Webinar im Wohnzimmer
Der Computer hat den Bildungsbereich massiv verändert. Eine beliebte Form der virtuellen Wissensvermittlung ist das sogenannte "Webinar", eine Art interaktive Telefonkonferenz. Das Kunstwort ist eine Verbindung aus "Web" und "Seminar".
Trainer mit Begrüßung: "Ja, ich darf alle Teilnehmer recht herzlich begrüßen zu unserem Webinar für die Prüfungsvorbereitung."
Jörg Nottebrock begrüßt die Schülerinnen und Schüler einer Fortbildung der Industrie und Handelskammer. Es sind Auszubildende, die sich mit seiner Hilfe auf die nächste Prüfung vorbereiten. Der Dozent ist aber einfach zu Hause geblieben. Auch die 20 Azubis, die sich für das Seminar entschieden haben, sitzen daheim oder vielleicht sogar in einem Café:
Trainer im Webinar (Vortrag) "... dann geht es eben halt weiter. Wenn Sie jetzt diesen ersten Teil der Prüfung absolviert haben ..."
Jörg Nottebrock: "Ich habe meinen Kopfhörer halt auf und habe mein Headset. Und wir kommunizieren also ausschließlich über das Mikrofon und nicht über die Webcam. Und die Teilnehmer können dann meinen Bildschirm sehen, und können das dann per Sreenshot abkopieren über die Tastatur oder aber viele schreiben dass dann noch mal mit."
Und natürlich können sich die Teilnehmer auch hören. Wer eine Frage hat, meldet sich aber erst mal per Mausklick. Jörg Nottebrock sieht dann ein rotes Lämpchen auf seinem Monitor - es leuchtet neben dem Namen des Schülers. Der Seminarleiter erteilt das Wort, denn immer nur einer darf sprechen - irgendwo vor dem Rechner
Als Christian Schulz gefragt wurde, ob er ein Seminar zur Prüfungsvorbereitung herkömmlich in einem Schulungsraum der IHK oder lieber online als "Webinar" absolvieren möchte, entschied sich der 23-Jährige Azubi spontan für die Internet-Variante.
Christian Schulz: "Bequemer, sag‘ ich jetzt mal, als wenn man irgendwo hingeht. Und man ist eben in der gewohnten Umgebung. Also es ist immer ganz schön, wenn man zu Hause sitzt, man kann schnell in den Büchern nachschauen, so müsste man alles immer mitschleppen, wenn man eben direkt zu so einem Seminar geht. Und so hat man eben alles direkt zu Hause."
"Webinare" haben feste Termine. Bei dem Auszubildenden war das jeden Sonntag um 12.00 Uhr. Beim virtuellen Treff ohne offizielle Räumlichkeiten muss der Sonntag kein Ruhetag sein. Theoretisch könnten Menschen aus der ganzen Welt teilnehmen. Das Internet macht's möglich. Philipp Hübner von "Pruefungspaten.de" entwickelte schon zahlreiche Webinare für die Industrie und Handelskammer. Er ist auf Online-Bildung spezialisiert.
Philipp Hübner: "Wir haben auf der einen Seite den Vorteil beim Webinar, dass die Teilnehmer natürlich nicht einmal die Woche abends 50 Kilometer zum Kursanbieter fahren müssen, sondern sich einfach vor ihren Rechner setzen, und - bums - sind sie im Kurs und können an dem Kurs teilnehmen. Das ist für Teilnehmer, die auf dem Land leben nicht schlecht."
Jörg Nottebrock (Auszug aus Webinar): "Ich werde wie vereinbart die einzelnen Daten ins Internet stellen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, das eine oder andere nachzuarbeiten ..."
Phillip Hübner: "Aber eben auch für Teilnehmer, die viel um die Ohren haben. Wir haben zum Beispiel so einen Projektleiterkurs, der viel von Teilnehmern gebucht wird, die in der ganzen Welt herumjetten und dann auch gerne mal auf eine Aufzeichnung zurückgreifen, und so eben doch noch an dem Kurs teilnehmen können."
Wer ein verpasstes Webinar als Aufzeichnung anklickt, kann dann natürlich nicht mehr aktiv mit dabei sein. Als "Webcast" gehen die Inhalte aber nicht verloren. Webinare können über 1000 Euro kosten und mehrere Monate dauern. Es geht aber auch kostenlos: Universitäten bieten sie an, auch Volkshochschulen springen auf den Zug auf.
Philipp Hübner: "Es ist das nächstbeste zum Präsenzkurs. Von der technischen Seite her würde ich sagen, hat jedes Webinar immer noch ein paar kleine Defizite gegenüber einem Präsenzkurs."
Ein Defizit ist zum Beispiel der fehlende Augenkontakt. So kann der Seminarleiter an der fehlenden Mimik und Gestik nicht erkennen, ob der Stoff auch wirklich angekommen ist. Auch lebendige Diskussionen in der Gruppe sind eher schwierig. Bei der reinen Wissensvermittlung indes erfüllen Webinare ihren Zweck, urteilt Online-Seminarleiter Dirk Nottebrock.
