Weber: US-Bankenrettungsplan dringend geboten

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, Manfred Weber, hält den Banken-Rettungsplan der US-Regierung für dringend geboten. An diesem Weg komme man nicht mehr vorbei, sagte Weber. Es sei zwar noch zu früh für ein abschließendes Urteil, aber die bisherigen Bemühungen in den USA hätten gezeigt, dass man der Finanzkrise mit Einzelmaßnahmen nicht mehr Herr werden könne, weil sie "Ansteckungseffekte" ausgelöst habe.
Leonie March: Am Telefon begrüße ich Professor Manfred Weber, den geschäftsführenden Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Banken. Guten Morgen, Professor Weber.

Manfred Weber: Guten Morgen.

March: Was halten Sie von dem Vorhaben der US-Regierung, die Banken von ihren faulen Krediten zu befreien?

Weber: Es ist noch zu früh, ein abschließendes Urteil zu fällen. Wie es schon richtig hieß, fehlen uns noch die Einzelheiten. Der amerikanische Finanzminister, der Präsident beschäftigt sich ja gerade zusammen mit dem Kongress in Washington mit diesem Thema. Ich glaube allerdings, dass dies ein Weg ist, an dem man nicht mehr vorbei kommt und diese Formulierung soll schon deutlich machen, dass es nicht nur positiv ist, dass es schon gar nicht etwas ist, was man sich von vornherein wünschen würde, aber wir mussten ja zur Kenntnis nehmen, dass die Finanzkrise in Amerika sozusagen mehr und mehr Ansteckungseffekte ausgelöst hat und man ihrer dann nicht Herr werden kann, wenn man nur von Fall zu Fall einschreitet, wie wir das ja schon über die letzten Wochen und Monate gesehen haben bei Freddie Mac bei Fannie Mae, dann die Insolvenz von Lehman, Zwangsverkäufe von einigen Banken an andere Häuser und anderes mehr.

March: Kommen wir zu einer anderen Maßnahme: In den USA, in Großbritannien und ab heute auch in Deutschland gilt ja jetzt erst mal ein Verbot sogenannter Leerverkäufe, also Spekulationen auf sinkende Aktienkurse. Wie wichtig ist das für die Stabilität der Märkte?

Weber: Das ist jedenfalls in dieser angespannten Marktsituation ein richtiger, ein wichtiger Schritt. Es handelt sich hierbei ja um nichts anderes, als den Versuch, ein Geschäft zu machen, indem man auf fallende Aktienkurse bestimmter Marktteilnehmer spekuliert und sich dafür Aktien leiht oder sogar Aktien verkauft, die man noch gar nicht hat, das sogenannte Naked Short Selling, um so dann eben einen Gewinn zu machen. Das ist an für sich nichts Verwerfliches, aber in dieser angespannten Situation führt es dazu, dass wir unter Umständen ein Finanzinstitut noch in zusätzliche Schwierigkeiten bringen. Das kann keinen Sinn machen. Erschwerend kommt hinzu, dass man bisweilen den Eindruck haben muss, dass an dem einen oder anderen Finanzplatz, auch gerade im Ausland, dann noch böswillig Gerüchte über das eine oder andere Haus gestreut werden, sodass es in den Untergang getrieben werden kann, ohne dass es hierfür nachvollziehbare Gründe gäbe.

March: Aber über ein generelles Verbot dieser Leerverkäufe sollte man nicht nachdenken?

Weber: Nein, ich denke, Leerverkäufe sind ein Instrument, um Märkte mit Liquidität zu versorgen. Liquidität ist wichtig für die Marktbildung. Das würde ich wirklich für überzogen halten. Aber dies sind alles Maßnahmen und Schritte, die man in Ruhe nach Bewältigung der Finanzmarktkrise diskutieren kann. Ein generelles Verbot ist nach meiner Kenntnis auch noch von keiner Stelle in Betracht gezogen worden.

March: Kommen wir zur aktuellen Lage der Banken: Die Lehman-Pleite hat ja den Druck auf die Landesbanken erhöht. Gilt das auch für die großen privaten Banken in Deutschland, deren Interessen Ihr Verband ja vertritt?

