Warum Superman doch fliegen könnte
Superhelden können Dinge, die Normalsterblichen verwehrt sind: Sie verfügen über Superkräfte, können fliegen, haben den Röntgenblick und das Supergehör. Die Comicfiguren leben in einer Welt, die mit der realen nicht viel zu tun hat, möchte man meinen. Dass das ein Irrglaube, zeigt James Kakalios in "Die Physik der Superhelden", die übermenschlichen Fähigkeiten der gezeichneten Figuren folgen in vielen Fällen durchaus physikalischen Gesetzen.
Kakalios ist Professor für Physik an der Universität von Minnesota und ein Liebhaber der amerikanischen Comic-Kultur. Als Spielerei begann er Beispiele aus den Abenteuern der gezeichneten Superhelden in seine Seminare einzubauen und merkte: "Man kann aus Comicheften eine Menge über Naturwissenschaften lernen."
Natürlich werden auch die Fähigkeiten von Superman analysiert: Bei seinem ersten Erscheinen 1938 konnte er noch nicht fliegen, dafür aber über Gebäude von 200 Meter Höhe springen. Durchaus plausibel, meint Kakalios und kann es auch theoretisch nachweisen - vorausgesetzt, man hinterfragt nicht jene "wundersame Ausnahme", die zur Geschichte eines jeden Superhelden gehört und die eigentlich nicht mit unserem Weltverständnis vereinbar ist.
Superman beispielsweise stammt vom Planeten Krypton, seine Eltern setzten ihn als Kind in eine Rakete, da der Planet zu explodieren drohte - wenn man diese Geschichte als Voraussetzung akzeptiert, lässt sich die Geschwindigkeit errechnen, mit der er springt, 230 km/h. Kakalios rechnet vor, wie die Sprungkraft von der Schwerkraft und der Gravitation abhängt, die auf dem Planeten Krypton 15 mal stärker sein muss als auf der Erde. Der fiktive Superman springt auf der Erde herum, nach dem gleichen Prinzip wie die echten Astronauten auf dem Mond.
Kakalios skizziert in seinem Buch auch so etwas wie eine kleine Kulturgeschichte der Superhelden: Er zeigt, wie sie sich verändern, wie sie aufrüsten im Kampf gegeneinander und wie sich die gesellschaftlichen Entwicklungen in den Geschichten spiegeln. Die Entstehung eines Superhelden erscheint, so schreibt Kakalios, stets mehr oder weniger eng geknüpft an die zivilisatorischen Ängste der jeweiligen Epoche.
Die Originalversionen der Figuren in den 30er und 40er Jahren reflektierten die Lebensumstände während der Depressionszeit und des Zweiten Weltkrieges. In den späten fünfziger und sechziger Jahren werden vermehrt wissenschaftliche Sachverhalte in die Storys der Superhelden-Comics eingebaut, eine Reaktion auf den Sputnik-Schock, nachdem es der UdSSR 1956 als erstes gelungen war, einen Satelliten ins All zu schicken. Und eine Reaktion auf die zunehmende Kritik an den Comics, die viele Eltern schlichtweg für Schund hielten. Die Beimengung historischer und naturwissenschaftlicher Fakten zielte darauf ab, die Heftchen pädagogisch wertvoller erscheinen zu lassen. Mit "Physik der Superhelden" sind sie nun sogar zum Stoff eines naturwissenschaftlichen Lehrbuches geadelt worden.
James Kakalios schreibt mit ironischer Distanz, aber auch mit Respekt und viel Liebe zu den Figuren, die ihn selbst schon seit seiner Jugend begleiten: Superman, Batman, Spider-Man, Ant-Man, Flash und viele andere Gestalten der amerikanischen Comic-Welt. Es geht ihm nicht darum, die Superhelden zu entzaubern, er verwendet sie als Anschauungsmaterial für sein unterhaltsames Physiklehrbuch.
Wer eine genaue und vollständige Analyse der Fähigkeiten der einzelnen Comichelden erwartet, wird sich mit dem Aufbau des Buches allerdings vielleicht etwas schwer tun. Denn letztlich geht es Kakalios nicht um die Helden und ihre Superkräfte, sondern um einen anderen Zugang zu physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die unserer von Technologie geprägten Welt zugrunde liegen: Kraft und Bewegung, Elektrizität und Magnetismus, Quantenmechanik und Festkörperphysik.
Irgendwann landet er nach seinen theoretischen Ausführungen immer wieder bei den Superhelden, klärt zum Beispiel auch im Kapitel über "Energie", wie viel Flash essen muss, um seine enorme Laufgeschwindigkeit zu halten - 150 Millionen Cheeseburger. Flash müsste also eigentlich permanent Nahrung zu sich nehmen.
