Weltliches Vergnügen in kirchlichen Räumen

Caroline Michel |
Für 13 Millionen Euro wurde das Dominikanerinnenkloster Arenberg in der Nähe von Koblenz zu einem Hotel umgebaut - die Schwestern leben zwar weiterhin bescheiden, aber nebenan machen Gäste Urlaub.
Mittagessen im großen Speisesaal. 85 Gäste aller Altersklassen reden vergnügt durcheinander. Von himmlischer Klosterruhe keine Spur. Und genau das scheint das Konzept des "Wellness-Klosters" Arenberg zu sein: weltliches Vergnügen in kirchlichen Räumen. Jedenfalls, wenn man den Presse- und Fernsehberichten glaubt, die reißerische Titel wie "Himmel und Wellness", "Die Wellness-Nonnen und ihre Wohlfühl-Oase" und "Urlaub im 4-Sterne-Kloster" tragen. Die Wirklichkeit ist – zum Glück! – ein wenig anders.

"Also für uns ist 'Wellness' etwas mehr als nur ein körperliches Wohlbefinden. Unser Anliegen ist es, dass Menschen sich erholen – und zwar rundum. Es geht darum, dass die sowohl was für ihren Körper tun können, aber auch was für ihre Seele, also auch ihre Spiritualität suchen und finden können. Und, was unser Anliegen natürlich auch ist: Einen Raum zu schaffen, ein Haus zu sein, in dem wirklich auch Ruhe und Stille da sind, um bei sich auch anzukommen. Je mehr es um mich herum tönt, desto schwerer fällt es mir, wirklich zu spüren und zu in mir zu hören: Was ist eigentlich mein inneres Anliegen?"

Schwester Josefa lebt seit über 30 Jahren im Domikanerinnenkloster Arenberg. Damals wurden hier noch ein Internat, eine Berufsfachschule und ein Kneipp-Sanatorium geführt. Dann kam das Kloster in wirtschaftliche Schwierigkeiten und man beschloss, sich nach außen hin zu öffnen. Im ersten Baugang wurden alle Besucherzimmer mit Duschen versehen, im zweiten wurde aus der alten "Bäderabteilung" ein hochmodernes "Vitalzentrum". Mit allem Drum und Dran. Wie bisher mit Massagen, Fangopackungen und Senfwickeln – und jetzt auch mit Aromamassage, Fitnessraum und Luftperlbad. Auch Schwester Josefa kennt sich mittlerweile bestens mit der Technik der Aromabäder aus – und mit der Magnetfeld-Wanne, in der Gäste die Musik ihrer Lieblings-CD am ganzen Körper spüren können.

"Das ist die Kristall-Wanne. Da wird die Musik über den Wannenrand und das Wasser auf den Körper übertragen. Und dann kommen eben auch noch so Badezusätze rein – ein absolutes Entspannungsbad."

Sonst aber hat das Kloster Arenberg nicht viel gemeinsam mit den modernen Wellness-Bade-und-Sauna-Tempeln, die jetzt überall aus dem Boden schießen. Denn das Vitalzentrum hat seinen leicht spröden Sanatoriumscharakter trotz aller Modernisierung behalten. Vielleicht weil die Gäste keine Bademantelmodenschau machen, vielleicht weil Kindergeschrei fehlt. Und Schwestern in Badelatschen sucht man auch vergeblich. 80 weltliche Mitarbeiter teilen sich die Arbeit mit den wenigen Schwestern, die noch jung genug sind, um aktiv im Wohlfühlbereich mitzuarbeiten – die anderen 50 Schwestern sind schon lange im Rentenalter und man trifft sie höchstens zum Nachmittagsplausch auf einer Bank im Garten.

Wer seinen Urlaub hier verbringt, tut dies aus den verschiedensten Gründen und mit den verschiedensten Absichten: Die einen lernen in einem mehrtägigen Seminar unter Anleitung "Schweigen und Meditieren". Andere sind in einer Umbruchssituation oder Lebenskrise und wegen des seelsorgerischen Angebots und der wohltuenden Stille hier. Und einige Rentner wollen hier einfach nur wohl behütet und ärztlich betreut ihre Sommerferien verbringen:

Alte Dame: "Um 7 Uhr war ich zum Tautreten, barfuß durch die Wiese laufen. Da ist ein Therapeut, da treffen sich alle die, die das gerne machen möchten um 7 Uhr – und ich kann keine Gymnastik mehr machen, aber die anderen, die laufen dann noch durch den Park."

Und anschließend kann, wer möchte, auch den Gästegottesdienst besuchen. Ein Angebot, das erstaunlich oft genutzt wird. Obwohl die meisten der Gäste angeben, nicht sehr religiös zu sein.

Alte Dame: "Ich gehe in die Kirche, ich sehe mir das an, nehme auch teil, obwohl ich nicht getauft bin, aber mich interessiert das, und ich finde es toll."

Aber auch wer lieber bis um 11 Uhr schlafen will, danach Minigolf spielen und anschließend in der malerischen Kulisse wandern will, der ist hier gern gesehen. Denn Zwänge gibt es nicht.

Josefa: "Die Gäste haben ja freie Wahl. Es gibt nichts, wo man hin muss, und nichts, wo man nicht hin darf. So ungefähr."

Ganz billig ist der Aufenthalt im Kloster allerdings nicht. Eine Übernachtung im modernen und behindertengerecht eingerichteten Zimmer kostet zwischen 80 und 100 Euro. Aber: Die laufenden Kosten für das alte Anwesen sind hoch und auch der viele Millionen teure Umbau muss sich betriebswirtschaftlich erst noch lohnen.

"Also der Kirche als Organisation gehört gar nichts hier. Also die Klöster sind einfach selbstständig, also der Ordensleitung obliegt es halt, das Ganze zu verwalten, bei uns war es früher auch so, dass wir alles selbst gemacht haben, wir hatten eigene Äcker, wir hatten Landwirtschaft, wir haben uns rundum mit allem selbst versorgt. Der Garten mit Gemüse und Kräutern und was man so brauchte, Obstbäume. Und das ist heute halt eben wirtschaftlich nicht mehr leistbar. Wir haben dann zum Beispiel unseren Gemüsegarten in einen Kräutergarten umgewandelt und bauen heute Kräuter an, die wir dann im Klosterladen auch gleichzeitig wieder vermarkten."

Das "Wellness-Kloster" funktioniert also fast wie ein ganz normales Wirtschaftsunternehmen. Allerdings nur fast, denn wirtschaftlich bereichern kann und will sich hier niemand.

"Also man kann sich das nicht vorstellen, dass wir von Kirchensteuern leben würden oder so was – sondern das ist alles selbst erwirtschaftet, und das ist eben auch das Risiko unseres Hauses hier: Wir haben das so aufgebaut, dass wir die Einnahmen mit den Ausgaben ... dass das identisch ist. Dass wir keinen Gewinn machen."