Wenn aus Spammail Reichtum wird
23.04.2012
Fast jeder hat schon einmal eine Mail in seinem Posteingang gefunden, die immensen Reichtum verspricht. In Nikolai Vogels Debütroman wird aus dem Versprechen Wirklichkeit: Sein Protagonist erhält tatsächlich Geld und wird Kurierfahrer für einen Diamantenschmugglerring - mit tödlichen Konsequenzen.
Der junge Münchener Computerjournalist Thomas Vogel findet eines Tages in seinem Spam-Ordner eine E-Mail, in der eine Zahlung über 3000 Euro auf sein Konto angekündigt wird. Tatsächlich geht das Geld auch ein. In einer weiteren Mail wird er aufgefordert, als Kurier mit dem Geld nach Antwerpen zu fahren, zehn Prozent der Summe könne er als Lohn behalten.
Wohl jeder, der sich durch Werbemails behelligt fühlt, hat schon mal eine ähnliche E-Mail erhalten, allerdings ohne den anschließenden Geldeingang. Nikolai Vogel spinnt in seinem Debütroman genau diese Geschichte weiter. Welcher Internetnutzer käme denn nicht in Versuchung, diese scheinbar einmalige Chance zu nutzen? Der Held des Romans jedenfalls steigt auf das Angebot ein. In einer Mischung aus Langeweile und Alltagsfrust macht er sich auf den Weg nach Belgien – einmal und dann nie wieder, nimmt er sich vor.
In Antwerpen händigt ihm ein mysteriöser Mann eine weitere Summe aus und kündigt deutlich höhere Geldüberweisungen an, die Vogel wieder nach Antwerpen zu bringen habe. Und tatsächlich: Die Beträge werden fünfstellig und kommen immer häufiger.
Für die jeweils anschließende Übernachtung wird Thomas Vogel die Prostituierte Véronique zur Seite gestellt, der er augenblicklich verfällt und mit der er von nun an – das Geld fließt weiter – eine leidenschaftliche Wochenendbeziehung führt. Nebenbei probiert er jede belgische Biersorte aus. Für eine Weile kehrt fast so etwas wie Routine in die vollzogene Geldwäsche für einen Diamantenschmugglerring ein.
In "Spam Diamond" steht weniger die erzählte Geschichte im Vordergrund als vielmehr eine Charakterstudie, die Nikolai Vogel aus der Handlung macht: Thomas Vogel erzählt seine Geschichte in der Ich-Form, Dialoge sind auf die Innensicht des Helden reduziert, finden in dessen Erinnerung statt, wörtliche Rede gibt es nicht.
Es sind die Gedanken, das Zögern und Zweifeln des Protagonisten, die faszinieren. Fast jeder von uns könnte ein Thomas Vogel sein, der einer Verlockung nachgibt, und sich plötzlich außerhalb der Legalität bewegt. Oder zumindest nicht mehr genau erkennen kann, wo die Grenzen zwischen einer lukrativen Gefälligkeit und der Kriminalität liegen.
Nikolai Vogel schweift an keiner Stelle ab, formuliert kurz und bündig, erzählt die Geschichte in einem Strang. Und er versteht es, die Spannung zu steigern, denn die Münchener Freundin seines Protagonisten kommt dessen Verhältnis auf die Schliche: Die Geldbeträge indes werden so immens, dass sich der Erzähler immer wieder vornimmt, nach der nächsten Kurierfahrt alles hinzuschmeißen, aber dann verlockt das nächste Angebot doch wieder, und eine ganze Weile geht ja auch alles glatt.
Eines Tages aber fährt er nicht auf direktem Weg von München nach Antwerpen, sondern besucht einen Freund in Amsterdam. Dieser Abstecher kündigt das nahende Ende des kurzen Romans an, und tatsächlich, es geschieht ein Mord, und auch die Romanze mit der verführerischen Véronique ist zu Ende. Jetzt will Thomas Vogel die Zügel des Geschehens selbst in die Hände nehmen ...
Besprochen von Roland Krüger
Nikolai Vogel: Spam Diamond
Haymon Verlag, 2012
210 Seiten; 12,95 Euro
Wohl jeder, der sich durch Werbemails behelligt fühlt, hat schon mal eine ähnliche E-Mail erhalten, allerdings ohne den anschließenden Geldeingang. Nikolai Vogel spinnt in seinem Debütroman genau diese Geschichte weiter. Welcher Internetnutzer käme denn nicht in Versuchung, diese scheinbar einmalige Chance zu nutzen? Der Held des Romans jedenfalls steigt auf das Angebot ein. In einer Mischung aus Langeweile und Alltagsfrust macht er sich auf den Weg nach Belgien – einmal und dann nie wieder, nimmt er sich vor.
In Antwerpen händigt ihm ein mysteriöser Mann eine weitere Summe aus und kündigt deutlich höhere Geldüberweisungen an, die Vogel wieder nach Antwerpen zu bringen habe. Und tatsächlich: Die Beträge werden fünfstellig und kommen immer häufiger.
Für die jeweils anschließende Übernachtung wird Thomas Vogel die Prostituierte Véronique zur Seite gestellt, der er augenblicklich verfällt und mit der er von nun an – das Geld fließt weiter – eine leidenschaftliche Wochenendbeziehung führt. Nebenbei probiert er jede belgische Biersorte aus. Für eine Weile kehrt fast so etwas wie Routine in die vollzogene Geldwäsche für einen Diamantenschmugglerring ein.
In "Spam Diamond" steht weniger die erzählte Geschichte im Vordergrund als vielmehr eine Charakterstudie, die Nikolai Vogel aus der Handlung macht: Thomas Vogel erzählt seine Geschichte in der Ich-Form, Dialoge sind auf die Innensicht des Helden reduziert, finden in dessen Erinnerung statt, wörtliche Rede gibt es nicht.
Es sind die Gedanken, das Zögern und Zweifeln des Protagonisten, die faszinieren. Fast jeder von uns könnte ein Thomas Vogel sein, der einer Verlockung nachgibt, und sich plötzlich außerhalb der Legalität bewegt. Oder zumindest nicht mehr genau erkennen kann, wo die Grenzen zwischen einer lukrativen Gefälligkeit und der Kriminalität liegen.
Nikolai Vogel schweift an keiner Stelle ab, formuliert kurz und bündig, erzählt die Geschichte in einem Strang. Und er versteht es, die Spannung zu steigern, denn die Münchener Freundin seines Protagonisten kommt dessen Verhältnis auf die Schliche: Die Geldbeträge indes werden so immens, dass sich der Erzähler immer wieder vornimmt, nach der nächsten Kurierfahrt alles hinzuschmeißen, aber dann verlockt das nächste Angebot doch wieder, und eine ganze Weile geht ja auch alles glatt.
Eines Tages aber fährt er nicht auf direktem Weg von München nach Antwerpen, sondern besucht einen Freund in Amsterdam. Dieser Abstecher kündigt das nahende Ende des kurzen Romans an, und tatsächlich, es geschieht ein Mord, und auch die Romanze mit der verführerischen Véronique ist zu Ende. Jetzt will Thomas Vogel die Zügel des Geschehens selbst in die Hände nehmen ...
Besprochen von Roland Krüger
Nikolai Vogel: Spam Diamond
Haymon Verlag, 2012
210 Seiten; 12,95 Euro