Weltautor kompakt
Anlässlich des 70. Geburtstages des weltberühmten schwedischen Romanciers Lars Gustafsson legt der Carl Hanser Verlag den Romanzyklus "Risse in der Mauer" nun in einem Band vor. Dadurch lassen sich thematische und motivische Verknüpfungen zwischen den 1972 bis 1978 entstandenen fünf Romanen erkennen, vor allem das Grundmotiv des Risses zieht sich durch. Zugleich fängt der Zyklus atmosphärisch die 60er und 70er Jahre des schwedischen Wohlfahrtsstaates ein.
"Die Wege, die ich ging, bin ich gründlich gegangen", bilanziert das Ich in Lars Gustafssons autobiographischen Roman Herr Gustafsson persönlich.
""Ich habe immer die Karten zu Rate gezogen, die zur Hand waren, ich habe nach bestem Vermögen versucht, die Abweichungen des Kompasses in getrennten Kraftfeldern auszugleichen"."
Der Roman, 1972 in deutscher Sprache erschienen, bildet den Auftakt zu dem fünfteiligen Romanzyklus Risse in der Mauer, den der schwedische Autor zwischen 1972 und 1978 vorlegte. In dem mit Spannung aufgeladenen Bild der getrennten Kraftfelder scheint Gustafssons Schaffensprinzip verborgen. 1936 im mittelschwedischen Västerås geboren, legt er bereits im Alter von 21 Jahren seinen ersten Roman Wegesrast. Ein Mysterienspiel in Prosa vor, den er jedoch nicht als sein Debüt verstanden wissen will.
Dieses folgt 1959 unter dem Titel Letzte Tage und Tod des Dichters Brumberg. Als Romancier betritt Gustafsson also die literarische Bühne und markiert jenes erste Kraftfeld, das jedoch bald schon von der Lyrik als zweitem Kraftfeld erweitert wird. Zwischen beiden Genres entwickelt sich jenes singuläre Kräftespiel im literarischen Schaffen Gustafssons, in dem die Prosa von den poetischen Reizen des Gedichts entzündet wird, aber auch die Stimme des Erzählers zurückkehrt zu einem Motiv, das im lyrischen Text zuvor angelegt war.
Überhaupt möchte man meinen, dass sich dem schwedischen Erfolgsautor mit amerikanischer Staatsbürgerschaft die Stoffe und Themen in nahezu allen Genres aufdrängen. So trägt sein 2003 erschienener Gedichtband Auszug aus Xanadu unverkennbar die Handschrift des begnadeten Romanciers und Philosophen. Neben "Reminiszenzen" und "Philosophien", in denen Fichte, Descartes und Bulgakow ganz selbstverständlich Regie führen, gibt es jene sinnlichen Momentaufnahmen, in denen die Wärme eines Katzenkörpers auf Existentielles verweist.
Anlässlich seines 70. Geburtstages legt der Carl Hanser Verlag Lars Gustafssons Romanzyklus Risse in der Mauer nun in einem Band vor, was aufgrund der Materialfülle als mutiger Schritt betrachtet werden muss. Doch kommen während der Lektüre geheimnisvolle thematische und motivische Verknüpfungen zwischen den fünf Romanen ans Licht, die ansonsten verborgen geblieben wären.
Ausgehend vom Motiv des Risses, das als literarische Grundidee auch den Tenor jedes Textes bestimmt, zeigt sich im Zusammenspiel der in nur sechs Jahren entstandenen Romane aus verschiedenen Perspektiven ein Wandel im gesellschaftlichen Wertesystem. In dem Gedicht "Der Sturm" aus dem Jahr 1968 heißt es: "Unsere Zeit ist die Zeit, in der der Wind bläst". Dieser Sturm scheint still, doch zerstörerisch auch im Innern der Romanfiguren zu wüten. Gustafssons Romanzyklus liest sich als ein aufrüttelndes Zeitdokument, in dem die sechziger und siebziger Jahre des schwedischen Wohlfahrtsstaates präzis und kritisch eingefangen sind.
