Wellness-Apps

Besser durchatmen mit dem Smartphone

Silhouette eines Joggers im Sonnenuntergang.
Joggen macht nicht immer Spaß. Das Handy verspricht Abhilfe. © imago/Imagebroker
Von Lydia Heller · 21.09.2015
Wer sich zum Joggen oder Abnehmen schwer motivieren kann, braucht einfach ein Smartphone. 400.000 Gesundheits-Apps gibt es weltweit, sie zählen Schritte und erstellen Diätpläne. Doch was bringen die Programme wirklich? Ein Selbstversuch.
"Hallo, ich bin's. Sag mal, hast Du Lust, mit mir joggen zu gehen?"
Es ist Tag fünf meines Gesundheits-App-Experimentes. Vier dieser Handy-Programme habe ich in den letzten Tagen ausprobiert – und nun soll ich mich zum Sport treffen. Denn:
"Verabrede Dich heute mit einem Freund oder einer Freundin zum Sport ..."
… heißt meine Tagesaufgabe. Gestellt hat sie mir die App "Happitz", die ich vor knapp einer Woche installiert habe. Nicht zuletzt, weil ihr Werbefilm im Playstore mir versprochen hat:
"... gesünder und fitter zu werden! Ab jetzt bekommst Du jeden Morgen eine Aufgabe, welche sich perfekt in deinen Alltag integrieren lässt. Erledigt!"
Der psychologische Trick von "Happitz": Erst ermittelt die App mein biologisches Alter – dann zeigt sie mir, wie ich mit ihrer Hilfe wieder jünger werde. Dafür muss ich zunächst einmal eine ganze Reihe mitunter recht persönliche Fragen beantworten.
"Kannst Du essen ohne zuzunehmen? Wo nimmst Du zu? Hast Du Konzentrationsschwierigkeiten? Wie zufrieden bist Du mit Deiner Partnerschaft?"
"Mein biologisches Alter ist 45,4 Jahre – das ist dreieinhalb Jahre älter als ich wirklich bin, das ist ja eine Frechheit! Da bin ich ja schon mal total sauer."
Der Ehrgeiz ist plötzlich da
Aber zugegeben: Mein Ehrgeiz ist wachgekitzelt – ich will mein biologisches Alter senken. Und die Aufgaben sind zunächst mal auch leicht:
"Überlege Dir, welchen Sport Du früher gern gemacht hast! Stelle Dir zwei Flaschen Wasser parat! Mache heute 20 Minuten Home-Fitness, zum Beispiel Liegestütze."
Liegestütze! Sehr gut! Dafür hab ich nämlich auch eine App: "Runtastic Push Ups". 297 Liegestütze soll ich in den nächsten zwei Wochen machen, sagt die App – wie sie auf diese Zahl kommt, weiß ich nicht. Für den ersten Tag jedenfalls sind 14 Push Ups vorgesehen. Also runter auf den Boden und das Handy gleich mit:
"Lege dein Gerät auf den Boden. Nähere dich dem Gerät mit deinem Körper und berühre das Display mit Deiner Nase. Get ready! 3 – 2 – 1: two push ups to go! Rest now!"
"Okay. Ich hab einen Trick rausgefunden: Und zwar kann ich das Display auch einfach mit dem Finger berühren – und dann werden trotzdem Push Ups gezählt."
Am Ende kann ich meinen persönlichen Rekord – drei Liegestützen am Stück – auf Facebook teilen. Das mache ich natürlich nicht. Aber: Ich vermerke die zehn Minuten Training gleich auch in meinem Noom-Coach.
Die App Noom hilft bei der Ernährung
"Bei Noom machen wir Apps" – so heißt es im Trailer – "die Menschen beim Abnehmen und beim Halten ihres Gewichts helfen". Ich protokolliere jeden Tag, was ich gegessen und getrunken habe – und Noom rechnet aus, wieviel Kalorien ich damit zu mir genommen habe. Außerdem setzt die App mir ein Limit, das ich einhalten muss, wenn ich nicht zunehmen will. Mache ich Sport, erhöht sich mein Tages-Kalorien-Budget.
Und: In der Pro-Version für 7,99 Euro im Monats-Abo kann ich mich außerdem Motivations-Gruppen anschließen und Rezepte einsehen für Gerichte, die immer genau so viel Kalorien haben, wie ich an diesem Tag noch zu mir nehmen darf. Ganz praktisch. Aber: Ich habe niemals die Zutaten da, die ich dafür brauche. So knurrt mir ständig der Magen – und das wiederum stört bei den Meditationsübungen, an die mich meine Achtsamkeits-App neuerdings erinnert.
"Die Achtsamkeits-App soll Ihnen helfen, mehr Bewusstheit in ihr Leben zu bringen."
Die Grundidee der App: Entspannung beginnt im Kopf und einfache Übungen tragen dazu bei, die Welt bewusster wahrzunehmen, mehr in der Gegenwart zu leben – und resistenter gegen Stress zu werden. Nach dem Zufallsprinzip schickt mir die Achtsamkeits-App deshalb jetzt regelmäßig kurze Aufgaben aufs Display:
"Nehmen Sie den Kontakt Ihres Körpers mit dem Boden wahr! Was hören Sie um sich herum? Atmen Sie langsam und bewusst!"
Zwischendurch kann ich mich noch von einer sonoren Stimme durch drei-, fünf-, 15- oder 30-minütige Meditationen führen lassen. Zumindest wenn ich das noch schaffe, neben Essen protokollieren, Liegestützen machen, Motivationsgruppen gründen, Wasser trinken, an meiner Partnerschaft arbeiten und Freunde treffen. Aber gut – schon nach knapp einer Woche mit Home-Fitness, kaloriengenauer Ernährung und Entspannungsübungen bin ich "Happitz" zufolge schon 0,3 Jahre jünger geworden. Sollte ich diese Apps weiter nutzen, bin ich also rein rechnerisch in anderthalb Jahren wieder in der Pubertät. Aber das ist egal. Ich lebe schließlich ganz im Hier und Jetzt.
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