Projekt gegen Wasserknappheit

Abwasser für die Landwirtschaft

06:43 Minuten
Bewässerung eines Gemüsefeldes
Die aktuelle Trockenheitsperiode setzt den Gemüsebauern schon jetzt zu. Ausreichend gereinigtes Abwasser zur Bewässerung der Felder könnte gegen die Wasserknappheit helfen. © picture alliance / Keystone / Peter Klaunzer
Von Heiner Kiesel · 02.08.2022
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Angesichts der drohenden Wasserknappheit aufgrund des Klimawandels haben die TU München und die Stadtwerke Schweinfurt ein Forschungsprojekt gestartet: Sie wollen Abwasser so aufbereiten, dass es unbedenklich für die Landwirtschaft nutzbar ist.
Markus Büttner hat einen der blauen Industriecontainer aufgeschlossen, der auf dem Gelände des Klärwerks der 50.000-Einwohner-Stadt Schweinfurt steht. Drinnen im kalten Neonlicht stehen aufrecht schwarze Zylinder, Elektropumpen am Kopfende. Über graue Leitungen wird hier Wasser eingeleitet, das schon die drei konventionellen Klärstufen der Anlage durchlaufen hat. Hier ist nun Endstation für Bakterien und die meisten Virenarten.
„Das sind die Keramikmembranen. Die haben eine Porenweite von 30 Nanometern und sind dafür verantwortlich, pathogene Schmutzstoffe und Makromoleküle zurückzuhalten“, erklärt Büttner. Er ist Umweltingenieur und kümmert sich vor allem um das Projekt „Nutzwasser“ dass hier mit Hilfe des Bundesforschungsministeriums und der TU München durchgeführt wird.
Eine neue Wasserressource soll erschlossen werden. Täglich fließen um die 18 Millionen Liter geklärtes Abwasser in Schweinfurt in den Main. Derzeit werden rund zwei Prozent davon abgezweigt und weiter gereinigt.
„Das Wasser fließt hier am Ende des Aufbereitungsstranges zur nächsten Aufbereitungsstufe“, zeigt Büttner. Nach den Membranen kommen Aktivkohlefilter, Ozonbehandlung und UV-Bestrahlung dazu. Am Ende sind weitgehend auch alle Reste von menschgemachten Partikeln aus dem Wasser entfern. Korrosionsschutzmittel, Medikamente, Kontrastmittel, Mikroplastik.

Kein Trinkwasser, aber relativ sauber

Ein Schauglas im dritten Container zeigt das Resultat. „Das sieht doch relativ trüb aus“, sagt Büttner. „Das liegt aber eher am Schauglas. Wir können gerne mal eine Probe nehmen. Es ist optisch schon relativ klar und die UV-Desinfektion ist nochmal eine Absicherung als finale Barriere gegen pathogene Keime, beziehungsweise Mikroorganismen.“
Markus Büttner steht mit einer Wasserflasche in der Hand auf dem Gelände der Kläranlage Schweinfurt und schaut in die Kamera.
Umweltingenieur Markus Büttner betreut das Projekt "Nutzwasser". Daduch soll eine neue Wasserressource erschlossen werden.© Deutschlandradio / Heiner Kiesel
Deutschland gilt als ein relativ privilegiertes Land, was die Versorgung mit sauberem Wasser angeht. Die Zahlen des Bundesumweltamtes zu den Grundwasservorräten – in der Wasserwirtschaft spricht man vom Wasserdargebot – wirken beruhigend. 25 Milliarden Kubikmeter werden jedes Jahr entnommen – fünfmal so viel ist noch im Boden. Es gibt bis auf regionale Ausnahmen, so die Behörde, keine Probleme.

