Warum Kinderkriegen eine Bereicherung ist
Lange Zeit hat der "klassische" Feminismus Mutterschaft als Instrument der Unterdrückung der Frau interpretiert. Die US-Psychologin Daphne de Marneffe arbeitet jedoch in ihrem Buch "Die Lust Mutter zu sein" heraus, dass Kinder zu bekommen keine Beschränkung, sondern eine ungeheure Erweiterung weiblicher Erfahrungsmöglichkeiten sei. Damit eröffne sich für Frauen eine Quelle für die Erfahrung von Freude, Erfolg und Selbstausdruck.
Noch immer stecken die meisten Frauen hierzulande beruflich zurück, weil sie den Hauptteil der Versorgung ihrer Kinder und des Haushaltes übernehmen. Für Schlagzeilen sorgen zudem Karrierefrauen, die als Mütter bewusst den Beruf aufgeben, um sich mit ganzer Kraft ihren Kindern zu widmen. Öffentlich wird dies in der Regel als Ausdruck unserer frauenpolitischen Rückständigkeit angeprangert. Dabei ist dies keine typisch deutsche Besonderheit.
Auch den USA ist dieses Phänomen längst vertraut und hat bereits in vielen Büchern seinen Niederschlag gefunden. Beispielsweise bei der Top-Journalistin Ann Crittenden. Bis zu ihrem vierzigsten Lebensjahr machte sie als überzeugte Kinderlose Karriere bei der New York Times. Stets hatte sie dabei überlegen auf Vollzeitmütter herabgeblickt. Als sie schließlich doch noch selbst Kinder bekam, staunte sie über ihre eigenen Reaktionen:
"Ich verliebte mich hoffnungslos in dieses kleine neue Wesen, mit einer Intensität, die viele Mütter als 'vernarrt' bezeichnen würden. Ich hatte in meinem Leben viele Reisen unternommen, aber diese hier war die exotischste von allen. (...) Die erste Überraschung stellte sich ein, als ich merkte, wie hart und zugleich unglaublich befriedigend Mutterschaft ist... Die zweite Überraschung (...) kam, als ich merkte, wie wenig meine frühere Welt von der komplexen Realität, die ich entdeckte, verstand oder verstehen wollte."
Diese umwerfende Erfahrung, so die US-Psychologin Daphne de Marneffe in ihrem Buch "Die Lust Mutter zu sein", ist kein Einzelfall. Vielmehr verweise er exemplarisch auf das tief reichende Verlangen von Frauen, Mutter zu sein. Ein Verlangen, das das Leben und die Persönlichkeitsentwicklung der Frauen genauso tief präge, wie ihre Sexualität. Fatalerweise werde dies jedoch in der öffentlichen Debatte und von vielen Frauen selbst auf vielfältige Weise verdrängt.
Wird hier der Rückfall in den schieren Biologismus propagiert? Die Aufgabe der mühsam erkämpften Rechte für Frauen auf gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben und der Erwerbsarbeit gefordert? - Nichts von alledem! Im Gegenteil: De Marneffe verteidigt die durch den Feminismus erzielten Erfolge. Allerdings will sie die historisch bedingte Einseitigkeit seiner Vordenkerinnen um einen zentralen Gesichtspunkt erweitern:
"Während sie die Vergangenheit durch eine moderne Brille betrachten, beschäftigen sie sich vornehmlich mit der Frage, was es für Frauen bedeutete, auf Erwerbsarbeit zu verzichten, um für ihre Kinder zu sorgen, jedoch nur ganz am Rande, was es für Frauen bedeutete, auf die Versorgung ihrer Kinder verzichten zu müssen, um zu arbeiten"
Um in die von Männern beherrschten Bastionen des öffentlichen Lebens und der Erwerbsarbeit vorzudringen, hätten die maßgeblichen Feministinnen die Mutterschaft und das Bedürfnis nach persönlicher Kinderbetreuung zum eigentlichen Hindernis des frauenpolitischen Fortschritts erklärt und deshalb abgewertet. Systematisch arbeitet die US-Psychologin aus den einschlägigen Schriften das darin gezeichnete trostlose Mutterbild heraus: Von der Haus- und Familienarbeit als stumpfsinniger Plackerei und Masochismus oder von Mutterschaft als Ausdruck der Fügsamkeit und Unterwürfigkeit gegenüber einem von Männern definierten Frauenbild - kurz: Mutterschaft als männlicher Form der Frauenunterdrückung und deshalb als Gegenteil des weiblichen Anspruchs auf Selbstbestimmung.
