Weiterstricken am Mythos einer Diva
Nun ist sie 75 Jahre alt und zehrt immer noch von ihrem Mythos als Verführerin: Brigitte Bardot. Dass sie in den letzten Jahren vor allem mit Ausfällen gegen die Araber und mit ihrer Nähe zur rechtsextremen Front National aufgefallen ist, scheint die Franzosen nicht zu stören, wie eine Ausstellung in der Nähe von Paris beweist.
Musik: "Brigitte Bardot, Bardot. Brigitte Bardot bravo ! Aucune fille au monde, n'est aussi sympa que toi."
Die Epoche der Unbekümmertheit beginnt in der Schau mit Gute-Laune-Musik und einem legendären Foto: Bardot steht uns sinnlich und breitbeinig gegenüber: mit Schmollmund, wehendem Haar, nackten Armen, hohen Stiefeln, die Trikolore-Fahne fest in der Hand. Ihr Körper ist überlebensgroß auf einen Vorhang projiziert. Hier muss jeder Besucher durch, wenn er das Geheimnis der planetarischen Sex-Ikone erfahren will, betont Kurator Henry-Jean Servat:
"Wir entdecken eine Frau ihrer Zeit, die Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin ist, Filme gedreht und die Welt revolutioniert hat. All das hat sie gemacht, ohne es jemals zu wollen. Bardot wollte sein, was sie war. Punkt. Sie hat gemacht, wozu sie Lust hatte. Dadurch hat sie die Welt verändert. Indem sie die war, die sie war."
Doch wer war Brigitte Bardot wirklich? Busenwunder? Exportartikel, das mehr Devisen einbrachte, als die Autoindustrie? Auf 1.000 Quadratmeter geben über tausend Fotos, 17 ihrer insgesamt 42 Filme und 2000 Plakate, Briefe, BB-Büsten, Schmuck, Kleider und sonstige Objekte Auskunft, zusammengetragen von Dokumentaristin Florence Agrati:
"Es gibt Fotos, die uns Alain Delon gegeben hat. Vor allem die einzige Aufnahme auf der ganzen Welt, wo Brigitte Bardot mit Romy Schneider zusammen zu sehen ist - in Bardots Villa La Madrague in Saint-Tropez. Ein Foto, das er sich bislang immer geweigert hatte, zu zeigen. Wir haben zwei Warhol-Aufnahmen von Bardot, Stücke aus der Sammlung von Gunter Sachs."
Auf die Welt kam Brigitte Bardot als Töchterchen eines reichen Industriellen am 28. September 1934 im chicen 16. Pariser Arrondissement. Auf bislang unveröffentlichten Schwarz-Weiß-Fotos sehen wir Brigitte Anne-Marie Bardot als pausbackiges Baby mit offenem Mund und leuchtendem Blick, ihren Vater als kinobegeisterten Industriellen und ihre Mutter als Hausfrau und Tanzliebhaberin.
"Wir sehen eine Tochter aus gutem Hause, die glücklich lebt und ein glückliches, ruhiges Leben vor sich hat."
In der Ausstellung hängen - bestens gepflegt - ihr Tutu und das legendäre rosa Vichy-Hochzeitskleid. Als der Zweite Weltkrieg tobte, übte Brigitte Gitarre und erhielt 1944 ihr erste Tanzurkunde mit Auszeichnung. Nach dem Krieg posierte sie als 14-Jährige in bester Haltung für Mode-Fotos. Noch als Minderjährige wurde Roger Vadim auf sie aufmerksam. Er machte sie zur Schauspielerin, zu seiner Frau und zu einem weltweiten Sex-Symbol:
"Sie hatte 1952 mit dem Filmen angefangen. Sie ist 1934 geboren, 1956 wurde sie aus heiterem Himmel berühmt - durch 'Und ewig lockt das Weib'. In Frankreich hatte der Film nicht viel Erfolg, aber in den USA sorgte sie mit einer Nacktszene für einen Skandal. Erst danach kam der Film wieder zurück nach Frankreich, wo er dann mit viel Medienrummel neu in die Kinos kam. Bardot wurde zum Star. Über Nacht waren alle anderen Frauen aus der Mode gekommen und Bardot bestimmte ein neues Wertesystem und eine neue Form der Darstellung."
Erzählt, bebildert und in Szene gesetzt wird das alles in kleinen Räumen, die einen privaten Einblick in Bardots Leben vermitteln sollen. Nach dem Motto: Nicht "In bed with Madonna", sondern "zuhause bei Bardot": von ihrer Familie, der Galerie ihrer Dutzenden Liebhaber, die von Gilbert Bécaud bis Jean-Louis Trintignant reicht, geht es über die besten Filmküsse zu den BB-Fernsehshows, ihrem Abschied von der Filmwelt 1973 im Alter von 39 Jahren und ihrem Einfluss auf die Mode bis heute:
"Die Bardot-Mode ist selbst 50 Jahre danach noch aktuell. Mit ihren prallen Kurven, ihrem Schminkstil ... Schauen sie sich die jungen weltweit erfolgreichen Schauspielerinnen an: Kate Moss, Beatrice Dall, Monica Belucci, Vanessa Paradis, Laetitia Casta, viele imitieren sie, verleiben sich Bardots Stil und Mythos ein, um daraus einen anderen neuen, originellen und unerwarteten Mythos zu machen."
