Walter Levin und das LaSalle Quartett

Liest man die Biographien junger Streichquartette, wird unter den Lehrern stets ein Name an prominenter Stelle genannt: Walter Levin. Das Alban Berg Quartett aus Wien war das erste Schüler-Quartett, das für ein ganzes Jahr nach Cincinatti reiste, unzählige folgten. In Folge 25 geht es um die Prinzipien und Geheimnisse erfolgreichen Quartett-Unterrichts.
Im Gespräch mit Werner Grünzweig und Wolfgang Hagen erzählt Walter Levin nicht nur die Geschichte des LaSalle Quartetts, sondern ruft auch wichtige Momente des Musiklebens des 20. Jahrhunderts ins Gedächtnis. Illustriert werden seine lebendigen Erinnerungen mit Ausschnitten seltener historischer Aufnahmen oder bisher nicht gesendeter Konzert-Mitschnitte aus dem Archiv des Quartetts. Im Anschluss an das Studio-Gespräch erklingt jeweils ein ganzes Werk in einer Aufnahme des LaSalle Quartetts.

Der in Berlin geborene Geiger Walter Levin, der am sechsten Dezember des Jahres 2009 seinen 85. Geburtstag feiert, stammt aus einer begüterten jüdischen Familie. Er lebte mit seinen Eltern von 1924 bis 1938 in Berlin-Dahlem, bis die ganze Familie 1938 nach Palästina emigrieren musste. Ab 1946 studierte er Violine bei Ivan Galamian an der Juilliard School of Music New York. Noch als Student gründete Levin das LaSalle Quartet, dessen Erster Geiger er bis 1987 war. Von 1953 bis 1989 unterrichtete er am College Conservatory of Music der Universität von Cincinnati (Ohio). Das LaSalle Quartett unternahm Konzerttourneen in der ganzen Welt und legte Maßstab setzende Schallplattenaufnahmen vor: das gesamte Œuvre für Streichquartett von Schönberg, Berg und Webern; Quartette von Beethoven, Brahms, Mendelssohn, Wolf und Zemlinsky; Quintette von Schubert und Schumann. Viele zeitgenössische Werke wurden eigens für das LaSalle Quartett komponiert und ihm gewidmet, so von György Ligeti, Luigi Nono, Michael Gielen, Mauricio Kagel und Witold Lutosławski. Im Mai 1987 beendete das LaSalle Quartett nach über 40 Jahren seine Konzerttätigkeit.

Heute bildet Walter Levin Streichquartette in vielen Ländern Europas aus und leitet Kammermusik-Kurse in Basel, Paris und Madrid. Hinzu kommen Gesprächskonzerte mit jungen Quartetten, Aufsätze, Radio- und Fernsehsendungen über Aspekte der Interpretation. Viele der wichtigsten Streichquartette haben in den letzten Jahrzehnten mit Walter Levin zusammengearbeitet, so das Alban Berg-, Artis-, Pražak-, Kuss-, Casals- und Artemis-Quartett.

Seitdem Walter Levin 1991/92 als Fellow dem Wissenschaftskolleg angehört, ist er zusammen mit seiner Frau Evi jedes Jahr nach Berlin zurückgekehrt, um lecture recitals am Wissenschaftskolleg wie für ein größeres Publikum im Rundfunk zu geben.

Wolfgang Hagen und Werner Grünzweig im Gespräch mit Walter Levin
Mit Ausschnitten aus:

Béla Bartók
Streichquartett Nr. 6 Sz 114
3. Satz Mesto – Burletta. Moderato
LaSalle Quartett
Aufnahme Aalen 1987

Friedhelm Döhl
Quartett „Sound of Sleat“
Tranquillo
LaSalle Quartett
Live-Aufnahme 1982

Arnold Schönberg
Streichquartett Nr. 1 d-Moll op. 7
Pražak Quartett
Aufnahme 1988

Arnold Schönberg
Streichquartett Nr. 4 op. 37
2. Satz Comodo
Vogler Quartett
Aufnahme Konstanz 2000

Ludwig van Beethoven
Septett Es-Dur op. 20 für Violine, Viola, Klarinette,
Horn, Fagott, Violoncello und Kontrabass
5. Satz Scherzo. Allegro molto e vivace
Deutsche Kammerphilharmonie
Aufnahme 1993

Ludwig van Beethoven
Streichquintett C-Dur op. 29
3. Satz Scherzo. Allegro
Zemlinsky Quartett
mit Sylvia Zucker, 2. Viola
Aufnahme Basel 2006

Felix Mendelssohn Bartholdy
Streich-Oktett Es-Dur op. 20
4. Satz Finale. Allegro leggerissimo
Minguet Quartett
Vogler Quartett
Aufnahme Badenweiler 2004