"The Walther Collection" in Düsseldorf

Bilder wachsenden Selbstbewusstseins

07:39 Minuten
Ein Schwarzer mit Augenbinde und Lederhandschuhen beißt in eine Tomate. Er hat einen freien Oberkörper und trägt einen Blumenkranz auf dem Kopf.
Wer schaut wie und wohin? Rotimi Fani-Kayodes Werk "Untitled, 1987–1988". © Rotimi Fani-Kayode/Autograph ABP/The Walther Collection
Carsten Probst im Gespräch mit Elena Gorgis · 07.04.2022
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Afrikanische Fotografie ohne europäische Vorurteile will die Ausstellung "Dialog im Wandel. Fotografien aus The Walther Collection" zeigen. Das bleibe eine Gratwanderung, sei aber insgesamt gelungen, meint der Kunstkritiker Carsten Probst.
Normalerweise sind sie in Neu-Ulm oder New York zu sehen: die Fotografien der "Walther Collection". Im K21 in Düsseldorf wird nun eine Auswahl von über 500 Werken aus Afrika, seiner Diaspora und Europa unter dem Titel "Dialoge im Wandel" gezeigt.
Susanne Gaensheimer, Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, die das K21 betreibt, sieht Fallstricke, wenn Fotografien aus Afrika in einem deutschen Museum gezeigt werden: "Wir sind eine weiße Institution, wir sind eine weiße Museumsdirektorin und weiße KuratorInnen. Wir können das eigentlich nur machen, wenn wir ein Kuratorenteam haben, wo eben auch andere Leute dabei sind, nicht nur wir, um andere Perspektiven damit reinzubringen."
Für die anderen Perspektiven zuständig ist Renée Mussai, Sammlungsleiterin bei Autograph in London, die die Ausstellung kuratorisch begleitet hat. Die Ausstellung bleibe trotzdem eine Gratwanderung, meint der Kunstkritiker Carsten Probst: "Es ist, das könnten manche bemängeln, durchaus keine komplette Überantwortung dieser Fotogeschichte an die Black Community. Aber in dieser Ausstellung geht es mehr um den Dialog als um eine radikal inszenierte Identitätsfotografie."

Vom kolonialen Mali zur Weimarer Republik

Der Titel "Dialoge im Wandel" wird in der Ausstellung dadurch umgesetzt, dass Fotografien verschiedener Künstler nebeneinander gezeigt werden. So wird beispielsweise Seydou Keïta August Sander gegenübergestellt. Keïta hatte 1948 ein Fotostudio in Bamako gegründet, zwölf Jahre, bevor Mali unabhängig wurde. Auf seinen Bildern zeigt sich wachsendes Selbstbewusstsein: Von Keïta fotografiert zu werden, bedeutete "Bamakois" zu sein – als schön und kosmopolitisch angesehen zu werden.
Schwarzweißfotografie einer Frau aus Mali. Sie trägt ein kariertes Kleid und ein passendes Kopftuch und schaut den Betrachter über die Schulter an.
Mischung aus Skepsis und Selbstbewusstsein: Fotografie von Seydou Keïta, Mitte der 1950er-Jahre.© Seydou Keïta/The Pigozzi Collection/The Walther Collection
August Sanders Fotografien aus der Weimarer Republik zeigen neben der Einzigartigkeit der Porträtierten auch allgemeine Merkmale von gesellschaftlichen Milieus, Berufen, Geschlechtern und Generationen. Beide Werke im Zusammenspiel verdeutlichen die verschiedenen Blicke auf Individuum und Gesellschaft in Deutschland und Mali.

Fragen gegen den rassistischen Blick

Der irisch-südafrikanische Fotograf Alfred Martin Duggan-Cronin hat ab 1928 elf Bildbände unter dem Titel „The Bantu-Tribes of South Africa“ herausgegeben. Darin versucht er, indigene Gemeinschaften in Südafrika systematisch als Gruppen zu dokumentieren.
Doppelbelichtung zweier schwarzer Frauen, die das gleiche rosa Kleid tragen. Sie stehen vor einem Haus und halten sich am Fensterrahmen fest.
Foto von Lebohang Kganye, der zur jüngeren Generation afrikanischer Künstler gehört ("Setupung sa Kwana Hae II" von 2013).© Lebohang Kganye/Afronova Gallery/Walther Collection
Dieser koloniale, rassistische Blick wird mit der Diaprojektion "The Black Photo Album / Look at Me: 1890–1950" von Santu Mofokeng kontrastiert. Sie besteht aus privaten Studiofotografien, die von schwarzen Arbeiter- und Mittelstandsfamilien in Südafrika im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in Auftrag gegeben wurden und teilweise sehr stereotyp sind. Mofokeng kommentiert sie mit provokativen Fragen.
Die Ausstellung bemüht sich, kein Whitewashing zu betreiben. Hier sollen nicht mit großer Geste Werke von afrikanischen Künstlern gezeigt werden, um Vorurteilsfreiheit zu demonstrieren, es soll eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfinden. Zum größten Teil sei das auch gelungen, meint der Kunstkritiker Carsten Probst: "Es ist nicht so, dass diese beiden Welten völlig getrennt sind, sondern sie sind in einem direkten Dialog miteinander."
(beb)

"Dialoge im Wandel. Fotografien aus The Walther Collection" ist vom 9.4.—25.9.2022 im K21 in Düsseldorf zu sehen.

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