James Kakalios gelingt es über den Umweg der fiktiven Welt die Gesetze, nach denen die reale Welt funktioniert, verständlicher zu machen. Das macht er sehr souverän, obwohl seine Einführung in die Grundlagen der Physik dann doch nicht so einfach ist, wie er am Anfang des Buches verspricht. Comic-Heftchen lesen sich schneller.
James Kakalios: Physik der Superhelden
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Doris Gerstner und Christoph Hahn.
Verlag Rogner & Bernhard
39 Bilder. 472 Seiten. Fadenheftung. Fester Einband. 29,90 €.
Natürlich werden auch die Fähigkeiten von Superman analysiert: Bei seinem ersten Erscheinen 1938 konnte er noch nicht fliegen, dafür aber über Gebäude von 200 Meter Höhe springen. Durchaus plausibel, meint Kakalios und kann es auch theoretisch nachweisen - vorausgesetzt, man hinterfragt nicht jene "wundersame Ausnahme", die zur Geschichte eines jeden Superhelden gehört und die eigentlich nicht mit unserem Weltverständnis vereinbar ist.
Superman beispielsweise stammt vom Planeten Krypton, seine Eltern setzten ihn als Kind in eine Rakete, da der Planet zu explodieren drohte - wenn man diese Geschichte als Voraussetzung akzeptiert, lässt sich die Geschwindigkeit errechnen, mit der er springt, 230 km/h. Kakalios rechnet vor, wie die Sprungkraft von der Schwerkraft und der Gravitation abhängt, die auf dem Planeten Krypton 15 mal stärker sein muss als auf der Erde. Der fiktive Superman springt auf der Erde herum, nach dem gleichen Prinzip wie die echten Astronauten auf dem Mond.
Kakalios skizziert in seinem Buch auch so etwas wie eine kleine Kulturgeschichte der Superhelden: Er zeigt, wie sie sich verändern, wie sie aufrüsten im Kampf gegeneinander und wie sich die gesellschaftlichen Entwicklungen in den Geschichten spiegeln. Die Entstehung eines Superhelden erscheint, so schreibt Kakalios, stets mehr oder weniger eng geknüpft an die zivilisatorischen Ängste der jeweiligen Epoche.
Die Originalversionen der Figuren in den 30er und 40er Jahren reflektierten die Lebensumstände während der Depressionszeit und des Zweiten Weltkrieges. In den späten fünfziger und sechziger Jahren werden vermehrt wissenschaftliche Sachverhalte in die Storys der Superhelden-Comics eingebaut, eine Reaktion auf den Sputnik-Schock, nachdem es der UdSSR 1956 als erstes gelungen war, einen Satelliten ins All zu schicken. Und eine Reaktion auf die zunehmende Kritik an den Comics, die viele Eltern schlichtweg für Schund hielten. Die Beimengung historischer und naturwissenschaftlicher Fakten zielte darauf ab, die Heftchen pädagogisch wertvoller erscheinen zu lassen. Mit "Physik der Superhelden" sind sie nun sogar zum Stoff eines naturwissenschaftlichen Lehrbuches geadelt worden.
James Kakalios schreibt mit ironischer Distanz, aber auch mit Respekt und viel Liebe zu den Figuren, die ihn selbst schon seit seiner Jugend begleiten: Superman, Batman, Spider-Man, Ant-Man, Flash und viele andere Gestalten der amerikanischen Comic-Welt. Es geht ihm nicht darum, die Superhelden zu entzaubern, er verwendet sie als Anschauungsmaterial für sein unterhaltsames Physiklehrbuch.
Wer eine genaue und vollständige Analyse der Fähigkeiten der einzelnen Comichelden erwartet, wird sich mit dem Aufbau des Buches allerdings vielleicht etwas schwer tun. Denn letztlich geht es Kakalios nicht um die Helden und ihre Superkräfte, sondern um einen anderen Zugang zu physikalischen Gesetzmäßigkeiten, die unserer von Technologie geprägten Welt zugrunde liegen: Kraft und Bewegung, Elektrizität und Magnetismus, Quantenmechanik und Festkörperphysik.
Irgendwann landet er nach seinen theoretischen Ausführungen immer wieder bei den Superhelden, klärt zum Beispiel auch im Kapitel über "Energie", wie viel Flash essen muss, um seine enorme Laufgeschwindigkeit zu halten - 150 Millionen Cheeseburger. Flash müsste also eigentlich permanent Nahrung zu sich nehmen.
James Kakalios gelingt es über den Umweg der fiktiven Welt die Gesetze, nach denen die reale Welt funktioniert, verständlicher zu machen. Das macht er sehr souverän, obwohl seine Einführung in die Grundlagen der Physik dann doch nicht so einfach ist, wie er am Anfang des Buches verspricht. Comic-Heftchen lesen sich schneller.
James Kakalios: Physik der Superhelden
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Doris Gerstner und Christoph Hahn.
Verlag Rogner & Bernhard
39 Bilder. 472 Seiten. Fadenheftung. Fester Einband. 29,90 €.