Was ist Zeit und wie können wir sie besser nutzen?

Meist haben wir viel zu wenig davon – und kaum genießen wir sie, zerrinnt sie uns zwischen den Fingern: Die Zeit. Der Tag scheint uns zu kurz, die Liste der Erledigungen zu lang, die Uhr hetzt uns unerbittlich von Termin zu Termin. Und abends fragen wir uns erschöpft: Wo sind die Stunden geblieben?
Mehr als ein Drittel aller Deutschen gibt an, oft unter Zeitnot zu leiden. Und das, obwohl uns weit mehr technische Helfer zur Verfügung stehen, als den Generationen vor uns.

"Wir sind häufig nicht gestresst, weil wir keine Zeit haben. Sondern: Wir haben keine Zeit, weil wir gestresst sind", sagt Stefan Klein. Der Journalist, Physiker und Philosoph hat sich – nach seinem Bestseller "Die Glücksformel" – erneut eines drängenden Themas angenommen: Der Zeit beziehungsweise unserer Wahrnehmung derselben.

In "Zeit – Der Stoff aus dem das Leben ist" - gerade im S. Fischer Verlag erschienen – räumt er mit hartnäckigen Vorurteilen auf. Zum Beispiel, dass die Uhr Grund allen Übels sei. "Wir machen sie uns zur Geißel, aber im Grunde ist die Uhr nur ein Werkzeug, um unser Zusammenleben zu organisieren. Das ist erst einmal nichts Schlechtes, sondern es ist schön, wenn ich zum Kaffeetrinken nach Hamburg fahre und der ICE fährt nach Zeitplan. Das geht nicht ohne minutiösen Takt."

Nicht die Uhr sei das Problem, so Klein, sondern wie wir mit ihr umgehen. "Was mich fasziniert hat, ist der Umstand, dass die Zeit, die wir erleben, viel weniger mit der Uhr zu tun hat, als wir glauben. Dass wir es selbst sind, die die Zeit machen. Das müssen wir uns nur mal bewusst machen." Diese Erkenntnis bleibe nicht ohne Folgen: "Es würde uns zunächst besser gehen. Der Stress kommt ja daher, dass die Menschen das Gefühl haben, ihre Lebensumstände nicht kontrollieren zu können. Aber wir können es, wenn wir uns bewusst sind, was Zeit bedeutet. Und wenn wir eine Strategie entwickeln, sie zu nutzen. Das war eine der wichtigsten Entdeckungen für mich. Wie sehr wir unser eigenes Zeitempfinden steuern können. Viel mehr übrigens als unser Glücksempfinden."

Klein, der in seinem Buch auch neueste neurobiologische Erkenntnis verarbeitet, plädiert für eine neue Kultur im Umgang mit der Zeit "Es gibt etwas wie eine innere Zeit. Die entsteht in jedem Menschen. Das ist etwas Individuelles. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir keinesfalls getrieben sind von einem äußeren Takt, der für alle gilt." So gebe es Morgen- und Abendmenschen - die Arbeitswelt, aber auch das Familienleben würde wesentlich besser funktionieren, wenn jeder nach seinem Rhythmus leben könne.
Realitätsferne Utopie oder tatsächlich eine "Gebrauchsanleitung", wie es im Untertitel seines Buches heißt?

"Was ist Zeit und wie können wir sie besser nutzen?" Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9:07 Uhr bis 11 Uhr gemeinsam mit Stefan Klein, in der Sendung "Radiofeuilleton – Im Gespräch". Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der kostenlosen Telefonnummer 00800/22542254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen über Stefan Klein im Internet: www.stefanklein.info
Literaturtipp: Stefan Klein: "Zeit. Der Stoff, aus dem das Leben ist", S. Fischer Verlag 2006