Weber: Das kann man so allgemein nicht sagen. Die ganze Finanzmarktkrise hat einmal mehr deutlich gemacht, dass es hier und da Marktteilnehmer gibt, die kein valides Geschäftsmodell mehr haben, die sind dann eben auch in Schwierigkeiten gekommen, weil sie sozusagen als Ersatz in diese riskanten verbrieften Geschäfte mit suboptimalen Hypotheken aus den USA eingestiegen sind. Das kann man nicht so einfach machen, dafür braucht man ein nötiges Risikomanagement, und, und, und. Und hier gibt es ja Anpassungsprozesse. Wir begrüßen sehr das Zusammengehen von Commerzbank und Dresdner Bank, den Einstieg der Deutschen Bank bei der Postbank. Das bringt die Konsolidierung des deutschen Bankenmarktes weiter. Sie ist überfällig. Es sind weitere Schritte bei den öffentlichen Banken zu erwarten. Noch viel besser wäre es, wenn die Politik sich endlich bereit finden würde, es auch zu ermöglichen, dass Konsolidierung gruppenübergreifend, also zwischen Privaten und Öffentlichen stattfinden kann, wie das in anderen Ländern in Europa schon erfolgreich gelaufen ist.

March: Also, die Finanzkrise hat den Markt auch bereinigt?

Weber: Es trägt mit zur Bereinigung bei. Der Fortschritt in der Konsolidierung ist, ohne dass ich die Finanzmarktkrise kleinreden will, sicherlich ein positiver Faktor. Hier ist manches aufgebrochen, was vorher sozusagen unter der Decke schlummerte. Gerade im öffentlichen Bereich ist das ja nun ganz deutlich geworden, dass Landesbanken nicht mehr so weiterexistieren konnten und eigentlich eben kein Geschäftsmodell mehr haben und dass hier dringend Maßnahmen erfolgen müssen. Das dauert manchmal ein bisschen, bis die Erkenntnisse so weit gediehen sind, aber ich glaube, heute kommt daran niemand mehr vorbei.

March: Viele Kunden sind ja verunsichert und besorgt. Zur Beruhigung wurde in den letzten Tagen immer wieder auf den Einlagensicherungsfonds verwiesen, mit dem das Bankvermögen der Kunden geschützt wird. Ihr Verband ist ja für diesen Fonds zuständig und Sie haben bereits Meldungen dementiert, nach denen er sich in einer Notlage befindet. Ist er aber unter Druck?

Weber: Das waren auch so Themen aus der Gerüchteküche. Ich will dazu nur sagen, dass unser Fonds vor mehr als 30 Jahren gegründet worden ist. Seit dieser Zeit haben wir jeden Fall angemessen gehandhabt und ein Sparer hat weder eine D-Mark, noch einen Pfennig, noch einen Euro, noch einen Cent seither verloren. Ich sehe absolut keine Veranlassung, auch nur hier über Druck oder Ähnliches nachzudenken. Wir sind leistungsfähig. Hinter diesem Fonds steht die private Bankencommunity. Wir sind so gut wie die Banken, die dahinter stehen.

March: Nun hat Lehman ja aber auch eine deutsche Tochter, die Lehman Brothers Bankhaus AG. Der Einlagensicherungsfonds muss hier jedenfalls für einen Teil der Verluste gegenüber den Kunden einspringen. Über eine Summe von rund 6 Milliarden Euro wird berichtet. Stimmt diese Summe?

Weber: Sie werden verstehen, bei allem Verständnis für Ihr journalistisches Interesse, dass ich über Zahlen nicht spekulieren will und kann. Dafür ist es auch noch viel zu früh. Die staatliche Bankenaufsicht hat über Lehman Deutschland ein sogenanntes Moratorium verhängt. Das ist, wenn Sie so wollen, eine Maßnahme des Gläubiger- und auch des Kundenschutzes. Die Bank ist praktisch mit einer Käseglocke versehen worden, es kann kein Geld mehr rausgehen, die Situation kann sich nicht verschlechtern, es werden auch keine neuen Einlagen von Kunden zum Beispiel entgegengenommen. Und nun hat die Bank selbst Zeit und wir tun das Unsrige und die staatliche Aufsicht auch, um zu prüfen, ob es noch eine Möglichkeit gibt, diese Bank in Zukunft fortzuführen. Erst wenn die staatliche Aufsicht feststellt, dass das nicht möglich ist, ist der Entschädigungsfall festgestellt und wir werden das tun, was wir in solchen Fällen dann immer getan haben, nämlich die Anleger entschädigen.

March: Professor Manfred Weber war das, der geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Banken. Herzlichen Dank für das Gespräch.

Weber: Ich danke Ihnen.