Wahlen in Südafrika vor 25 Jahren

Als Nelson Mandela Präsident wurde

Der Führer des ANC (African National Congress) Nelson Mandela grüßt mit erhobener Faust am 30.01.1994 in Rustenberg seine Anhänger. Mandela war auf einer dreitägigen Wahlkampfreise durch den Westen Transvaals.
Nelson Mandela im Wahlkampf 1994 © Picture Alliance/EPA /AFP
Von Birgit Morgenrath · 25.04.2019
Nach rund 150 Jahren Rassentrennung gab es am 26. April 1994 die ersten freien und demokratischen Wahlen in Südafrika. Der Sieger hieß Nelson Mandela, der zuvor nach jahrzehntelanger Haft freigelassen worden war.
Frau: "Es ist so aufregend, wir können uns kaum bremsen."
Mann: "Nach diesem Tag kann mir passieren, was will - das ist mir egal. Solange ich nur meine Stimme abgeben kann."
Tagelang harrten die Menschen friedlich und geduldig vor den Wahllokalen aus. Die Bilder von kilometerlangen Schlangen wartender schwarzer und weißer Wählerinnen und Wähler wurden zum Symbol für die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika, für das Ende von rund 150 Jahren menschenverachtender Rassentrennung.

Internationaler Druck, wirtschaftliche Sanktionen und Massenproteste der Bevölkerung hatten den damaligen Staatspräsidenten Frederik Willem de Klerk Anfang 1990 dazu gebracht, die absurde Aufteilung der Südafrikaner in eine kleine regierende "weiße" Minderheit und eine große nicht-weiße Mehrheit aufzugeben. Der Afrika-Historiker Andreas Eckert beschreibt, dass während der Apartheid …

"Niemand konnte sich frei bewegen"

"… alle Menschen klassifiziert wurden, alle mussten sozusagen Pässe mit sich tragen, niemand konnte sich frei bewegen, alle durften nur in bestimmten Gegenden leben, alle konnten nur einen bestimmten Beruf ausüben und nicht einen anderen, also auch bei der Bildung wurden sie systematisch ausgeschlossen. Es gab so etwas wie einen Überwachungsstaat. Und alles, was nach Widerstand roch, wurde sozusagen brutal niedergeschlagen."

Der berühmteste Gefangene der Welt, Nelson Mandela, wurde Anfang 1990 nach 27 Jahren Haft freigelassen; das Verbot des African National Congress, ANC, der als führende Bewegung gegen die Apartheid gekämpft hatte, wurde aufgehoben. Viele Apartheidgesetze wurden abgeschafft und Ende 1991 begannen zwischen der Regierung, dem ANC und weiteren Parteien schwierige Verhandlungen über den Übergang zur Demokratie. Die Gespräche drohten mehrfach zu scheitern.
Denn bald nach Verhandlungsbeginn kam es zu blutigen Unruhen in den Townships rund um Johannesburg, ausgehend von Inkatha, der Partei des Mandela-Rivalen Mangosuthu Buthelezi, der um die Macht in seiner Provinz fürchtete.
"42 Einwohner im Township Boipatong, darunter ein neun Monate altes Baby, wurden in zwei Stunden sinnloser Brutalität erschossen und abgeschlachtet. Augenzeugen berichteten, dass hunderte Anhänger der Inkatha-Bewegung mit Polizeiwagen von ihrem Wohnheim in die Elendssiedlung gefahren worden waren. Dort seien sie mit Gewehren, Messern und Macheten versorgt worden."
Später wurde aufgedeckt, dass hochrangige Generäle und rechte Kreise in Regierung und Polizei diese Gewalt gezielt geschürt hatten. Sie hatten den Schlägerbanden Waffen geliefert.

20 Millionen Südafrikaner beteiligten sich an der Wahl

Andreas Eckert: "Die Jahre zwischen 1990 und `94 waren, gemessen an der Zahl der Toten, die gewalttätigsten Jahre Südafrikas. Und Mandela hat es aber dann sehr geduldig geschafft, beide Seiten irgendwie auf einen Kompromiss einzuschwören."
Mit dem Wahltag endete die Gewalt. Zwischen dem 26. und 29. April 1994 gaben rund 20 Millionen Südafrikaner ihre Stimme ab. In friedlicher, ja festlicher Atmosphäre. Insgesamt 19 Parteien hatten sich zu Wahl gestellt. Die populärste war der ANC. "Madiba", "der Alte", so Mandelas Kosename, hatte versprochen:
"Unsere Botschaft lautet: Die Grundbedürfnisse der Volksmassen müssen befriedigt werden."

Trotz vieler Hindernisse erklärten die Unabhängige Wahlkommission und die internationalen Beobachter die Wahl für "frei und fair". Rund 87 Prozent der Wahlberechtigten hatten sich beteiligt.
Der ANC erreichte mit fast 63 Prozent der Stimmen einen überwältigenden Wahlsieg und bildete mit der "National Party", der konservativen Partei der "Weißen", eine Koalitionsregierung. Die Demokratie hatte triumphiert.
Andreas Eckert: "Man kann ja sagen, dass das Ende der Apartheid und die ersten freien Wahlen in Südafrika 1994 auch das Ende der Kolonialherrschaft in Afrika insgesamt waren, also, wo nun auch die weiße Herrschaft in diesem Teil der Welt endete. Und das war mit sehr langem Atem und hat sehr große Opfer gekostet, aber am Ende stand dann doch das Ende dieses Unrechtregimes."
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