Lars Gustafsson: Risse in der Mauer. Fünf Romane
Herr Gustafsson persönlich. Wollsachen. Das Familientreffen. Sigismund. Der Tod eines Bienenzüchters
Aus dem Schwedischen von Verena Reichel.
Carl Hanser Verlag 2006
957 Seiten. 29,90 Euro.
""Ich habe immer die Karten zu Rate gezogen, die zur Hand waren, ich habe nach bestem Vermögen versucht, die Abweichungen des Kompasses in getrennten Kraftfeldern auszugleichen"."
Der Roman, 1972 in deutscher Sprache erschienen, bildet den Auftakt zu dem fünfteiligen Romanzyklus Risse in der Mauer, den der schwedische Autor zwischen 1972 und 1978 vorlegte. In dem mit Spannung aufgeladenen Bild der getrennten Kraftfelder scheint Gustafssons Schaffensprinzip verborgen. 1936 im mittelschwedischen Västerås geboren, legt er bereits im Alter von 21 Jahren seinen ersten Roman Wegesrast. Ein Mysterienspiel in Prosa vor, den er jedoch nicht als sein Debüt verstanden wissen will.
Dieses folgt 1959 unter dem Titel Letzte Tage und Tod des Dichters Brumberg. Als Romancier betritt Gustafsson also die literarische Bühne und markiert jenes erste Kraftfeld, das jedoch bald schon von der Lyrik als zweitem Kraftfeld erweitert wird. Zwischen beiden Genres entwickelt sich jenes singuläre Kräftespiel im literarischen Schaffen Gustafssons, in dem die Prosa von den poetischen Reizen des Gedichts entzündet wird, aber auch die Stimme des Erzählers zurückkehrt zu einem Motiv, das im lyrischen Text zuvor angelegt war.
Überhaupt möchte man meinen, dass sich dem schwedischen Erfolgsautor mit amerikanischer Staatsbürgerschaft die Stoffe und Themen in nahezu allen Genres aufdrängen. So trägt sein 2003 erschienener Gedichtband Auszug aus Xanadu unverkennbar die Handschrift des begnadeten Romanciers und Philosophen. Neben "Reminiszenzen" und "Philosophien", in denen Fichte, Descartes und Bulgakow ganz selbstverständlich Regie führen, gibt es jene sinnlichen Momentaufnahmen, in denen die Wärme eines Katzenkörpers auf Existentielles verweist.
Anlässlich seines 70. Geburtstages legt der Carl Hanser Verlag Lars Gustafssons Romanzyklus Risse in der Mauer nun in einem Band vor, was aufgrund der Materialfülle als mutiger Schritt betrachtet werden muss. Doch kommen während der Lektüre geheimnisvolle thematische und motivische Verknüpfungen zwischen den fünf Romanen ans Licht, die ansonsten verborgen geblieben wären.
Ausgehend vom Motiv des Risses, das als literarische Grundidee auch den Tenor jedes Textes bestimmt, zeigt sich im Zusammenspiel der in nur sechs Jahren entstandenen Romane aus verschiedenen Perspektiven ein Wandel im gesellschaftlichen Wertesystem. In dem Gedicht "Der Sturm" aus dem Jahr 1968 heißt es: "Unsere Zeit ist die Zeit, in der der Wind bläst". Dieser Sturm scheint still, doch zerstörerisch auch im Innern der Romanfiguren zu wüten. Gustafssons Romanzyklus liest sich als ein aufrüttelndes Zeitdokument, in dem die sechziger und siebziger Jahre des schwedischen Wohlfahrtsstaates präzis und kritisch eingefangen sind.
Lars Gustafsson: Risse in der Mauer. Fünf Romane
Herr Gustafsson persönlich. Wollsachen. Das Familientreffen. Sigismund. Der Tod eines Bienenzüchters
Aus dem Schwedischen von Verena Reichel.
Carl Hanser Verlag 2006
957 Seiten. 29,90 Euro.