Was tun mit dem Thun?
In der EU wird erbittert um den Schutz des Roten Thunfischs gestritten. Frankreich stimmte jetzt einem Handelsverbot zu, aber nur, wenn es erst in anderthalb Jahren in Kraft tritt. Derweil befürchten französische Fischer finanzielle Einbußen.
Wenn es mit dem Abfischen des Thuns so weitergeht wie bisher, dann dürfte der Thunfischsalat bald das gleiche Schicksal erleiden wie die Schildkrötensuppe: Er wird von der Speisekarte verschwinden. Um bei sinkenden Fangmengen den Bedarf zu decken, werden inzwischen Schwärme von kleinen Thunfischen eingefangen und dann zu den Mästereien in Küstennähe geschleppt. Der Fisch geht nach Japan, dort bringt ein gemästeter Thun zigtausende von Dollar.
Früher, also in jenen Zeiten, als die Natur noch in Ordnung war, da wurden die Tiere mit Netzen eingekreist und an der Oberfläche zusammengetrieben. Dann stachen die Fischer mit Enterhaken auf die panischen Fische ein, bis sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Blutbad nahmen. Mattanza nannte sich dieses Schlachtfest, oder besser gesagt das Massaker. Anders in den Mästereien. Da wird die Schlachtung Schritt für Schritt optimiert – denn bei den abenteuerlichen Preisen darf die Ware keinen Makel haben.
In der bisherigen Form ist die industrielle Mast allerdings keine Lösung. Im Gegensatz zur echten Aquakultur gibt es keine Aufzucht von Brut. Und genau das muss sich ändern. Der Thun wird letztlich nur dann als Wildfisch überleben, wenn es uns gelingt, ihn für Speisezwecke zu domestizieren, also ihn in Gefangenschaft über eine unbegrenzte Zahl von Generationen zu züchten. Doch um welchen Preis?
Nehmen wir zur Orientierung die Domestizierung unserer Haustiere. Als das Pferd ein Haustier wurde, waren die ökologischen Folgen dramatisch. Denn das Pferd half als Arbeitstier die Wälder zu roden. Erst dadurch wurde Landwirtschaft möglich. Aus der Wildnis entstand unsere Kulturlandschaft, so wie wir sie heute kennen. Die Domestizierung hat auch die Tiere umgestaltet. Die Wildform unseres Haushuhns, das Bankivahuhn, legt im Jahr gerade mal 20 kleine Eier. Moderne Legehennen sind dagegen reine High-Tech-Legemaschinen mit Monster-Eiern, mit einem Ausstoß von 260 Stück pro Jahr. Damit ist ein modernes Huhn weit produktiver als ganze Herden von Wildhühnern.
All das ist noch gar nichts im Vergleich zum Haushund. Der hat wohl am meisten unter dem Menschen gelitten: Solange er nur als Speisehund diente, damit beginnt nämlich seine Geschichte als Nutztier, hielten sich die Folgen in Grenzen – aber als Gefährte des Menschen, da wurden zahllose obskure Rassen gezüchtet, wie krummbeinige Dackel, damit sie in die Erdhöhlen von Dachsen passen, Boxer mit defekter Schnauze, die nicht mehr richtig fressen können bis hin zu Handtaschenpinschern als Modeaccessoire.
Bisher hatte jede Domestizierung weitreichende Folgen, aber sie hat stets zum Wohlstand und zum Wohlbefinden des Menschen beigetragen. Wie wird's den Fischen ergehen? Vermutlich so wie Rind oder Schwein. Die Futterverwertung wird optimiert, ja sie muss optimiert werden, was vor allem der Umwelt zugute kommt. Das Verhalten der Tiere wird so umgezüchtet, dass sie in der Lage sind, ihr neues Los ohne Leistungseinbuße zu ertragen. Ob sich das beim Thun alles realisieren lässt, bleibt abzuwarten. Die schnellsten Erfolge sind bei den Buntbarschen zu erwarten, bei den Tilapien.
Nur so wird es uns Menschen möglich sein, das Meer nicht mehr als Jagdrevier zu betrachten – Vergleichbar dem Wald, er hat in unseren Breiten seine Bedeutung als Fleischlieferant verloren, der Wald dient der Erholung. Nur durch die Domestizierung des Fischs wird es möglich sein, die Bestände an Wildfisch zu erhalten. Die Aquakultur entwickelt sich zu moderner Landwirtschaft im Meer – damit beginnt ein neues Kapitel in der Ernährungsgeschichte der Menschheit. Mahlzeit!
