"Was nun, Mr. President?"
Anderthalb Jahre hat die Welt gebraucht, um Barack Obama kennenzulernen. Ein halbes Jahr lang dauerte der eigentliche Wahlkampf-Rausch - eine Zeit, in der gerade in Europa und in Deutschland der Kandidat verklärt, stilisiert und schier erdrückt wurde vor Zuneigung.
Dann wurde gewählt, sortiert und gefeiert - eine Woche lang Obama-Festspiele in Washington, Tage, an denen die USA vom politischen Glück geküsst schienen. In Deutschland biederte sich der Außenminister mit einem öffentlichen Liebensbrief an. Die Unionsfraktion verfasste, was man hierzulande besonders gut kann: ein Positionspapier.
Und jetzt ist gut damit. Der politische Advent ist vorüber, der amerikanische Messias ist geboren, das Vakuum wieder gefüllt, das George Bush mit seiner Regierung über die vergangenen Monate erzeugt hat. Vorbei auch die Zeit, in der Barack Obama als Prophet auftreten konnte. Jetzt ist er der Präsident. Präsident ist schwieriger als Prophet. Als Präsident muss er nicht nur versprechen, er muss auch einlösen.
Ein Versprechen hat Obama bereits durch seine Person erfüllt. Dieser Präsident hat radikal aber scheinbar mühelos den Ton gewechselt, das politische Grundrauschen. Alles, was sich da in Jahren an Sprachlosigkeit, Unmut, Zorn, ja manchmal auch Hass aufgestaut hat, ist plötzlich verflogen. Der Ton macht die Musik, auch in der Politik, und da darf man ganz offen dankbar sein über die neue Nachdenklichkeit im Weißen Haus. Da sitzt nun ein Mann im Oval Office, der verstanden hat, dass sich Amerikas Stärke nicht aus Kraftmeierei ergibt. Da sagt einer in seiner Antrittsrede, dass Amerika nur Vorbild sein kein, wenn es sich vorbildlich verhalte. "Einer Nation wird es nicht wohl ergehen, wenn sie nur die Wohlhabenden bevorzugt", rief er den zwei Millionen auf der Washingtoner Mall zu – das sind in amerikanischen Ohren fast schon sozialistische Sätze.
Oder zur Sicherheitspolitik: "Es ist falsch, wenn wir uns zwischen unserer Sicherheit und unseren Idealen entscheiden müssen." Ein Satz wie in Stein gehauen, ein Satz, der sechs, sieben Jahre Bush-Doktrin wegfegt, eine Doktrin, die sehr wohl Sicherheit auf Kosten von Idealen suchte – siehe die Abhör- und Antiterrorgesetze, siehe natürlich Guantanamo. Obama sagt, dass "unsere Macht alleine uns nicht schützen kann, dass sie uns nicht erlaubt, zu tun was wir wollen". Man muss diese Sätze immer und immer wiederholen, weil sie von einer neuen Eindringlichkeit und Klarheit sind, weil sie einer neuen Philosophie entspringen. Auf dieser Basis lässt sich arbeiten, auf dieser Basis funktionieren Bündnisse.
Genau hier aber wird es kompliziert. Irgendwann nämlich sind der großen Worte genug gesprochen, irgendwann muss gehandelt werden. An diesem Punkt stehen wir jetzt.
Wenn die Regierungschefs ihre Glückwunschadressen ausgetauscht und die ersten Telefonate überstanden haben, dann wird es Zeit, die Probleme anzugehen. Die sind, wenn man etwa Guantanamo nimmt, sehr vertrackt.
Es ist ja nicht so, dass die Regierung Bush in den letzten zwei Jahren ignorant ihrem Ansehens- und Machtverlust in der Welt zugesehen hätte. Auch die Bushisten suchten nach einem Ausweg aus dem Guantanamo-Dilemma, aber sie konnten keine Hilfe erwarten. Sie waren belastet.
Nun hat sich die Regierung Obama am ersten Tag per Dekret das System Guantanamo beendet – aber so einfach lässt sich die Sache nicht aus der Welt schaffen. Auch Obama braucht Hilfe. In Guantanamo sitzen 250 Häftlinge, die sich bis zu sieben Jahre in einem juristischen Vakuum gehalten wurden. Ihre Schicksale lassen sich häufig nicht vor einem öffentlichen Gericht verhandeln, entweder weil es gar keinen Grund gibt für eine Anklage, oder weil die Beweise nicht öffentlich gemacht werden können, ohne dass andere Menschen – Tipgeber oder Spione – gefährdet würden.
Viele der Fälle lassen sich nicht per Dekret entscheiden. Es wird Inhaftierte geben, deren Gesinnung Anlass zur Sorge gibt, die aber keine strafrechtlich belegbare Schuld auf sich geladen haben. Manche werden in die USA als Asylsuchende wollen, andere gerade nicht. Hier steht auch die deutsche Regierung in der Pflicht, ihren Beitrag zu einer Lösung zu leisten. Der Innenminister und einige seiner Länderkollegen mögen reflexartig zucken, aber sie sollten zweimal nachdenken.
