Wagner zum Schmunzeln
Kerstin Decker informiert, Eckhard Henscheid schnüffelt - beide grasen das "Wagner"-Feld ab nach Interpretationen seiner Musik und nach den großen und kleinen Überraschungen in seinen Manuskripten.
Können Hunde Artur Schopenhauer lesen? In Kerstin Deckers Hundebuch jedenfalls tun sie es. Doch halt. Das ist kein Kinderbuch, vielmehr eine Erkundigung über einen Hundebesitzer namens Wagner.
Im Zentrum steht die Frage: Was haben die vierbeinigen Lebensgefährten des großen Komponisten erlebt und über ihn gedacht? Das ist der eine Erzählstrang. Der andere: Was dachte und wie behandelte Wagner seine lieben Tiere? Ein nicht unbedingt musikalisches Thema, aber höchst amüsant. Schon deswegen, weil Wagner dazu hinreichend viel (komisches) Material hinterlassen hat und es dem Spurensuchenden relativ einfach macht. Denn Wagner hat die Nachwelt ja in unzähligen Briefen, in Berichten und kleinen Erzählungen, in Aufsätzen und Pamphleten über alles und nichts in Kenntnis gesetzt.
"Der namenlos unbescheidene, nur von sich erfüllte, ewig monologisierende, die Welt über alles belehrende Propagandist und Schauspieler seiner selbst" wie Thomas Mann ihn charakterisierte, kommunizierte unablässig. Kerstin Decker profitiert von diesem Fundus.
In ihrer Vorbemerkung weist sie auf Wagners Mitleidsphilosophie hin. Das ist gewissermaßen die Präambel. Mitleid hatte er weniger mit seinen Mitmenschen als mit den Tieren. Im Mitleiden, so erklärte er hochherzig, erkenne er den "stärksten Zug" seines "moralischen Wesens", und dieser sei vermutlich "auch der Quell" seiner Kunst.
Doch konnte sein Mitleid in blutigsten Hass umschlagen auf unsere "ganze Zivilisation", inklusive der "Verachtung alles dessen, was ihr entsprießt, und Sehnsucht nach der Natur."
Nicht der aufrechte Gang, sondern die Fortbewegung auf vier Beinen charakterisiert seine wahren Liebesobjekte: "Im ganzen Europa sind mir aber die Hunde lieber als diese hündischen Menschen." Wagners Hunde, deren Biografie Decker mit viel Sympathie aufgeschrieben hat, laufen ihm nach oder davon, und gelegentlich beißen sie ihn. Auch einen Papagei namens Papo gibt es in diesem Buch, dessen Liebestod die Autorin ironisch beschwört. Alles sehr nett, sehr gefällig anekdotisch feuilletonistisch aufgezeichnet - gewissermaßen Wagner zum Schmunzeln aus der Plüschperspektive.
Im Zentrum steht die Frage: Was haben die vierbeinigen Lebensgefährten des großen Komponisten erlebt und über ihn gedacht? Das ist der eine Erzählstrang. Der andere: Was dachte und wie behandelte Wagner seine lieben Tiere? Ein nicht unbedingt musikalisches Thema, aber höchst amüsant. Schon deswegen, weil Wagner dazu hinreichend viel (komisches) Material hinterlassen hat und es dem Spurensuchenden relativ einfach macht. Denn Wagner hat die Nachwelt ja in unzähligen Briefen, in Berichten und kleinen Erzählungen, in Aufsätzen und Pamphleten über alles und nichts in Kenntnis gesetzt.
"Der namenlos unbescheidene, nur von sich erfüllte, ewig monologisierende, die Welt über alles belehrende Propagandist und Schauspieler seiner selbst" wie Thomas Mann ihn charakterisierte, kommunizierte unablässig. Kerstin Decker profitiert von diesem Fundus.
In ihrer Vorbemerkung weist sie auf Wagners Mitleidsphilosophie hin. Das ist gewissermaßen die Präambel. Mitleid hatte er weniger mit seinen Mitmenschen als mit den Tieren. Im Mitleiden, so erklärte er hochherzig, erkenne er den "stärksten Zug" seines "moralischen Wesens", und dieser sei vermutlich "auch der Quell" seiner Kunst.
Doch konnte sein Mitleid in blutigsten Hass umschlagen auf unsere "ganze Zivilisation", inklusive der "Verachtung alles dessen, was ihr entsprießt, und Sehnsucht nach der Natur."
Nicht der aufrechte Gang, sondern die Fortbewegung auf vier Beinen charakterisiert seine wahren Liebesobjekte: "Im ganzen Europa sind mir aber die Hunde lieber als diese hündischen Menschen." Wagners Hunde, deren Biografie Decker mit viel Sympathie aufgeschrieben hat, laufen ihm nach oder davon, und gelegentlich beißen sie ihn. Auch einen Papagei namens Papo gibt es in diesem Buch, dessen Liebestod die Autorin ironisch beschwört. Alles sehr nett, sehr gefällig anekdotisch feuilletonistisch aufgezeichnet - gewissermaßen Wagner zum Schmunzeln aus der Plüschperspektive.
