Was bringt der Dialog?

Von Ita Niehaus |
Interreligiöser Dialog - wenn es um das Miteinander der Religionen geht, sind immer viele und auch sehr unterschiedliche Erwartungen mit ihm Spiel. Vor allem dann, wenn es um Gespräche zwischen Christen und Muslimen geht.
Mirjam Elsel: "Musliminnen stellen in so einer Begegnungsrunde immer meistens die Frage: Habt ihr nun einen oder drei Götter? Und wenn Sie das die Teilnehmerinnen erklären lassen, haben Sie so viele Antworten wie Teilnehmerinnen in einem Raum sind. Und es geht eine riesige hitzige Diskussion los, was denn jetzt wohl richtig ist – und das finde ich unheimlich spannend, an dieser Vielfalt zu lernen."

Shima Haji Anzehai: "Unsere Sehnsucht nach Frieden bringt uns immer dazu, dass wir uns trotz aller Probleme und trotz Unterschiede an einen Tisch setzen und versuchen immer, unsere Probleme gemeinsam zu lösen."

Die Theologin Mirjam Elsel und die Orientalistik Studentin Shima Haji Anzehai engagieren sich in der Interreligiösen Fraueninitiative Bamberg. Das Ziel: den Austausch von christlichen, muslimischen und jüdischen Frauen zu fördern. Dieser Ort der Begegnung wurde bereits mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Ehrenpreis des Bürgerkulturpreises des Bayerischen Landtags. Ihre Erfahrung: ein Erfolgsrezept gibt es nicht. Interreligiöser Dialog braucht viel Zeit.

Mirjam Elsel: "Das erfordert Vorbereitung, eine gewisse Erfahrung und auch ne gute Moderation. Ich kann nicht einfach sagen, jetzt unterhaltet euch mal alle und das funktioniert dann."

Shima Haji Anzehai: "Wir haben manchmal auch Angst gehabt, über irgendwelche Themen zu sprechen, aber trotzdem haben wir uns getraut. Und Gott sei Dank ist immer überhaupt nicht alles schief gelaufen. Einer unser Erfolgsgründe war, dass wir immer offen waren."

Immer wieder stößt auch die Bamberger Fraueninitiative an ihre Grenzen. Bei politischen Themen etwa, wie zum Beispiel dem Gaza Konflikt, wird es schwierig. Gerade dann hat sich die Bereitschaft zu einem kritischen Dialog bewährt.

Mirjam Elsel: "Wichtig ist, sich Gedanken darüber gemacht zu haben, wie gehe ich miteinander um, wenn es dann kracht. Und es tut gut, das stelle ich fest bei uns im Team, da gibt es da mittlerweile eine Kultur, wir gehen wir damit um. Indem ich nur entdecke, ach wie schön, das ist vielleicht immerhin eine Bereicherung. Aber dass wirklich interreligiöses Lernen passiert, das merke ich immer wieder an erfolgreich durchgestandenen Konflikten."

Auch Ali-Nihat Koc, muslimischer Vorsitzender des bundesweiten Koordinierungsrates des Christlich-Islamischen Dialogs, macht sich stark für einen kritischen Dialog auf Augenhöhe.

Ali-Nihat Koc: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass dann wirklich auch danach so diese Ängste abgebaut werden, viele Gemeinsamkeiten dann entdeckt werden, die man vorher gar nicht wusste. Viele sagen, ich hätte gar nicht gedacht, dass der Islam auch so ist, dass Maria im Koran vorkommt, dass Jesus ein geehrter Prophet bei den Muslimen ist – ich denke, dass kann viel abbauen, dass man den anderen nicht mehr so als fremd, sondern als Bruder, als Schwester wie auch immer."

Gritt Klinkhammer: "Man muss eigentlich wissen, wo will man hin, man muss immer auch darüber reflektieren, wo stehen wir gerade, wo ist es eigentlich noch schwierig, wo wollen wir vielleicht hin - das muss miteinander austariert werden, sonst hat es keine wirkliche Tragfähigkeit."

Die Religionswissenschaftlerin Gritt Klinkhammer, Professorin an der Universität Bremen, erforscht die interreligiösen und interkulturellen Dialoginitiativen in Deutschland. Noch liegen keine abschließenden Ergebnisse vor, deutlich wurde unter anderem bereits: Es gibt rund 200 Initiativen- und das sind weniger als erwartet. Im Gegensatz zu den christlichen Dialogpartnern, häufig sind es Pastoren oder Theologen, arbeiten die Muslime fast ausschließlich ehrenamtlich. Ein großes Problem: die zunehmende Frustration.

Gritt Klinkhammer: "Einerseits aufseiten der Muslime nach 10, 15 Jahren Dialogarbeit ehrenamtlich sind manche erschöpft, haben das Gefühl nicht wirklich etwas erreicht zu haben. Es gibt noch die gleichen Fragen nach dem Kopftuch, auch was die Zusammenarbeit zwischen Staat und muslimischen Gemeinden angeht. Auf Seiten der christlichen Dialogteilnehmer, die ja oft auch hohe Erwartungen haben, auch in dem Wunsch etwas zu tun für die Möglichkeit einer besseren Partizipation der Muslime, ist eben auch die Frustration da."

Es fehlt, so Gritt Klinkhammer, an tatkräftiger Unterstützung und Anerkennung. Das Thema ist immer noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch die Vernetzung der Initiativen untereinander ist erst ansatzweise vorhanden.

Gritt Klinkhammer: "Wir sind dabei eine Datenbank anzulegen, sodass man sich gegenseitig austauschen kann. Denn es sollte nicht jede Initiative ihren Dialog neu erfinden müssen. Für die Verbesserung der Dialoge ist es sehr wichtig zu wissen, was machen die anderen, was ist erfolgreich und was nicht."

Mirjam Elsel: "Es gibt im interreligiösen Dialog keinen gradlinigen Erfolg."

Ali-Nihat Koc: "Wichtig für uns ist, dass unsere Mitgliedsvereinigungen im Vorstand Christen und Muslime dabei haben. Wenn wir uns schon für den Dialog einsetzen, dann müssen auch beide mit im Boot sitzen, und die Außenwirkung ist eine ganz andere, wenn sich beide für den Dialog einsetzen und da traut man sich auch mehr Fragen."