Tatsächlich hält keine dieser Zuschreibungen der kritischen Prüfung von de Marneffe stand. Gestützt auf fundamentale Arbeiten zur Mutter-Kind- und Bindungsforschung und auf ihre eigene psychologische Beratungstätigkeit arbeitet sie ein ganz anderes Bild von Mutterschaft heraus:
"Ein Kind zu bekommen schafft nicht nur ein physisches Wesen, sondern auch eine Beziehung zwischen zwei Menschen. Das Verlangen, Mutter zu sein, ist unter anderem das Verlangen, teilzuhaben an dieser Beziehung und an der Schaffung einer anderen menschlichen Persönlichkeit durch unsere einzigartigen Fähigkeiten, durch unsere eigene Persönlichkeit."
Damit eröffne sich für Frauen eine Quelle für die Erfahrung von Freude, Erfolg und Selbstausdruck. Somit sei bewusste Mutterschaft keine Beschränkung, sondern eine ungeheure Erweiterung weiblicher Erfahrungsmöglichkeiten, die die US-Psychologin überzeugend und höchst anschaulich darstellt.
Dass Mutterschaft in der Lebenswirklichkeit von Frauen auf der ganzen Welt tatsächlich oft als tiefer Konflikt erlebt und krass diskriminiert wird, sieht und schildert de Marneffe mit äußerster Klarheit - sowohl bei den Vollzeit-Müttern als auch bei den Müttern, die auf die Erwerbsarbeit nicht verzichten wollen oder es aus wirtschaftlichen Gründen nicht können.
Anders als in vielen Industriestaaten propagiert, liegt für de Marneffe die Lösung dieser tiefen Konflikte nicht darin, dass Bedürfnis von Müttern nach Nähe zu ihren Kindern klein zu reden, um dann die alternativlose Fremdbetreuung als Patentlösung zu präsentieren. Damit bliebe auch das Problem der in den Familien zu oft abwesenden Väter ungelöst.
Vielmehr gelte es, noch tiefer anzusetzen: Bei der Stichhaltigkeit der vermeintlichen Sachzwänge unseres marktzentrierten Wirtschaftssystems, die einem befriedigenden Zusammenleben von Müttern und Vätern mit ihren Kindern im Wege stehen. Zu diskutieren sei ganz grundsätzlich über:
"die Notwendigkeit 'emotionaler Investitionen' ins Familienleben in einer Zeit der Entwertung und Aufhebung familiärer Strukturen. (…) Wir brauchen (…) eine öffentliche Diskussion darüber, wie wir Beziehungen zu geliebten Menschen und Bindungen an Gemeinschaften, die sich den Gesetzen des Marktes entziehen, richtig bewerten können."
Prozesse des Lebens, Lernens und Liebens, der Verbundenheit mit anderen Menschen seien eben nicht mit den Maßstäben unserer auf Konsum und Effizienz fixierten westlichen Markt-Gesellschaften erfassbar. Dennoch, so das Fazit von Daphne de Marneffe, entsprechen sie den wirklichen Bedürfnissen von Müttern, Vätern und Kindern. Deshalb müssen wir sie als Gesellschaft und muss sie jeder Einzelne zum Ausgangspunkt seines Handelns machen.
Daphne de Marneffe: Die Lust, Mutter zu sein
Piper Verlag, München 2005
Auch den USA ist dieses Phänomen längst vertraut und hat bereits in vielen Büchern seinen Niederschlag gefunden. Beispielsweise bei der Top-Journalistin Ann Crittenden. Bis zu ihrem vierzigsten Lebensjahr machte sie als überzeugte Kinderlose Karriere bei der New York Times. Stets hatte sie dabei überlegen auf Vollzeitmütter herabgeblickt. Als sie schließlich doch noch selbst Kinder bekam, staunte sie über ihre eigenen Reaktionen:
"Ich verliebte mich hoffnungslos in dieses kleine neue Wesen, mit einer Intensität, die viele Mütter als 'vernarrt' bezeichnen würden. Ich hatte in meinem Leben viele Reisen unternommen, aber diese hier war die exotischste von allen. (...) Die erste Überraschung stellte sich ein, als ich merkte, wie hart und zugleich unglaublich befriedigend Mutterschaft ist... Die zweite Überraschung (...) kam, als ich merkte, wie wenig meine frühere Welt von der komplexen Realität, die ich entdeckte, verstand oder verstehen wollte."
Diese umwerfende Erfahrung, so die US-Psychologin Daphne de Marneffe in ihrem Buch "Die Lust Mutter zu sein", ist kein Einzelfall. Vielmehr verweise er exemplarisch auf das tief reichende Verlangen von Frauen, Mutter zu sein. Ein Verlangen, das das Leben und die Persönlichkeitsentwicklung der Frauen genauso tief präge, wie ihre Sexualität. Fatalerweise werde dies jedoch in der öffentlichen Debatte und von vielen Frauen selbst auf vielfältige Weise verdrängt.