Wagner-Tiere ganz anderer Art
Wagner-Tiere ganz anderer Art hat auch Eckhard Henscheid in seinem Wagner-RING-Führer verarztet. Henscheid ist kein braver Liebhaber der Musik, sondern ihr wie ein Drogenabhängiger verfallen. Er mosert und nörgelt, er schwärmt, jubiliert und übertreibt, um uns für den ewig missverstandenen Richard Wagner zu gewinnen.
Er ist einer der wenigen Schriftsteller hierzulande, für den die Oper nicht nur ein Event oder einen Kostümball darstellt, sondern libidinös besetztes Welttheater, tönender Raum, Raum an sich, aus dem - frei nach Kant oder Hegel - die Vernunft oder der Weltgeist spricht.
Henscheid hat aus dem RING 35 Gestalten ausgewählt, Götter, Menschen und sieben Tiere, deren Laufbahn er mit satirischer Grandezza nachgeht. Riesenwurm und Kröte, Waldvogel und das Ross "Grane" werden auf Herz und Nieren überprüft, genauso wie die "inferioren Götter" Donner, Froh und Loge, der "Pessimismusgott".
Henscheid informiert uns nicht nur (à la Decker) über nette Stories und klangvolle Namen, er schnüffelt wie ein ausgehungerter Hund in Wagners Werk nach substanzieller Nahrung. Das gipfelt in solch entscheidenden Fragen, ob etwa "Wiehern instrumental, orchestral darstellbar?" sei. Ross Grane, erfährt der Leser, "singt nicht, bewirkt aber über eine kleine Kapriole des Horns, eine der zartesten lyrischen Taktfolgen des gesamten RING."
Alles das hat Henscheids alter Freund, der Zeichner F. W. Bernstein, mit entsprechend komischen farbigen Zeichnungen versehen, gemäß Henscheids Erkenntnis, der RING gehöre zu 51 Prozent der Hochkomik an. Eigentlich, so Henscheid, liegt der "Wortunfug", "Klangquatsch" bei Wagner "offen wie ein Scheunentor vor unseren Augen und Ohren - und das Komische strukturiert für feinere Seher und Hörer und Leser auch das große Ganze".
Besprochen von Richard Schroetter
Er ist einer der wenigen Schriftsteller hierzulande, für den die Oper nicht nur ein Event oder einen Kostümball darstellt, sondern libidinös besetztes Welttheater, tönender Raum, Raum an sich, aus dem - frei nach Kant oder Hegel - die Vernunft oder der Weltgeist spricht.
Henscheid hat aus dem RING 35 Gestalten ausgewählt, Götter, Menschen und sieben Tiere, deren Laufbahn er mit satirischer Grandezza nachgeht. Riesenwurm und Kröte, Waldvogel und das Ross "Grane" werden auf Herz und Nieren überprüft, genauso wie die "inferioren Götter" Donner, Froh und Loge, der "Pessimismusgott".
Henscheid informiert uns nicht nur (à la Decker) über nette Stories und klangvolle Namen, er schnüffelt wie ein ausgehungerter Hund in Wagners Werk nach substanzieller Nahrung. Das gipfelt in solch entscheidenden Fragen, ob etwa "Wiehern instrumental, orchestral darstellbar?" sei. Ross Grane, erfährt der Leser, "singt nicht, bewirkt aber über eine kleine Kapriole des Horns, eine der zartesten lyrischen Taktfolgen des gesamten RING."
Alles das hat Henscheids alter Freund, der Zeichner F. W. Bernstein, mit entsprechend komischen farbigen Zeichnungen versehen, gemäß Henscheids Erkenntnis, der RING gehöre zu 51 Prozent der Hochkomik an. Eigentlich, so Henscheid, liegt der "Wortunfug", "Klangquatsch" bei Wagner "offen wie ein Scheunentor vor unseren Augen und Ohren - und das Komische strukturiert für feinere Seher und Hörer und Leser auch das große Ganze".
Besprochen von Richard Schroetter
Kerstin Decker : Richard Wagner. Mit den Augen seiner Hunde betrachtet
Berenberg Verlag
288 Seiten, kosten 25,00 €uro.
Eckhard Henscheid: Götter, Menschen und sieben Tiere. Wagners "Ring des Nibelungen" Ein Gestaltenreigen
Reclam
222 Seiten, 24,95 Euro
Berenberg Verlag
288 Seiten, kosten 25,00 €uro.
Eckhard Henscheid: Götter, Menschen und sieben Tiere. Wagners "Ring des Nibelungen" Ein Gestaltenreigen
Reclam
222 Seiten, 24,95 Euro