Weimar steht hinter seinem Intendanten

Von Ulrike Greim |
Mehr als tausend Menschen haben in Weimar für den Intendanten des Deutschen Nationaltheaters demonstriert. Der Aufsichtsrat des Theaters hatte sich kürzlich dagegen ausgesprochen, seinen Vertrag über 2010 hinaus zu verlängern. Sechs Stadträte konnten sich gegen zehn weitere Mitglieder dank einer Sperrminorität durchsetzen. Der Protest ließ nicht lange auf sich warten.
"Stephan Märki steht dafür, dass es dieses Theater in dieser Form als Weimarer Theater überhaupt noch gibt. Und Stephan Märki ist ein Weimarer geworden, in jeder Hinsicht. Und deswegen wollen wir, dass er bleibt!"

Es ist die grüne Vizepräsidentin des Bundestages, die Thüringerin Katrin Göring-Eckardt, die sich, wie die anderen Oppositionsparteien in Thüringen auch, demonstrativ hinter Stephan Märki stellt. Die gut tausend Weimarer jubeln, als sie den Aufsichtsrat des Deutschen Nationaltheaters auffordert, seine Entscheidung gegen Märki als Generalintendanten zurückzunehmen. Den Oberbürgermeister Stefan Wolf nennt sie einen Anti-Bürgermeister, denn die Weimarer - das sehe man ja - stünden hinter dem Intendanten. Auch den Weimarer CDU-Chef geht sie stark an: Peter Krause, das ist der ex-designierte Thüringer Kultusminister, dem seine Rechtslastigkeit vorgeworfen wurde. Auch Stephan Märki hatte ihn damals kritisiert.

"Es gibt einen, der in diesem Aufsichtsrat sitzt, der ganz bestimmt nicht im Sinne Weimars handelt, sondern der im Sinne von persönlicher Rache handelt. Ganz wichtig aus meiner Sicht ist, dass Herr Krause aus diesem Aufsichtsrat zurückgezogen wird!"

Was war das nur für eine schwierige Gemengelage, die die sechs Weimarer Stadträte veranlasst hatte, den Platzverweis zu erklären, fragen sich viele Weimarer. Sie erinnern daran, dass in der Geschichte schon oft kluge, aber eben auch unbequeme Köpfe aus Weimar verjagt wurden. Auf Transparenten und Aufklebern zur Demo wird Märki in eine Reihe gestellt mit Liszt und dem Bauhaus. Die Redner kritisieren Rache, Missgunst, Kungelei und schlechten politischen Stil.

"Ich habe nie geahnt, dass man in solche menschlichen Abgründe steigen kann, wie sie sich derzeit zeigen."

"Ich habe einen solchen Verfall der politischen Sitte noch nie erlebt in meinem Leben."

"Ich fordere die Damen und Herren des Stadtrates auf, gegen Herrn Oberbürgermeister Stefan Wolf das Amtsenthebungsverfahren einzuleiten."

Der Oberbürgermeister Stefan Wolf wurde ausgebuht. Der Applaus galt seinem Vorgänger, Alt-OB Volkhard Germer, der sich heftig für Märki ins Zeug legte.

"Gestern gab es hier eine Vollversammlung. Herr Märki kam auf die Bühne und hatte noch kein Wort gesagt, da hat das gesamte Ensemble applaudiert, so wie sie jetzt. Das, meine Damen, widerlegt nämlich das Argument, was von denen, die diesen Beschluss herbei geführt haben, immer ins Feld geführt wird, es gäbe im Hause vielleicht eine Grundstimmung gegen Herrn Märki. Das ist glatte Lüge."

Während drinnen im Deutschen Nationaltheater in einer öffentlichen Stadtratssitzung der Weimarpreis an einen Musiker verliehen wurde, ehrten die Weimarer draußen auf dem Theaterplatz den Intendanten.

"Weil er ein fantastischer Chef ist für das Theater."

"Er hat das Theater gerettet. Er hat viel für dieses Theater getan. Er macht fantastische Aufführungen. Wir haben uns schon viele angeguckt. Er setzt sich ein für das Theater, wie kein anderer. Ich würde mir wünschen, im Rathaus würde man sich so für Weimar einsetzen, wie Märki fürs Theater."

"Er ist ein fantastischer Chef. Ich kann nichts anderes sagen, als: Der muss hier bleiben. Das geht gar nicht anders."

"Er macht viel Neues, was sicher nicht jedem gefällt, aber das ist die Freiheit der Kunst. Und ich sag mal: Hier sollte das Publikum entscheiden, was gefällt oder nicht, und nicht die Politik."

"Herr Märki war ja eigentlich der Mann, der das Theater gerettet hat, und deswegen kann man ihn nicht absetzen. Also muss er bleiben. Und das Theater weiterführen und seine Ideen weiterentwickeln. Dafür sind wir."

"Auf jeden Fall ist die Art und Weise, wie man mit ihm umgeht, ganz furchtbar. Und so geht's nicht."

Stephan Märki, der streitbare kreative Geist, steht - wie immer ganz in schwarz - im Publikum. Gerührt und angegriffen. Er muss unzählige Hände schütteln. Und die Weimarer packen ihn warm ein.

"Vielen Dank für alles, Herr Märki. Bleiben Sie bei uns und halten Sie die Ohren steif!"

"Solche Leute wie Sie werden nicht jeden Tag geboren. Halten Sie auch zu uns, wir halten zu Ihnen!"

"Das weiß ich, das mach ich!"

"Ich war 30 Jahre hier am Haus Schauspieler. Halten Sie durch!"

"Mach ich. So lange man mich lässt, mache ich das"

"Ja, klar"

Morgen wollen sich die kritisierten Stadträte in einer Pressekonferenz erklären. André Störr von der "Initiative Erhalt Thüringer Kultur" sagte deswegen zum Schluss:

"Ich bitte Sie und rufe Sie schon heute auf: Bleiben wir wachsam. Wir haben noch nicht gewonnen, aber wir sind auf dem Weg dahin. Vielen Dank und einen schönen Tag!"