Dirk Nottebrock: "Ich denke mir, so in dem Fachkompetenzbereich könnten Webinare durchaus eine sinnvolle Unterstützung in vielen Bereichen darstellen. Im Bereich Persönlichkeitsentwicklung, Sozialkompetenz, vielleicht ein Stück weit Methodenkompetenz, da plädiere ich eher für das Präsenzsemiar."
Augenkontakt, Körpersprache, Atmosphäre - das alles kommt im Webinar zu kurz. Keinen Unterschied zwischen Online-Seminar und Präsenzkurs gibt es bei den Prüfungsergebnissen. Die Absolventen von Webinaren schneiden genauso gut ab, sagt der Seminarleiter. Prof. Joachim Griesbaum erforscht an der Uni Hildesheim die Wirkung von Webinaren. Sein Urteil:
"Ich denke, wenn man es auf den Punkt bringen möchte, könnte man mit aller Vorsicht sagen, dass virtuelle Lernszenarien wahrscheinlich stärker gesteuert sein müssen als realweltliche, um eben diese Defizite in der sozialen Interaktion zu kompensieren, damit sich da auch so etwas entwickelt wie lernförderliche Diskurse."
Webinare stehen und fallen mit der Qualität des Seminarleiters. Deswegen gibt es schon entsprechende Kurse für angehende Online-Trainer - in Form eines Webinars versteht sich. Noch gibt es noch viele Ressentiments. Teilnehmer von IHK-Kursen vermissen besonders den Klönschnack in der Pause. Zu erfahren, wie das so in anderen Betrieben läuft, das erfährt man eben nur in einem echten Schulungsraum. Und es sind vor allem die jüngeren, die Webinare ablehnen, sagt Dirk Sundermeier, Weiterbildungsreferent bei der IHK in Hannover:
"Dann sagen mir wirklich junge Menschen - wo wir immer sagen, das sind ja wirklich die Internet-natives - die sagen mir dann trotzdem: Ich brauche den Live-Trainer hier direkt, den ich anfassen kann. Aus welchen Gründen auch immer. Also selbst bei jungen Leuten sind da noch gewisse Vorbehalte oder Berührungsängste."
Das wird sich wohl noch ändern: Glasfaserkabel mit hohen Datentransfer-Raten
werden die "Webinar-Kultur" beflügeln, prophezeien Protagonisten.
Jörg Nottebrock (Webinarausschnitt): "Ich darf mich recht herzlich verabschieden, wünsche noch ein schönes Restwochenende, und wir hören uns in einer Woche wieder!"
Jörg Nottebrock begrüßt die Schülerinnen und Schüler einer Fortbildung der Industrie und Handelskammer. Es sind Auszubildende, die sich mit seiner Hilfe auf die nächste Prüfung vorbereiten. Der Dozent ist aber einfach zu Hause geblieben. Auch die 20 Azubis, die sich für das Seminar entschieden haben, sitzen daheim oder vielleicht sogar in einem Café:
Trainer im Webinar (Vortrag) "... dann geht es eben halt weiter. Wenn Sie jetzt diesen ersten Teil der Prüfung absolviert haben ..."
Jörg Nottebrock: "Ich habe meinen Kopfhörer halt auf und habe mein Headset. Und wir kommunizieren also ausschließlich über das Mikrofon und nicht über die Webcam. Und die Teilnehmer können dann meinen Bildschirm sehen, und können das dann per Sreenshot abkopieren über die Tastatur oder aber viele schreiben dass dann noch mal mit."
Und natürlich können sich die Teilnehmer auch hören. Wer eine Frage hat, meldet sich aber erst mal per Mausklick. Jörg Nottebrock sieht dann ein rotes Lämpchen auf seinem Monitor - es leuchtet neben dem Namen des Schülers. Der Seminarleiter erteilt das Wort, denn immer nur einer darf sprechen - irgendwo vor dem Rechner
Als Christian Schulz gefragt wurde, ob er ein Seminar zur Prüfungsvorbereitung herkömmlich in einem Schulungsraum der IHK oder lieber online als "Webinar" absolvieren möchte, entschied sich der 23-Jährige Azubi spontan für die Internet-Variante.
Christian Schulz: "Bequemer, sag‘ ich jetzt mal, als wenn man irgendwo hingeht. Und man ist eben in der gewohnten Umgebung. Also es ist immer ganz schön, wenn man zu Hause sitzt, man kann schnell in den Büchern nachschauen, so müsste man alles immer mitschleppen, wenn man eben direkt zu so einem Seminar geht. Und so hat man eben alles direkt zu Hause."
