Welt-Lepra-Tag

Eine Seuche im Schatten der Coronapandemie

06:28 Minuten
Lepra-Kranke im Wartezimmer eines Krankenhauses in Rio de Janeiro, Brasilien.
In Brasilien ist Lepra immer noch sehr verbreitet. Viele Patienten kommen erst viel zu spät mit schweren Behinderungen ins Krankenhaus. © picture-alliance/Zuma Wire/Fabio Teixeira
Burkard Kömm im Gespräch mit Axel Flemming  · 31.01.2021
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Wegen Corona kann nicht mehr aktiv nach Lepra-Kranken in den Dörfern gesucht werden. Auch die Impfstoffentwicklung in Brasilien ruht derzeit, weil die Pharmafirmen sich auf die Bekämpfung von Covid-19 konzentrieren.
Die Coronapandemie drängt viele andere Krankheiten in den Hintergrund. Lepra klingt wie eine Krankheit aus dem Mittelalter, ist aber in einigen Ländern immer noch sehr verbreitet.

"Leider ist es so, dass weltweit immer noch jedes Jahr über 200.000 Menschen neu an der Lepra erkranken", sagt Burkard Kömm, Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe anlässlich des heutigen Welt-Lepra-Tages.
Betroffen seien etwa 2,5 bis drei Millionen Menschen, die mit den Folgen leben müssten. Mehr als die Hälfte der Patienten lebe in Indien, danach seien auch Brasilien und Indonesien sehr stark betroffen. "Indien und Brasilien alleine haben schon mehr als Zweidrittel aller Fälle von Lepra jedes Jahr."


Die Krankheit sei seit 40 Jahren mit einer Kombination von drei verschiedenen Antibiotika heilbar, sagt Kömm. Die Medikamente müssten über ein halbes Jahr eingenommen werden.
"Leider ist es immer noch so, dass wir viele Menschen viel zu spät finden." Die Patienten hätten oft bereits Schäden, denn die Infektionskrankheit greife die Nerven an und die Gliedmaße würden verstümmelt. Die Inkubationszeit sei sehr lang, oft drei bis vier Jahre, manchmal auch Jahrzehnte. "Bis zu 40 Jahren kann dieser Erreger im Menschen schlummern, bis er ausbricht."

Angst vor der Diagnose

Lepra sei immer noch sehr stigmatisiert, so Kömm. Die Kranken zögerten, sich in Behandlung zu begeben, weil sie vielerorts ausgegrenzt würden. "Die Menschen haben immer noch Angst davor, dass das bekannt wird."
Dadurch beginne die Behandlung oft viel zu spät. "Wir schicken in den letzten Jahren Teams in die Regionen, in die Dörfer, wo wir glauben, dass Lepra vorkommt oder wo wir wissen, dass Lepra vorkommt, und suchen aktiv nach Hauterscheinungen."

Probleme wegen Corona

Wegen Corona sei das im vergangenen Jahr nicht mehr möglich gewesen. Deshalb sei in vielen Ländern scheinbar die Zahl der Neuinfektionen um 50 Prozent zurückgegangen, weil man die Lepra-Kranken nicht habe auffinden können.
Das sei eine große Einschränkung. "Wir befürchten, dass diese Menschen erst gefunden werden, wenn sie schon erhebliche Schäden haben."

Fehlender Impfstoff

Auch die Impfstoffentwicklung sei wegen Corona zum Erliegen gekommen, sagt Kömm. Leider seien genau die Institute in Brasilien, die daran arbeiteten, von großen Pharmaunternehmen übernommen worden. Sie wollten dort ihren Covid-19-Impfstoff testen, sodass die Tests für Lepra jetzt nicht weiterentwickelt würden. "Das ist absolut eine Geldfrage."
Seine Organisation finanziere die Impfstoffentwicklung gegen Lepra über Spenden und versuchten, so günstig wie möglich zu arbeiten. Die Pharmafirmen hätten den Instituten viel mehr bezahlen können. Er hoffe, dass es 2022 oder 2023 mit dem Lepra-Impfstoff weitergehe.

Mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeite die Leprahilfe sehr eng zusammen. Aber dort gebe es kein Geld für die Behandlung oder Suche nach Patienten. Die WHO helfe dabei, die Länder zur Zusammenarbeit zu bewegen und im eigenen Gesundheitssystem stärker auf die Lepra zu achten.
(gem)
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