Weltraumforschung

Mission in 655 Millionen Kilometer Entfernung

Von Dirk Lorenzen · 05.04.2014
Es ist ein Milliardenprojekt: Die Raumsonde Rosetta soll einen fernen Kometen aus der Nähe erkunden. Mehr über die spektakuläre Mission erfahren wir in diesem Buch - das für Laien leider schwer zu verstehen ist.
Seit zehn Jahren ist die Raumsonde Rosetta unterwegs. Auf ihren verschlungenen Pfaden durch das Sonnensystem hat sie bereits mehr als sechs Milliarden Kilometer zurückgelegt. In diesem Sommer nun erreicht sie ihr Ziel: den Kometen Churyumov-Gerasimenko. Im November steht dann der Höhepunkt der Mission auf dem Programm: Die Tochtersonde Philae soll auf dem eisigen Kometenkern landen.
In den ersten beiden Dritteln von "Raumsonde Rosetta" geht es allgemein um Kometen. Diese "schmutzigen Schneebälle" bestehen aus Eis, Staub und Steinen. Womöglich haben Kometen, die in der Frühzeit des Sonnensystems in großer Zahl auf die Erde gestürzt sind, das Wasser auf unseren Planeten gebracht. Somit könnten wir unser Leben zumindest indirekt den Kometen verdanken.
Die Autoren sind selbst an der Mission beteiligt
Die beiden Autoren schildern berühmte historische Erscheinungen - etwa die des Kometen Halley -, zeigen, wie die Astronomen die vermeintlichen himmlischen Zeichen entmystifiziert haben und berichten kurz von den bisherigen Kometensonden. Während alle Vorgänger die eisigen Brocken nur im Vorbeiflug erkundet haben, soll nun Rosetta mindestens ein Jahr lang den Kometen Churyumov-Gerasimenko aus der Nähe beobachten. Die Landesonde wird zudem die chemischen Bedingungen auf dem Kern des Kometen untersuchen.
Das letzte Drittel des Buches handelt endlich von der Raumsonde Rosetta. Diedrich Möhlmann und Stephan Ulamec stellen alle wissenschaftlichen Instrumente auf der Sonde und der Landekapsel vor und legen dar, welche Daten sich die Forscher erhoffen. Die Autoren sind als Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt seit langem selbst an dieser Mission beteiligt. Sie schildern sehr eindrücklich, wie schwierig es war, dieses wissenschaftliche Milliardenprojekt zu konzipieren und auf den Weg zu bringen. Doch ihre Berichte über die Entscheidungsprozesse in der europäischen Raumfahrtszene gehen zu sehr ins Detail. Solche Exkurse mögen für Insider interessant sein - Laien dagegen verstehen die Zusammenhänge nicht.
Der Text liest sich wie eine Gebrauchsanleitung
Der Text ist in recht technischem Stil gehalten und mehr eine Art Gebrauchsanleitung als packender Reisebericht. Zwar erzählen die Autoren am Ende kurz vom planmäßigen Aufwachen der Rosetta-Sonde Mitte Januar nach fast drei Jahren Winterschlaf - aber alles andere hätte man genauso auch schon vor einigen Jahren schreiben können. So ist "Raumsonde Rosetta" ein Buch mit recht kurzfristigem Verfallsdatum: Denn bereits in wenigen Monaten wird über den Kometen viel mehr bekannt sein und es werden grandiose Bilder vorliegen. In diesem Buch bleibt der Zielkomet notgedrungen noch ein Phantom.
Die Fotos sind zwar sehr schön ausgewählt, aber leider oft in enttäuschend kleinem Format abgedruckt. Ganzseitige spektakuläre Kometenaufnahmen sucht man in diesem Buch vergeblich. Dafür sind die meisten Grafiken recht groß, doch ausgerechnet die Darstellung der verschlungenen Flugbahn von Rosetta - also die Reisekarte zum beschriebenen Abenteuer - ist so klein und unübersichtlich, dass sie für Laien kaum zu verstehen ist. Kurioses Highlight des Buches sind die beiden Bastelbögen auf der letzten Seite, die die Leserinnen und Leser zur Herstellung von Papiermodellen des Rosetta-Landers Philae animieren sollen.
Fazit: Raumsonde Rosetta liefert einen guten Überblick über die Geschichte und den aktuellen Stand der Kometenforschung. Aber als "Buch zur Mission" hätte es viel früher erscheinen müssen - oder erst in gut einem Jahr.

Diedrich Möhlmann und Stephan Ulamec: Raumsonde Rosetta.
Die abenteuerliche Reise zum unbekannten Kometen
Kosmos Verlag, Stuttgart 2014
160 Seiten, Preis 24,99 Euro
ISBN 9783440130834