Literatur:
Bilio M: Rettung der Wildfischbestände durch Aquakultur und Domestikation. Naturwissenschaftliche Rund¬schau 2010; 63: 66-75
de la Gándara F, Ortega A: Eight years of research on bluefin tuna (Thunnus thynnus) culture at the Spanish Institute of Oceanography (IEO). Proceedings of the Aquaculture Europe 2008; Krakau: 185-186
Savolainen P et al. Genetic evidence for an East Asien origin of domestic dogs. Science 2002; 298: 1610-1613
Grzimek B: Grzimeks Tierleben. Weltbild, Augsburg 2000
Früher, also in jenen Zeiten, als die Natur noch in Ordnung war, da wurden die Tiere mit Netzen eingekreist und an der Oberfläche zusammengetrieben. Dann stachen die Fischer mit Enterhaken auf die panischen Fische ein, bis sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Blutbad nahmen. Mattanza nannte sich dieses Schlachtfest, oder besser gesagt das Massaker. Anders in den Mästereien. Da wird die Schlachtung Schritt für Schritt optimiert – denn bei den abenteuerlichen Preisen darf die Ware keinen Makel haben.
In der bisherigen Form ist die industrielle Mast allerdings keine Lösung. Im Gegensatz zur echten Aquakultur gibt es keine Aufzucht von Brut. Und genau das muss sich ändern. Der Thun wird letztlich nur dann als Wildfisch überleben, wenn es uns gelingt, ihn für Speisezwecke zu domestizieren, also ihn in Gefangenschaft über eine unbegrenzte Zahl von Generationen zu züchten. Doch um welchen Preis?
Nehmen wir zur Orientierung die Domestizierung unserer Haustiere. Als das Pferd ein Haustier wurde, waren die ökologischen Folgen dramatisch. Denn das Pferd half als Arbeitstier die Wälder zu roden. Erst dadurch wurde Landwirtschaft möglich. Aus der Wildnis entstand unsere Kulturlandschaft, so wie wir sie heute kennen. Die Domestizierung hat auch die Tiere umgestaltet. Die Wildform unseres Haushuhns, das Bankivahuhn, legt im Jahr gerade mal 20 kleine Eier. Moderne Legehennen sind dagegen reine High-Tech-Legemaschinen mit Monster-Eiern, mit einem Ausstoß von 260 Stück pro Jahr. Damit ist ein modernes Huhn weit produktiver als ganze Herden von Wildhühnern.
All das ist noch gar nichts im Vergleich zum Haushund. Der hat wohl am meisten unter dem Menschen gelitten: Solange er nur als Speisehund diente, damit beginnt nämlich seine Geschichte als Nutztier, hielten sich die Folgen in Grenzen – aber als Gefährte des Menschen, da wurden zahllose obskure Rassen gezüchtet, wie krummbeinige Dackel, damit sie in die Erdhöhlen von Dachsen passen, Boxer mit defekter Schnauze, die nicht mehr richtig fressen können bis hin zu Handtaschenpinschern als Modeaccessoire.
Bisher hatte jede Domestizierung weitreichende Folgen, aber sie hat stets zum Wohlstand und zum Wohlbefinden des Menschen beigetragen. Wie wird's den Fischen ergehen? Vermutlich so wie Rind oder Schwein. Die Futterverwertung wird optimiert, ja sie muss optimiert werden, was vor allem der Umwelt zugute kommt. Das Verhalten der Tiere wird so umgezüchtet, dass sie in der Lage sind, ihr neues Los ohne Leistungseinbuße zu ertragen. Ob sich das beim Thun alles realisieren lässt, bleibt abzuwarten. Die schnellsten Erfolge sind bei den Buntbarschen zu erwarten, bei den Tilapien.
Nur so wird es uns Menschen möglich sein, das Meer nicht mehr als Jagdrevier zu betrachten – Vergleichbar dem Wald, er hat in unseren Breiten seine Bedeutung als Fleischlieferant verloren, der Wald dient der Erholung. Nur durch die Domestizierung des Fischs wird es möglich sein, die Bestände an Wildfisch zu erhalten. Die Aquakultur entwickelt sich zu moderner Landwirtschaft im Meer – damit beginnt ein neues Kapitel in der Ernährungsgeschichte der Menschheit. Mahlzeit!
Literatur:
Bilio M: Rettung der Wildfischbestände durch Aquakultur und Domestikation. Naturwissenschaftliche Rund¬schau 2010; 63: 66-75
de la Gándara F, Ortega A: Eight years of research on bluefin tuna (Thunnus thynnus) culture at the Spanish Institute of Oceanography (IEO). Proceedings of the Aquaculture Europe 2008; Krakau: 185-186
Savolainen P et al. Genetic evidence for an East Asien origin of domestic dogs. Science 2002; 298: 1610-1613
Grzimek B: Grzimeks Tierleben. Weltbild, Augsburg 2000