"Dialoge im Wandel. Fotografien aus The Walther Collection" ist vom 9.4.—25.9.2022 im K21 in Düsseldorf zu sehen.
"The Walther Collection" in Düsseldorf
Wer schaut wie und wohin? Rotimi Fani-Kayodes Werk "Untitled, 1987–1988". © Rotimi Fani-Kayode/Autograph ABP/The Walther Collection
Bilder wachsenden Selbstbewusstseins
07:39 Minuten
Carsten Probst im Gespräch mit Elena Gorgis · 07.04.2022
Afrikanische Fotografie ohne europäische Vorurteile will die Ausstellung "Dialog im Wandel. Fotografien aus The Walther Collection" zeigen. Das bleibe eine Gratwanderung, sei aber insgesamt gelungen, meint der Kunstkritiker Carsten Probst.
Normalerweise sind sie in Neu-Ulm oder New York zu sehen: die Fotografien der "Walther Collection". Im K21 in Düsseldorf wird nun eine Auswahl von über 500 Werken aus Afrika, seiner Diaspora und Europa unter dem Titel "Dialoge im Wandel" gezeigt.
Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, die das K21 betreibt, sieht Fallstricke, wenn Fotografien aus Afrika in einem deutschen Museum gezeigt werden: "Wir sind eine weiße Institution, wir sind eine weiße Museumsdirektorin und weiße KuratorInnen. Wir können das eigentlich nur machen, wenn wir ein Kuratorenteam haben, wo eben auch andere Leute dabei sind, nicht nur wir, um andere Perspektiven damit reinzubringen."
Für die anderen Perspektiven zuständig ist Renée Mussai, Sammlungsleiterin bei Autograph in London, die die Ausstellung kuratorisch begleitet hat. Die Ausstellung bleibe trotzdem eine Gratwanderung, meint der Kunstkritiker Carsten Probst: "Es ist, das könnten manche bemängeln, durchaus keine komplette Überantwortung dieser Fotogeschichte an die Black Community. Aber in dieser Ausstellung geht es mehr um den Dialog als um eine radikal inszenierte Identitätsfotografie."
Vom kolonialen Mali zur Weimarer Republik
Der Titel "Dialoge im Wandel" wird in der Ausstellung dadurch umgesetzt, dass Fotografien verschiedener Künstler nebeneinander gezeigt werden. So wird beispielsweise Seydou Keïta August Sander gegenübergestellt. Keïta hatte 1948 ein Fotostudio in Bamako gegründet, zwölf Jahre, bevor Mali unabhängig wurde. Auf seinen Bildern zeigt sich wachsendes Selbstbewusstsein: Von Keïta fotografiert zu werden, bedeutete "Bamakois" zu sein – als schön und kosmopolitisch angesehen zu werden.
August Sanders Fotografien aus der Weimarer Republik zeigen neben der Einzigartigkeit der Porträtierten auch allgemeine Merkmale von gesellschaftlichen Milieus, Berufen, Geschlechtern und Generationen. Beide Werke im Zusammenspiel verdeutlichen die verschiedenen Blicke auf Individuum und Gesellschaft in Deutschland und Mali.
Fragen gegen den rassistischen Blick
Der irisch-südafrikanische Fotograf Alfred Martin Duggan-Cronin hat ab 1928 elf Bildbände unter dem Titel „The Bantu-Tribes of South Africa“ herausgegeben. Darin versucht er, indigene Gemeinschaften in Südafrika systematisch als Gruppen zu dokumentieren.
Dieser koloniale, rassistische Blick wird mit der Diaprojektion "The Black Photo Album / Look at Me: 1890–1950" von Santu Mofokeng kontrastiert. Sie besteht aus privaten Studiofotografien, die von schwarzen Arbeiter- und Mittelstandsfamilien in Südafrika im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in Auftrag gegeben wurden und teilweise sehr stereotyp sind. Mofokeng kommentiert sie mit provokativen Fragen.
Die Ausstellung bemüht sich, kein Whitewashing zu betreiben. Hier sollen nicht mit großer Geste Werke von afrikanischen Künstlern gezeigt werden, um Vorurteilsfreiheit zu demonstrieren, es soll eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfinden. Zum größten Teil sei das auch gelungen, meint der Kunstkritiker Carsten Probst: "Es ist nicht so, dass diese beiden Welten völlig getrennt sind, sondern sie sind in einem direkten Dialog miteinander."
(beb)