Wunschliste für mehr Barrierefreiheit

Für viele Menschen mit Behinderung ist der Besuch eines Weihnachtsmarkts mit Hindernissen verbunden. Dabei könnten oft kleine Änderungen dafür sorgen, dass alle gemeinsam die Adventszeit auf dem Weihnachtsmarkt genießen können.
Von den etwa 3250 Weihnachtsmärkten in Deutschland gelten weniger als ein Prozent als „barrierefrei“, bilanziert der Sozialverband (VdK). Auch barrierearme Weihnachtsmärkte sind eher selten.
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Die Liste der Hindernisse ist lang: So gibt es oft nur wenige Sitzmöglichkeiten, beispielsweise für ältere Menschen, um sich auszuruhen. Enge Gassen, hohe Tische und Stufen machen es Rollstuhlfahrerinnen und -fahrern oder Menschen mit Kinderwagen schwer. Blinde und sehbehinderte Menschen stoßen auf unmarkierte Hindernisse. Es fehlt an Leitsystemen und Übersichtsplänen.
Laute Musik und grelle Lichter erschweren Menschen mit Autismus, Angststörungen oder ADHS die Teilhabe. Oft fehlen auch behindertengerechte Toiletten und Parkplätze.
Barrierefreiheit ist kein Nice-to-have
„Wir werden von Erlebnissen ausgeschlossen, die für andere völlig selbstverständlich sind“, sagt die Content-Creatorin und Rollstuhlfahrerin Svenja Gluth. Ähnlich sieht es die Autorin und Aktivistin Laura Gehlhaar: „Als Rollstuhlfahrerin kann ich viele Weihnachtsmärkte nur eingeschränkt nutzen“, sagt sie.
Barrierefreiheit sei „kein Nice-to-have“, sondern die Basis echter Teilhabe, so Gehlhaar. „Wenn Wege glatter, Stände erreichbar und Toiletten zugänglicher sind, profitieren alle Menschen. Ein Weihnachtsmarkt sollte niemanden ausschließen. Erst Barrierefreiheit macht ihn zu einem Ort für alle.“
Dabei sind es oft einfache Dinge, die einen großen Unterschied machen. Beispielsweise tiefere Sitzmöglichkeiten statt ausschließlich Stehtische.
„Für mich würde das schon einen riesigen Unterschied machen“, sagt die Influencerin, Künstlerin und Rollstuhlfahrerin Alana Reimer. Dadurch könnte sie ihr Essen abstellen und sich überhaupt erst an Gesprächen mit Freundinnen und Freunden in Augenhöhe beteiligen.
Kleine Änderungen sorgen für mehr Teilhabe
Einige Weihnachtsmärkte zeigen, dass mehr Barrierefreiheit möglich ist. Auf dem Weihnachtsmarkt in Mainz ließen sich beispielsweise die Tische hoch- und runterfahren, heißt es auf der Homepage „Reisen mit Behinderung“. Bei der Wegführung würden Barrieren vermieden, auch die lebensgroße Weihnachtskrippe sei via Rampe erreichbar. In Erfurt seien die Buden auf Rollstuhlhöhe, es gebe barrierefreie Toiletten und behindertengerechte Parkplätze. Auf dem Christkindlmarkt in München gebe es Tische mit unterschiedlichen Höhen und einige Buden seien mit Rampe erreichbar.
Immer öfter gibt es auf Weihnachtsmärkten auch eine „Stille Stunde“. Die Betreiber drehen eine Stunde lang die Musik leiser und schalten blinkende Lichter aus. Das Angebot richtet sich an Menschen mit einer erhöhten Geräusch- und Reizsensibilität, zum Beispiel an Menschen mit Autismus, ADHS oder Angststörungen, aber auch an Familien mit kleinen Kindern.
Stille Stunde und „Handicap Day“
Auf dem Weihnachtsmarkt Berlin-Lichtenberg gibt es einen „Handicap Day“. An dem Tag bieten die Fahrgeschäfte mehr Zeit beim Ein- und Aussteigen, Mitarbeiter helfen dabei. Die grellen Stroboskoplichter sind abgeschaltet. Es gibt schwellenlose Zugänge. Außerdem sind die Fahrgeschäfte an diesem Tag kostenlos.
Inklusion sieht aber anders aus, findet Daniela Kaup, Beauftragte für Menschen mit Behinderung im Bezirk Lichtenberg. Denn ein extra Tag – das bedeutet letztendlich eben auch: Aussonderung. Zu allen anderen Zeiten sorgen Lärm, Hektik und Gedränge dafür, dass sich Menschen mit körperlichen und mentalen Behinderungen ausgeschlossen fühlen könnten.
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