Für den Szenographen Sylvain Roca ist die größte Entdeckung aber nicht Bardots erotische Formen und ihre Skandale, sondern ihre Stimme:
"Was uns vor allem aufgefallen ist, das ist ihre Stimme. Eine Stimme, die sie aus Tausenden heraushören können. Ihre Einzigartigkeit besteht aus ihrer Schönheit und ihrer Stimme. Wenn Sie nur ihre Stimme hören, wissen sie sofort, das ist Brigitte Bardot."
Bleibt der heute umstrittenste Teil ihres Lebens, ihr radikales Engagement als Tierschützerin. Bereits in den 60er Jahren fütterte sie auf dem Weg zum Drehort aus dem weißen Rolls Royce heraus wilde Hunde. Ihr Leben nach der Karriere wird ausschließlich auf ihren Tierschutzverein beschränkt. Eine höchst einseitige Selbstdarstellung. Ihre Nähe zu Jean-Marie Le Pens rechtsextremer Partei Front National bleibt ebenso unerwähnt wie ihre Ausfälle gegenüber Einwanderern, Homosexuellen und Muslimen.
Das Opferfest Aid el Kebir verunglimpfte sie als genauso schlimm wie die Terroranschläge des 11. Septembers 2001. Ein halbes Dutzend Mal wurde sie von der Justiz bereits wegen Anstiftung zum Rassenhass verurteilt. Der Kurator und enge Bardot-Freund Henry-Jean Servat wiegelt das als Kollateralschäden ihrer Tierliebe ab:
"Bardot sagt Abscheulichkeiten über die Araber, weil sie nicht will, dass Schafe massakriert werden. Aber sie sagt genauso viele Abscheulichkeiten über die Franzosen, die Gänseleberpastete essen und sich damit vollstopfen. Sie sagt auch Unsäglichkeiten über Tierkampfanhänger. Bardot sagt Unsäglichkeiten über alle Menschen, die Tiere nicht lieben und leiden lassen."
Anders gesagt: Wenn der Mythos zum Märchen wird. Dazu passt auch der Titel der Ausstellung: "Die Jahre der Unbekümmertheit", damit sind hier die 50er und 60er Jahre gemeint. Damals führte Frankreich bekanntlich in Indochina und in Algerien Krieg.
Die Epoche der Unbekümmertheit beginnt in der Schau mit Gute-Laune-Musik und einem legendären Foto: Bardot steht uns sinnlich und breitbeinig gegenüber: mit Schmollmund, wehendem Haar, nackten Armen, hohen Stiefeln, die Trikolore-Fahne fest in der Hand. Ihr Körper ist überlebensgroß auf einen Vorhang projiziert. Hier muss jeder Besucher durch, wenn er das Geheimnis der planetarischen Sex-Ikone erfahren will, betont Kurator Henry-Jean Servat:
"Wir entdecken eine Frau ihrer Zeit, die Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin ist, Filme gedreht und die Welt revolutioniert hat. All das hat sie gemacht, ohne es jemals zu wollen. Bardot wollte sein, was sie war. Punkt. Sie hat gemacht, wozu sie Lust hatte. Dadurch hat sie die Welt verändert. Indem sie die war, die sie war."
Doch wer war Brigitte Bardot wirklich? Busenwunder? Exportartikel, das mehr Devisen einbrachte, als die Autoindustrie? Auf 1.000 Quadratmeter geben über tausend Fotos, 17 ihrer insgesamt 42 Filme und 2000 Plakate, Briefe, BB-Büsten, Schmuck, Kleider und sonstige Objekte Auskunft, zusammengetragen von Dokumentaristin Florence Agrati:
"Es gibt Fotos, die uns Alain Delon gegeben hat. Vor allem die einzige Aufnahme auf der ganzen Welt, wo Brigitte Bardot mit Romy Schneider zusammen zu sehen ist - in Bardots Villa La Madrague in Saint-Tropez. Ein Foto, das er sich bislang immer geweigert hatte, zu zeigen. Wir haben zwei Warhol-Aufnahmen von Bardot, Stücke aus der Sammlung von Gunter Sachs."
Auf die Welt kam Brigitte Bardot als Töchterchen eines reichen Industriellen am 28. September 1934 im chicen 16. Pariser Arrondissement. Auf bislang unveröffentlichten Schwarz-Weiß-Fotos sehen wir Brigitte Anne-Marie Bardot als pausbackiges Baby mit offenem Mund und leuchtendem Blick, ihren Vater als kinobegeisterten Industriellen und ihre Mutter als Hausfrau und Tanzliebhaberin.
