Waffenruhe

Feuerpause in der Ostukraine

Ein zerstörtes Geschäft für Automobilteile in Donezk, Ostukraine.
Ein zerstörtes Geschäft für Automobilteile in Donezk, Ostukraine. © picture alliance / dpa / RIA Novosti / Igor Maslov
Von Florian Kellermann · 09.12.2014
Nachdem die Kämpfe zuletzt wieder aufgeflammt waren, trat am Dienstag in den umkämpften Gebieten in der Ostukraine eine Waffenruhe in Kraft. Beobachter hoffen nun, dass es zu neuen Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien kommt.
Die OSZE hatte den Beginn der Waffenruhe für Dienstagmorgen angekündigt. Sie beruft sich auf eine Mitteilung des gemeinsamen russisch-ukrainischen Beobachtungszentrums im Krisengebiet. Es war eingerichtet worden, um die Einhaltung der Minsker Vereinbarungen zu überprüfen. In Minsk hatten die Ukraine, Russland und die Separatisten vor drei Monaten einen Friedensplan beschlossen.
Zumindest die ukrainische Seite bestätigte die Waffenruhe. Sie werde die Positionen der Separatisten heute nicht beschießen, teilte die Leitung der sogenannten Anti-Terroroperation mit. Die Initiative gehe auf Präsident Petro Poroschenko zurück, so die Mitteilung. Von den separatistischen Gruppierungen, den sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk, gibt es dazu noch keine Aussage.
Zuletzt waren die Kämpfe in der Ostukraine wieder heftiger geworden. Gestern Abend beschossen die Separatisten ukrainische Stellungen in der Nähe des Donezker Flughafens. Dabei starben drei Soldaten. Außerdem tötete Artilleriefeuer gestern auch zwei Zivilisten.
Separatisten stellen Bedingungen für Gespräche
Ursprünglich sollten heute auch neue Gespräche in Minsk beginnen. Der Vertreter des ukrainischen Außenministeriums, Dmytro Kuleba, sagte gestern:
"Wir arbeiten daran, dass dieses Treffen stattfindet. Wir müssen besprechen, wie wir das umsetzen, was wir in Minsk vereinbart haben. Aber im Moment stoßen wir damit noch auf taube Ohren. Ich bin sicher, dass es zu dem Treffen kommt, aber ein Datum kann ich nicht nennen."
Das Oberhaupt der sogenannten Volksrepublik Donezk, Aleksandr Zachartschenko, sagte gestern, die Ukraine müsse vor einem Treffen erst bestimmte Bedingungen erfüllen. Dazu gehöre, dass die Ukraine die "wirtschaftliche Blockade" der besetzten Gebiete aufgebe. Derzeit unterbindet die Ukraine den Handel mit diesen Gebieten, die Banken dort arbeiten nicht mehr, und sie hält die Renten und Beamtengehälter zurück.
Dagegen wolle die Volksrepublik protestieren, erklärte der sogenannte Infrastrukturminister Viktor Jatsenko:
"Wir sind gerade dabei, eine eigene Post zu gründen, mit 124 Filialen. Sie soll die Briefe der Rentner an die Ukraine weiterleiten, die sich beschweren wollen. Die Ukraine ist verpflichtet, die Renten auszuzahlen, die sich die Menschen schließlich hart erarbeitet haben."
Außerdem fordert der Anführer der Volksrepublik Donezk, Zachartschenko, als Vorbedingung für Gespräche, dass die Ukraine ein Gesetz über einen Sonderstatus der besetzten Gebiete beschließt. Ein entsprechendes Gesetz gab es zwar bereits. Der ukrainische Präsident Poroschenko zog es jedoch zurück, als die Separatisten in ihren Gebieten Anfang November Parlamentswahlen abhielten.
Russlands Politik stößt auf Kritik bei Separatisten
Die Ukraine dürfte auf die gestellten Bedingungen kaum eingehen, meinen Beobachter. Dennoch könnte Russland die Separatisten zu neuen Verhandlungen drängen, heißt es in Kiew. Denn der russische Präsident Wladimir Putin schlug zuletzt versöhnlichere Töne an. Er trete dafür ein, dass die Gebiete Donezk und Luhansk in der Ukraine verbleiben, erklärte er vor wenigen Tagen. Dies stieß bei den Separatisten ebenso auf Protest wie die Entscheidung Russlands, wieder Gas und Kohle an die Ukraine zu liefern.
Der Ukraine machen nicht nur die besetzten Gebiete im Osten Sorgen, sondern auch die Staatsfinanzen. Experten rechnen für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um rund zehn Prozent. Das Land erhielt deshalb bereits zwei Tranchen eines Kredits des Internationalen Währungsfonds über insgesamt 3,6 Milliarden Euro.
Weitere Tranchen stehen noch aus. Eine Delegation des Währungsfonds traf deshalb heute in Kiew ein. Sie solle die Regierung bei der Erstellung des Staatshaushaltes im kommenden Jahr beraten, so der der Wirtschaftsexperte Olexandr Scholud:
"Der Währungsfonds kann kurzfristig helfen und uns auch beraten, aber die Hauptarbeit muss die neue ukrainische Regierung leisten. Sie muss jetzt Reformen auf den Weg bringen. Die gegenwärtige Krise macht es möglich, diese Reformen auch durchzusetzen. Die Chance dürfen wir nicht verpassen."
Wie hoch der Finanzierungsbedarf der Ukraine im kommenden Jahr ist, dazu gibt es noch keine konkreten Berechnungen. Bisherige Schätzungen gehen von einem Beitrag von über neun Milliarden Euro aus.
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