Warnung von Terres de Femmes

Zwangsheirat in den Sommerferien

Kinder von Migranten in berufsbildender Schule, Frankfurt am Main 2009
Aus dem Urlaub kommen manche junge Frauen nicht mehr nach Deutschland zurück, weil sie in der alten Heimat der Eltern zwangsverheiratet werden. © picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst
Christa Stolle im Gespräch mit Marianne Allweis und Andre Hatting  · 17.07.2015
Junge Migrantinnen werden bei der Ferienreise in die Heimat ihrer Eltern häufig zwangsverheiratet. Davor warnt die Geschäftsführerin von Terre des Femmes, Christa Stolle. Frauen zwischen 17 und 21 sollten nicht mit ihren Familien in die Herkunftsländer reisen, wenn Gefahr in Verzug sei.
"Es hängt damit zusammen, dass wir viele Menschen in Deutschland leben haben, die mit sehr traditionellen Ehrvorstellungen hergekommen sind", sagte die Geschäftsführerin von Terre des Femmes, Christa Stolle, im Deutschlandradio Kultur. Die Mädchen sollten jungfräulich in die Ehe gehen und deshalb möglichst früh verheiratet werden. "Meistens sollen sie mit einem Mann aus dem Herkunftsland verheiratet werden, weil der eben noch als traditioneller gilt als die Jungen, die in Deutschland aufgewachsen sind." Von diesem Problem seien junge Frauen im Alter von 17 bis 21 Jahren betroffen. Da es eine große türkische Gemeinde in Deutschland gebe, handele es sich oft um Türkinnen.
Warnung vor der Ferienreise
Aktuelle Zahlen kann Terre de Femmes nicht nennen. Stolle verweist auf eine Studie von 2008, bei der mehr als 800 Beratungsstellen befragt worden seien. Damals sei eine Zahl von 3400 betroffenen Frauen ermittelt worden. "Wir wissen die letzten Jahre die Zahlen nicht, aber wir gehen davon aus, dass sie weiterhin hoch sind", sagte Stolle. Terre des Femmes verfüge über eine Beratungsstelle, wisse aber oftmals nach einer Beratung nicht, ob aus einem Fall eine Zwangsverheiratung geworden sei. Die Berater rieten den Mädchen dazu, nicht mit ihren Familien in die Herkunftsländer zu reisen, wenn Gefahr in Verzug sei. Dies sei nicht einfach, weil es einen starken Familienzusammenhalt gebe. "Sie hängen sehr an den Familien, obwohl sie oft unterdrückt werden und in ein Korsett von strikten Auflagen gesetzt werden."
Ahnungen der jungen Frauen
Junge Frauen, die sich an die Beratungsstellen wendeten, sähen ihre Lage und wollten nicht zwangsverheiratet werden. Sie wüssten, dass sie ins heiratsfähige Alter kämen und hätten schon Ahnungen. "Es passiert ja oft in den Sommerferien, wenn die Eltern mit Geschwistern zurückfahren in ihre Heimatdörfer und da ist dann schon ausgemacht worden mit einer anderen Familie, dass dort das Mädchen dann einheiraten soll", sagte Stoll. Die jungen Frauen blieben dann in den Schwiegerfamilien. "Dann haben sie auch manchmal keine Chance mehr, zurückzukommen nach Deutschland."
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