Leser überraschen kann.
Dennoch macht sie nicht unbedingt die Stärke des Buches aus. Es ist etwas anderes: Zahno ist Meister im Beschreiben sinnlicher Eindrücke – Gerüche, Geschmack, Farben, Oberflächen. Er hat alles in seinem literarischen Blick. Wo ihm zuweilen stereotype Gefühlsbeschreibungen und Liebesklischees ins Buch rutschen, macht er sie im nächsten Moment durch die Freude an Detailbeschreibungen und die Leichtigkeit und Unbekümmertheit seines Tons wieder vergessen.
Vielleicht sollte er beim nächsten Buch weniger die Gefühle seiner Figuren erklären als die Situationen beschreiben, in denen sie sich befinden. Dann entginge er leichter der Gefahr des Kitsches.
Besprochen von Vladimir Balzer
Daniel Zahno: Rot wie die Nacht
Roman
weissbooks, Frankfurt am Main 2010
140 Seiten, 17,90 Euro
Er schreibt dabei Geschichten über die Liebe, die sich wenig darum schert, wenn wegen ihr bisherige Ehen oder Freundschaften zu Bruch gehen. Es können sich Lebensdramen abspielen, wie auch hier in „Rot wie die Nacht“, aber Zahno hält sie in einer Art genussfähiger Distanz vom Leser fern. Man liest seine Texte und genießt sie – wenn auch ohne größere Folgen.
Zahno erzählt von der Liebesbeziehung eines aufstrebenden Filmregisseurs und einer Fernsehjournalistin. Sie lernen sich im Zug kennen, er ist sofort von ihr eingenommen, sie beginnen schnell etwas, das mehr als nur eine Affäre ist.
Er schreibt ihr nach dem ersten Treffen einen handschriftlichen Brief, was der Beziehungsanbahnung etwas ungewöhnlich Altmodisches gibt. Seitenlang macht er sich Gedanken darüber, wann sein Brief bei ihr ankommen würde und wann sie ihm antwortet – als ob man sich im 19. Jahrhundert. befände. So verklärt Zahno bewusst die Beziehung von vornherein nostalgisch-romantisch; das bevorstehende Treffen ist ein „Rendezvous“, die Ankunft des Zuges wird ebenfalls handschriftlich angekündigt – ein Hauch Tolstoi.
Sicher: Die neue Beziehung stellt die Ehe und das Familienleben der Journalistin infrage. Sie ist Mutter von drei Kindern – alle von verschiedenen Vätern, mit dem dritten ist sie verheiratet. Der Ehemann spielt bei allem aber zunächst nur eine Nebenrolle, degradiert zum Verlierer. Erst später erweist sich, dass ausgerechnet er der lange vermisste Vater des Regisseurs ist. Er hatte ihn nie kennengelernt und nun steht er ihm als Nebenbuhler gegenüber.
Das aber erfährt er nur, als ein Unfall alle Beteiligten aus ihrem bisherigen Leben reißt. Die ansonsten konventionelle Geschichte erfährt durch das Erkennen des Vaters eine Wendung, die auch den abgebrühtesten Leser überraschen kann.
Dennoch macht sie nicht unbedingt die Stärke des Buches aus. Es ist etwas anderes: Zahno ist Meister im Beschreiben sinnlicher Eindrücke – Gerüche, Geschmack, Farben, Oberflächen. Er hat alles in seinem literarischen Blick. Wo ihm zuweilen stereotype Gefühlsbeschreibungen und Liebesklischees ins Buch rutschen, macht er sie im nächsten Moment durch die Freude an Detailbeschreibungen und die Leichtigkeit und Unbekümmertheit seines Tons wieder vergessen.
Vielleicht sollte er beim nächsten Buch weniger die Gefühle seiner Figuren erklären als die Situationen beschreiben, in denen sie sich befinden. Dann entginge er leichter der Gefahr des Kitsches.
Besprochen von Vladimir Balzer
Daniel Zahno: Rot wie die Nacht
Roman
weissbooks, Frankfurt am Main 2010
140 Seiten, 17,90 Euro