"Wir sehen eine Tochter aus gutem Hause, die glücklich lebt und ein glückliches, ruhiges Leben vor sich hat."
In der Ausstellung hängen - bestens gepflegt - ihr Tutu und das legendäre rosa Vichy-Hochzeitskleid. Als der Zweite Weltkrieg tobte, übte Brigitte Gitarre und erhielt 1944 ihr erste Tanzurkunde mit Auszeichnung. Nach dem Krieg posierte sie als 14-Jährige in bester Haltung für Mode-Fotos. Noch als Minderjährige wurde Roger Vadim auf sie aufmerksam. Er machte sie zur Schauspielerin, zu seiner Frau und zu einem weltweiten Sex-Symbol:
"Sie hatte 1952 mit dem Filmen angefangen. Sie ist 1934 geboren, 1956 wurde sie aus heiterem Himmel berühmt - durch 'Und ewig lockt das Weib'. In Frankreich hatte der Film nicht viel Erfolg, aber in den USA sorgte sie mit einer Nacktszene für einen Skandal. Erst danach kam der Film wieder zurück nach Frankreich, wo er dann mit viel Medienrummel neu in die Kinos kam. Bardot wurde zum Star. Über Nacht waren alle anderen Frauen aus der Mode gekommen und Bardot bestimmte ein neues Wertesystem und eine neue Form der Darstellung."
Erzählt, bebildert und in Szene gesetzt wird das alles in kleinen Räumen, die einen privaten Einblick in Bardots Leben vermitteln sollen. Nach dem Motto: Nicht "In bed with Madonna", sondern "zuhause bei Bardot": von ihrer Familie, der Galerie ihrer Dutzenden Liebhaber, die von Gilbert Bécaud bis Jean-Louis Trintignant reicht, geht es über die besten Filmküsse zu den BB-Fernsehshows, ihrem Abschied von der Filmwelt 1973 im Alter von 39 Jahren und ihrem Einfluss auf die Mode bis heute:
"Die Bardot-Mode ist selbst 50 Jahre danach noch aktuell. Mit ihren prallen Kurven, ihrem Schminkstil ... Schauen sie sich die jungen weltweit erfolgreichen Schauspielerinnen an: Kate Moss, Beatrice Dall, Monica Belucci, Vanessa Paradis, Laetitia Casta, viele imitieren sie, verleiben sich Bardots Stil und Mythos ein, um daraus einen anderen neuen, originellen und unerwarteten Mythos zu machen."
Für den Szenographen Sylvain Roca ist die größte Entdeckung aber nicht Bardots erotische Formen und ihre Skandale, sondern ihre Stimme:
"Was uns vor allem aufgefallen ist, das ist ihre Stimme. Eine Stimme, die sie aus Tausenden heraushören können. Ihre Einzigartigkeit besteht aus ihrer Schönheit und ihrer Stimme. Wenn Sie nur ihre Stimme hören, wissen sie sofort, das ist Brigitte Bardot."
Bleibt der heute umstrittenste Teil ihres Lebens, ihr radikales Engagement als Tierschützerin. Bereits in den 60er Jahren fütterte sie auf dem Weg zum Drehort aus dem weißen Rolls Royce heraus wilde Hunde. Ihr Leben nach der Karriere wird ausschließlich auf ihren Tierschutzverein beschränkt. Eine höchst einseitige Selbstdarstellung. Ihre Nähe zu Jean-Marie Le Pens rechtsextremer Partei Front National bleibt ebenso unerwähnt wie ihre Ausfälle gegenüber Einwanderern, Homosexuellen und Muslimen.
Das Opferfest Aid el Kebir verunglimpfte sie als genauso schlimm wie die Terroranschläge des 11. Septembers 2001. Ein halbes Dutzend Mal wurde sie von der Justiz bereits wegen Anstiftung zum Rassenhass verurteilt. Der Kurator und enge Bardot-Freund Henry-Jean Servat wiegelt das als Kollateralschäden ihrer Tierliebe ab:
"Bardot sagt Abscheulichkeiten über die Araber, weil sie nicht will, dass Schafe massakriert werden. Aber sie sagt genauso viele Abscheulichkeiten über die Franzosen, die Gänseleberpastete essen und sich damit vollstopfen. Sie sagt auch Unsäglichkeiten über Tierkampfanhänger. Bardot sagt Unsäglichkeiten über alle Menschen, die Tiere nicht lieben und leiden lassen."
Anders gesagt: Wenn der Mythos zum Märchen wird. Dazu passt auch der Titel der Ausstellung: "Die Jahre der Unbekümmertheit", damit sind hier die 50er und 60er Jahre gemeint. Damals führte Frankreich bekanntlich in Indochina und in Algerien Krieg.