Und Guantanamo ist nur der Anfang. Es folgen: Afghanistan, Klimapolitik, die Nato-Strategie, eine neue Russland-Politik, nukleare Abrüstung, Handelsfragen, und, und, und. "A new era of responsibility" rief er aus, dieser Präsident – ein neue Ära der Verantwortung. Nun aber braucht es keine Überschriften mehr, nun müssen die Kapitel gefüllt werden.
Und jetzt ist gut damit. Der politische Advent ist vorüber, der amerikanische Messias ist geboren, das Vakuum wieder gefüllt, das George Bush mit seiner Regierung über die vergangenen Monate erzeugt hat. Vorbei auch die Zeit, in der Barack Obama als Prophet auftreten konnte. Jetzt ist er der Präsident. Präsident ist schwieriger als Prophet. Als Präsident muss er nicht nur versprechen, er muss auch einlösen.
Ein Versprechen hat Obama bereits durch seine Person erfüllt. Dieser Präsident hat radikal aber scheinbar mühelos den Ton gewechselt, das politische Grundrauschen. Alles, was sich da in Jahren an Sprachlosigkeit, Unmut, Zorn, ja manchmal auch Hass aufgestaut hat, ist plötzlich verflogen. Der Ton macht die Musik, auch in der Politik, und da darf man ganz offen dankbar sein über die neue Nachdenklichkeit im Weißen Haus. Da sitzt nun ein Mann im Oval Office, der verstanden hat, dass sich Amerikas Stärke nicht aus Kraftmeierei ergibt. Da sagt einer in seiner Antrittsrede, dass Amerika nur Vorbild sein kein, wenn es sich vorbildlich verhalte. "Einer Nation wird es nicht wohl ergehen, wenn sie nur die Wohlhabenden bevorzugt", rief er den zwei Millionen auf der Washingtoner Mall zu – das sind in amerikanischen Ohren fast schon sozialistische Sätze.
Oder zur Sicherheitspolitik: "Es ist falsch, wenn wir uns zwischen unserer Sicherheit und unseren Idealen entscheiden müssen." Ein Satz wie in Stein gehauen, ein Satz, der sechs, sieben Jahre Bush-Doktrin wegfegt, eine Doktrin, die sehr wohl Sicherheit auf Kosten von Idealen suchte – siehe die Abhör- und Antiterrorgesetze, siehe natürlich Guantanamo. Obama sagt, dass "unsere Macht alleine uns nicht schützen kann, dass sie uns nicht erlaubt, zu tun was wir wollen". Man muss diese Sätze immer und immer wiederholen, weil sie von einer neuen Eindringlichkeit und Klarheit sind, weil sie einer neuen Philosophie entspringen. Auf dieser Basis lässt sich arbeiten, auf dieser Basis funktionieren Bündnisse.
Genau hier aber wird es kompliziert. Irgendwann nämlich sind der großen Worte genug gesprochen, irgendwann muss gehandelt werden. An diesem Punkt stehen wir jetzt.
Wenn die Regierungschefs ihre Glückwunschadressen ausgetauscht und die ersten Telefonate überstanden haben, dann wird es Zeit, die Probleme anzugehen. Die sind, wenn man etwa Guantanamo nimmt, sehr vertrackt.
Es ist ja nicht so, dass die Regierung Bush in den letzten zwei Jahren ignorant ihrem Ansehens- und Machtverlust in der Welt zugesehen hätte. Auch die Bushisten suchten nach einem Ausweg aus dem Guantanamo-Dilemma, aber sie konnten keine Hilfe erwarten. Sie waren belastet.
Nun hat sich die Regierung Obama am ersten Tag per Dekret das System Guantanamo beendet – aber so einfach lässt sich die Sache nicht aus der Welt schaffen. Auch Obama braucht Hilfe. In Guantanamo sitzen 250 Häftlinge, die sich bis zu sieben Jahre in einem juristischen Vakuum gehalten wurden. Ihre Schicksale lassen sich häufig nicht vor einem öffentlichen Gericht verhandeln, entweder weil es gar keinen Grund gibt für eine Anklage, oder weil die Beweise nicht öffentlich gemacht werden können, ohne dass andere Menschen – Tipgeber oder Spione – gefährdet würden.
Viele der Fälle lassen sich nicht per Dekret entscheiden. Es wird Inhaftierte geben, deren Gesinnung Anlass zur Sorge gibt, die aber keine strafrechtlich belegbare Schuld auf sich geladen haben. Manche werden in die USA als Asylsuchende wollen, andere gerade nicht. Hier steht auch die deutsche Regierung in der Pflicht, ihren Beitrag zu einer Lösung zu leisten. Der Innenminister und einige seiner Länderkollegen mögen reflexartig zucken, aber sie sollten zweimal nachdenken.
Und Guantanamo ist nur der Anfang. Es folgen: Afghanistan, Klimapolitik, die Nato-Strategie, eine neue Russland-Politik, nukleare Abrüstung, Handelsfragen, und, und, und. "A new era of responsibility" rief er aus, dieser Präsident – ein neue Ära der Verantwortung. Nun aber braucht es keine Überschriften mehr, nun müssen die Kapitel gefüllt werden.