Was ist Film?

Von Noemi Schneider · 16.02.2011
Was ist Film? Dieser Frage und den vielfältigen Antworten auf sie hat sich eine Sektion der Berlinale voll und ganz verschrieben: das Forum Expanded.
Ein Nachmittag im Arsenal Kino. "Generations" heißt die Veranstaltung, mit der die jüngste Sektion der Berlinale, das Forum Expanded eröffnet wird. Zu Gast sind die amerikanische Avantegarde Film-Pionierin Barbara Hammer und ihre junge Kollegin Gina Carducci.

Sie zeigen ihre neusten Arbeiten in der Sektion der Berlinale, die extra für filmische Arbeiten geschaffen wurde, die auch mal den Kinosaal verlassen wollen, erklärt die Kuratorin Stefanie Schulte Strathaus.

"Damals war der Anlass, dass wir es immer mehr mit Arbeiten zu tun bekommen haben, die eingereicht wurden als Filme, aber offensichtlich doch für eher andere Räume gedacht waren, für Installationen gedacht waren oder Teile von Performances waren. Wir hatten dann die Möglichkeit auf diese Arbeiten zu verzichten oder ihnen eine Plattform zu geben, ihnen Raum zu schaffen. Insofern, dass wir dachten, dass viele dieser Arbeiten etwas Neues beitragen zum Kino, das Kino herausfordern, indem etwas von außen an das Kino herangetragen wird und das ist ja das, was wir beim Forum immer wollten, bei der Berlinale, dass Kino immer neu zu hinterfragen, Film neu zu hinterfragen. Deswegen haben wir also dieses Sonderprogramm eingerichtet, am Anfang auf ein Jahr erstmal, weil wir das auffangen wollten und es war so erfolgreich, dass es sich jetzt im 6. Jahr, doch zu einem festen Bestandteil der Berlinale etabliert hat."

Das Herzstück des Forum Expanded ist das Arsenalkino im Filmhaus am Potsdamer Platz, wo dem Besucher die Videoarbeiten des kanadischen Regisseurs Guy Maddin, den Weg weisen.

"Das sind die Hauntings II Berlin von Guy Maddin, es gibt auch Hauntings I, die sind in der kanadischen Botschaft zu sehen. Und beide Hauntings eine Serie von Videoarbeiten sind wiederum Bestandteil einer noch größeren und umfangreicheren Serie und Ausstellung die in Toronto noch gezeigt wird. Und Guy Maddin, ist ein sehr experimenteller, surrealer, meist in schwarz weiß arbeitender Filmemacher, der sich immer sehr stark mit dem Stummfilm beschäftigt hat und mit der Vergangenheit, mit Traumata aus der Vergangenheit und deswegen heißen diese Arbeiten auch Hauntings. Es geht um Filmgeschichte, die entweder verloren gegangen ist oder nie entstanden ist. Es kann sich aber auch um Filmgeschichte handeln, die vielleicht nie hätte existieren sollen, aber die in Guy Maddins Fantasie Realität ist das weiß man bei ihm nie so genau, er hat sozusagen Filmgeschichte rekonstruiert aus seiner Fantasie heraus."

Neben Performances, Ausstellungen, Diskussionsrunden und History Lessons an verschiedenen Orten feiern im Forum Expanded auch einige wenige Filme ihre Premiere im Kino, wie Rainer Kirbergs Filmkunstfilm "Das schlafende Mädchen". Ein Film über den fiktiven Beuys Schüler Hans, der im Düsseldorf der 70er-Jahre die Kunst und das Leben mit einer Videokamera dokumentiert.

Guten Tag, ich stehe hier am Eingang der Kunstakademie und habe eine Frage mitgebracht. Verzeihen Sie, sind Sie Künstler?
- Ne, Kunsttheoretiker.
- Dann können Sie mir doch bestimmt sagen, was Kunst ist?
- Hegel sagt, das Schöne ist das sinnliche scheinen der Idee aber Adorno hält ihm entgegen, dass es heute auf die Kraft der Negativität ankommt, die der Kunst immanent ist. Für Heidegger wiederum ist Kunst das, sich ins Werk setzen der Wahrheit, das Seiende.
- Ah, hochinteressant, danke.


Neben Kunstdiskursen versucht Kirbergs Film, das schier Unmögliche -Kunst zu visualisieren, also die Leinwand im doppelten Sinne zu nutzen.
Ein Film über Kunst, oder Film Kunst Herr Kirberg?

"Das Ideal, dem ich in diesem Film nachgeeifert hab, ist tatsächlich da eine Verbindung zu schaffen, die nicht mehr lösbar ist, eine Einheit zu schaffen, das es nicht ein Film über Kunst ist, sondern zugleich ein Film der Kunst ist."

Und das gelingt. Vor allem mit Hilfe eines Stoffhasen, der immer mal wieder im Bild auftaucht um die Kunst, die Künstler und den Film zu hinterfragen.

"Das kann natürlich ins Alberne abrutschen und ich bin sehr froh, dass unsere Schauspieler das geschafft haben, den mit so ner Selbstverständlichkeit einzubauen, dass er nicht jetzt als plakatives, liebenswertes Plüschtier, das sicher auch, aber gleichzeitig als eine Art selbstverständlicher Spielpartner funktioniert, in dem Film."

Von Hasen bis Hauntings reicht die Bandbreite des Forum Expanded und ob man im Kino sitzt oder vor einer Leinwand steht -diese Sektion gibt Aufschluss darüber was Film alles ist und was Film sein kann- ohne seine Ursprünge zu vergessen.

"We love coloured light projected, cause that's what cinema is, it could even be black and white"

um es mit Barbara Hammer zu sagen.