Wird hier der Rückfall in den schieren Biologismus propagiert? Die Aufgabe der mühsam erkämpften Rechte für Frauen auf gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben und der Erwerbsarbeit gefordert? - Nichts von alledem! Im Gegenteil: De Marneffe verteidigt die durch den Feminismus erzielten Erfolge. Allerdings will sie die historisch bedingte Einseitigkeit seiner Vordenkerinnen um einen zentralen Gesichtspunkt erweitern:
"Während sie die Vergangenheit durch eine moderne Brille betrachten, beschäftigen sie sich vornehmlich mit der Frage, was es für Frauen bedeutete, auf Erwerbsarbeit zu verzichten, um für ihre Kinder zu sorgen, jedoch nur ganz am Rande, was es für Frauen bedeutete, auf die Versorgung ihrer Kinder verzichten zu müssen, um zu arbeiten"
Um in die von Männern beherrschten Bastionen des öffentlichen Lebens und der Erwerbsarbeit vorzudringen, hätten die maßgeblichen Feministinnen die Mutterschaft und das Bedürfnis nach persönlicher Kinderbetreuung zum eigentlichen Hindernis des frauenpolitischen Fortschritts erklärt und deshalb abgewertet. Systematisch arbeitet die US-Psychologin aus den einschlägigen Schriften das darin gezeichnete trostlose Mutterbild heraus: Von der Haus- und Familienarbeit als stumpfsinniger Plackerei und Masochismus oder von Mutterschaft als Ausdruck der Fügsamkeit und Unterwürfigkeit gegenüber einem von Männern definierten Frauenbild - kurz: Mutterschaft als männlicher Form der Frauenunterdrückung und deshalb als Gegenteil des weiblichen Anspruchs auf Selbstbestimmung.
Tatsächlich hält keine dieser Zuschreibungen der kritischen Prüfung von de Marneffe stand. Gestützt auf fundamentale Arbeiten zur Mutter-Kind- und Bindungsforschung und auf ihre eigene psychologische Beratungstätigkeit arbeitet sie ein ganz anderes Bild von Mutterschaft heraus:
"Ein Kind zu bekommen schafft nicht nur ein physisches Wesen, sondern auch eine Beziehung zwischen zwei Menschen. Das Verlangen, Mutter zu sein, ist unter anderem das Verlangen, teilzuhaben an dieser Beziehung und an der Schaffung einer anderen menschlichen Persönlichkeit durch unsere einzigartigen Fähigkeiten, durch unsere eigene Persönlichkeit."
Damit eröffne sich für Frauen eine Quelle für die Erfahrung von Freude, Erfolg und Selbstausdruck. Somit sei bewusste Mutterschaft keine Beschränkung, sondern eine ungeheure Erweiterung weiblicher Erfahrungsmöglichkeiten, die die US-Psychologin überzeugend und höchst anschaulich darstellt.
Dass Mutterschaft in der Lebenswirklichkeit von Frauen auf der ganzen Welt tatsächlich oft als tiefer Konflikt erlebt und krass diskriminiert wird, sieht und schildert de Marneffe mit äußerster Klarheit - sowohl bei den Vollzeit-Müttern als auch bei den Müttern, die auf die Erwerbsarbeit nicht verzichten wollen oder es aus wirtschaftlichen Gründen nicht können.
Anders als in vielen Industriestaaten propagiert, liegt für de Marneffe die Lösung dieser tiefen Konflikte nicht darin, dass Bedürfnis von Müttern nach Nähe zu ihren Kindern klein zu reden, um dann die alternativlose Fremdbetreuung als Patentlösung zu präsentieren. Damit bliebe auch das Problem der in den Familien zu oft abwesenden Väter ungelöst.
Vielmehr gelte es, noch tiefer anzusetzen: Bei der Stichhaltigkeit der vermeintlichen Sachzwänge unseres marktzentrierten Wirtschaftssystems, die einem befriedigenden Zusammenleben von Müttern und Vätern mit ihren Kindern im Wege stehen. Zu diskutieren sei ganz grundsätzlich über:
"die Notwendigkeit 'emotionaler Investitionen' ins Familienleben in einer Zeit der Entwertung und Aufhebung familiärer Strukturen. (…) Wir brauchen (…) eine öffentliche Diskussion darüber, wie wir Beziehungen zu geliebten Menschen und Bindungen an Gemeinschaften, die sich den Gesetzen des Marktes entziehen, richtig bewerten können."
Prozesse des Lebens, Lernens und Liebens, der Verbundenheit mit anderen Menschen seien eben nicht mit den Maßstäben unserer auf Konsum und Effizienz fixierten westlichen Markt-Gesellschaften erfassbar. Dennoch, so das Fazit von Daphne de Marneffe, entsprechen sie den wirklichen Bedürfnissen von Müttern, Vätern und Kindern. Deshalb müssen wir sie als Gesellschaft und muss sie jeder Einzelne zum Ausgangspunkt seines Handelns machen.
Daphne de Marneffe: Die Lust, Mutter zu sein
Piper Verlag, München 2005

Daphne de Marneffe: "Die Lust, Mutter zu sein" (Cover)© Piper Verlag