"Webinare" haben feste Termine. Bei dem Auszubildenden war das jeden Sonntag um 12.00 Uhr. Beim virtuellen Treff ohne offizielle Räumlichkeiten muss der Sonntag kein Ruhetag sein. Theoretisch könnten Menschen aus der ganzen Welt teilnehmen. Das Internet macht's möglich. Philipp Hübner von "Pruefungspaten.de" entwickelte schon zahlreiche Webinare für die Industrie und Handelskammer. Er ist auf Online-Bildung spezialisiert.
Philipp Hübner: "Wir haben auf der einen Seite den Vorteil beim Webinar, dass die Teilnehmer natürlich nicht einmal die Woche abends 50 Kilometer zum Kursanbieter fahren müssen, sondern sich einfach vor ihren Rechner setzen, und - bums - sind sie im Kurs und können an dem Kurs teilnehmen. Das ist für Teilnehmer, die auf dem Land leben nicht schlecht."
Jörg Nottebrock (Auszug aus Webinar): "Ich werde wie vereinbart die einzelnen Daten ins Internet stellen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, das eine oder andere nachzuarbeiten ..."
Phillip Hübner: "Aber eben auch für Teilnehmer, die viel um die Ohren haben. Wir haben zum Beispiel so einen Projektleiterkurs, der viel von Teilnehmern gebucht wird, die in der ganzen Welt herumjetten und dann auch gerne mal auf eine Aufzeichnung zurückgreifen, und so eben doch noch an dem Kurs teilnehmen können."
Wer ein verpasstes Webinar als Aufzeichnung anklickt, kann dann natürlich nicht mehr aktiv mit dabei sein. Als "Webcast" gehen die Inhalte aber nicht verloren. Webinare können über 1000 Euro kosten und mehrere Monate dauern. Es geht aber auch kostenlos: Universitäten bieten sie an, auch Volkshochschulen springen auf den Zug auf.
Philipp Hübner: "Es ist das nächstbeste zum Präsenzkurs. Von der technischen Seite her würde ich sagen, hat jedes Webinar immer noch ein paar kleine Defizite gegenüber einem Präsenzkurs."
Ein Defizit ist zum Beispiel der fehlende Augenkontakt. So kann der Seminarleiter an der fehlenden Mimik und Gestik nicht erkennen, ob der Stoff auch wirklich angekommen ist. Auch lebendige Diskussionen in der Gruppe sind eher schwierig. Bei der reinen Wissensvermittlung indes erfüllen Webinare ihren Zweck, urteilt Online-Seminarleiter Dirk Nottebrock.
Dirk Nottebrock: "Ich denke mir, so in dem Fachkompetenzbereich könnten Webinare durchaus eine sinnvolle Unterstützung in vielen Bereichen darstellen. Im Bereich Persönlichkeitsentwicklung, Sozialkompetenz, vielleicht ein Stück weit Methodenkompetenz, da plädiere ich eher für das Präsenzsemiar."
Augenkontakt, Körpersprache, Atmosphäre - das alles kommt im Webinar zu kurz. Keinen Unterschied zwischen Online-Seminar und Präsenzkurs gibt es bei den Prüfungsergebnissen. Die Absolventen von Webinaren schneiden genauso gut ab, sagt der Seminarleiter. Prof. Joachim Griesbaum erforscht an der Uni Hildesheim die Wirkung von Webinaren. Sein Urteil:
"Ich denke, wenn man es auf den Punkt bringen möchte, könnte man mit aller Vorsicht sagen, dass virtuelle Lernszenarien wahrscheinlich stärker gesteuert sein müssen als realweltliche, um eben diese Defizite in der sozialen Interaktion zu kompensieren, damit sich da auch so etwas entwickelt wie lernförderliche Diskurse."
Webinare stehen und fallen mit der Qualität des Seminarleiters. Deswegen gibt es schon entsprechende Kurse für angehende Online-Trainer - in Form eines Webinars versteht sich. Noch gibt es noch viele Ressentiments. Teilnehmer von IHK-Kursen vermissen besonders den Klönschnack in der Pause. Zu erfahren, wie das so in anderen Betrieben läuft, das erfährt man eben nur in einem echten Schulungsraum. Und es sind vor allem die jüngeren, die Webinare ablehnen, sagt Dirk Sundermeier, Weiterbildungsreferent bei der IHK in Hannover:
"Dann sagen mir wirklich junge Menschen - wo wir immer sagen, das sind ja wirklich die Internet-natives - die sagen mir dann trotzdem: Ich brauche den Live-Trainer hier direkt, den ich anfassen kann. Aus welchen Gründen auch immer. Also selbst bei jungen Leuten sind da noch gewisse Vorbehalte oder Berührungsängste."
Das wird sich wohl noch ändern: Glasfaserkabel mit hohen Datentransfer-Raten
werden die "Webinar-Kultur" beflügeln, prophezeien Protagonisten.
Jörg Nottebrock (Webinarausschnitt): "Ich darf mich recht herzlich verabschieden, wünsche noch ein schönes Restwochenende, und wir hören uns in einer Woche wieder!"