Weniger Regen aufgrund von Klimawandel

Der Grundwasserökologe Hans Jürgen Hahn von der Universität Koblenz-Landau ist weniger gelassen. „Im Moment ist die Situation etwas brenzlig, angesichts der langen Trockenheit, die wir jetzt schon haben“, sagt er. „Aber das sind eher Einzelaspekte, den langfristig gesehen, was wesentlich gravierender ist, haben wir eine ganz klare Tendenz zu weniger Wasser in der Landschaft und zu weniger Grundwasserneubildung. Das macht in Süddeutschland in den letzten 20 Jahren eine Verringerung von 25 Prozent aus.“
Der Klimawandel hat die Niederschlagsmuster verändert. Es regnet heftiger, aber weniger im Sommer. Hahn fordert, dass Städte und Landschaften dazu ertüchtigt werden, mehr Regenwasser aufzunehmen – durch weniger versiegelte Flächen und Rückhaltung von Niederschlägen zum Beispiel.

Wassersparen ist angesagt

Aber auch Wassersparen ist angesagt. Solche Vorschläge gibt es auch in der neuen nationalen Wasserstrategie des Bundesumweltministeriums. Derzeit geht ein Entwurf durch die Ministerien zur Abstimmung. Erklärtes Ziel: Dass auch in 30 Jahren noch ausreichend Wasser für alle da ist.
Hahn kommentiert das zurückhaltend. „Da werden sehr schöne Ziele formuliert, aber das Entscheidende ist ja auch, dass diese Ziele auch umgesetzt werden können“, sagt er. „Wir haben ähnliches bei der nationalen Biodiversitätsstrategie erlebt. Die hatte auch sehr schöne Ziele formulierte, mit Jahresangaben, wann die erreicht sein sollten. Darüber sind wir schon lange hinaus, ohne dass sich viel geändert oder verbessert hätte. Das sollten wir beim Wasser unbedingt vermeiden.“
Was Hahn inzwischen besonders beunruhigt, ist der Anteil von geklärtem Abwasser der in Flüsse und Seen gelangt, während diese Oberflächengewässer immer weiter zurückgehen. „Wir sehen zunehmend – und das ist ein ganz neuer Aspekt, der in die Diskussion reinkommt, eine Verbindung zwischen der Wassermenge, die sich reduziert durch den Klimawandel und der Wasserqualität: Ich sehe, dass wir in vielen Fließgewässer sehr hohe Kläranlagenanteile finden. Man spricht da von Klarwasser. Bis zu 100 Prozent in kleineren Fließgewässern. Und dass bei uns in zunehmendem Maße Kläranlagenwasser ins Grundwasser verklappt wird.“

Klarwasser sollte sauberer werden

Es wäre angesichts dieses Problems wahrscheinlich sinnvoll, das Klarwasser der Kläranlagen noch sauberer zu bekommen. So wie das bei dem Nutzwasserprojekt in Schweinfurt erprobt wird.
Büttner ist fertig mit seiner Führung durch die Container mit Filter- und Reinigungsapparaturen. Was da rauskommt, wird an Bäumen und Blumen ausprobiert. „Das wäre unser Gewächshaus und die Freilandfläche daneben“, zeigt Büttner. „Aktuell haben wir Honigmelonen gepflanzt.“ Ein großer Teil landet in den Beeten einer 25 Meter langen Halle. Die Melonen sind reif.
Wenn die Analysen der Früchte positiv ausfallen, soll die Anlage schließlich das Wasser für eine geplante Landesgartenschau, das Stadtgrün und zwei Sportplätze liefern. Irgendwann sollen es auch die Landwirte ringsum benutzen.
Das käme die aber teurer als das bislang fast gratis gelieferte Grundwasser. Wegen der Qualität hätte Umweltingenieur Markus Büttner keine Bedenken. „Es handelt sich nicht um Trinkwasser, auch per Definition nicht. Wir erreichen eine gute, bis sehr gute Wasserqualität. Das bedeutet, dass die TU München, die das Wasser auf Spurenstoffe als Indikatorparameter untersucht hat – und von den 30 Stoffen lag kein Parameter über zehn Nanogramm pro Liter.“ Das sei schon so gut wie nicht vorhanden.

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