Wahl in Lettland

Regierungsbündnis darf weitermachen

Laimdota Straujuma, lettische Ministerpräsidentin
Laimdota Straujuma ist die alte und auch neue Ministerpräsidentin Lettlands. © dpa / picture-alliance / Stephanie Lecocq
Von Sabine Adler · 05.10.2014
Sie gilt als wenig charismatisch, aber die Letten mögen ihren politischen Stil: Ministerpräsidentin Laimdota Straujuma hat mit ihrer Mitte-Rechts-Koalition die Parlamentswahlen gewonnen. Die meisten Stimmen aber hat eine russische Partei erhalten.
Der größte Erfolg für die 64-jährige lettische Ministerpräsidentin: Laimdota Straujuma von der Partei Einheit wurde im Amt bestätigt, das sie erst Anfang dieses Jahres von Valdis Dombrowskis angetreten hat. Er muss morgen bei der Befragung durch die europäischen Parlamentsabgeordneten seine Eignung als EU-Euro-Kommissar beweisen. Die Wirtschaftsexpertin Straujuma ist keine charismatische politische Persönlichkeit, ihre Regierungskoalition wurde aber klar bestätigt. 61 von 100 Sitzen gewann das Mitte-Rechts-Bündnis, dem auch die Grünen und die Nationale Vereinigung angehören. In einer Woche soll die Regierungsbildung beginnen, Lettland übernimmt ab Januar die EU-Ratspräsidentschaft.
Dennoch: Rein zahlenmäßig ist die russische Partei "Harmonie" Wahlsieger. Einer, der wieder nicht an der Regierung beteiligt wird: Verteidigungsminister Raimonds Vejonis sagte noch in der Wahlnacht, dass sie wegen ihrer geopolitischen, prorussischen Haltung als Koalitionspartner nicht in Frage kommt. Nils Uschakow, Parteichef und einziger russischer Bürgermeister in einem EU-Land, war wegen einer Reise zu Ministerpräsident Medwedjew in die Kritik geraten. Er verteidigte den Besuch:
"Ich bin nach Moskau gefahren, um jetzt in Zeiten, da ein Sanktions-Krieg herrscht, die Folgen für Lettland so minimal wie möglich zu halten. Wenn die Sanktionen aufgehoben werden, steht Lettland in harter Konkurrenz mit Estland, Litauen, Finnland und Deutschland, die alten Plätze wieder zurückzuerobern. Und darauf kann man sich schon jetzt vorbereiten."
"Polarisierung innerhalb der russischsprachigen Minderheit"
Das "Harmonie"-Zentrum der russischsprachigen Minderheit verlor sechs Sitze und kam auf 23 Prozent der Stimmen, das entspricht nicht dem Anteil der russischen Letten, der liegt fünf Prozent höher. Demnach haben offenbar nicht mehr alle nach rein ethnischen Kriterien abgestimmt, erklärt der Politologe Ainars Dimants:
"Ich sehe eine gewisse Polarisierung innerhalb der russischsprachigen Minderheit. Das heißt, die Leute, die sich nicht mit dem Putin-Regime identifizieren können, profilieren sich jetzt viel besser als vorher und umgekehrt. Das erinnert uns an die Situation während der Wiederherstellung der Unabhängigkeit in Lettland. Damals gab es die sogenannte Interfront, wo die Russischsprachigen für die Beibehaltung der Sowjetunion kämpften und es gab viele Russen, die innerhalb der Volksfront agierten für das demokratische und unabhängige Lettland."
Historisch niedrige Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung ist die historisch niedrigste seit der Unabhängigkeit Lettlands, die höchste gab es 1991 mit fast 90 Prozent. Die Letten tragen den Sparkurs der Regierung nach der Finanzkrise offenbar mit, unterstützen ihre Sicherheitsbemühungen. Der bewaffnete Konflikt in der Ukraine macht den Letten Angst, sagt der Politologe Janis Ikstenz:
"Auf der anderen Seite gibt es keinerlei Panik. Die Menschen gehen arbeiten, niemand macht Hamsterkäufe oder bereitet sich auf Krieg vor. Aber es gibt eine große Sorge und ein Verständnis dafür, dass man die Verteidigungsausgaben erhöhen muss. Es gibt darüber einen großen Konsens, mit Ausnahme der Parteien der russischen Minderheit."
Einig sei sich die Mehrheit der Wähler in noch einem Punkt, sagt Ainars Dimants: bei der NATO-Mitgliedschaft.
"Putin wäre hier, wenn wir kein NATO-Mitglied wären. Weil die Ukraine keine NATO-Mitgliedschaft hat, konnte das passieren."
Mehr zum Thema