Waffenhandel

Frieden schaffen im Containerhafen

Von Axel Schröder · 06.02.2014
Nach den USA und Russland ist Deutschland der weltweit größte Waffenexporteur. Drehscheibe für den Handel mit Rüstungsgütern ist der Hamburger Hafen. Dagegen formiert sich nun prominenter Widerstand.
Mühsam ist die Suche nach den Waffentransporten über und aus dem Hamburger Hafen. Die Wirtschaftsbehörde erklärt auf Anfrage, weder zuständig zu sein noch Daten zum Waffenexport über Deutschlands größten Hafen liefern zu können. Besser informiert ist der Hamburger Zoll. Natürlich wisse man, so ein Sprecher, in welchem der rund jährlich neun Millionen umgeschlagenen Container Waffen stecken. Aber Statistiken, heißt es, gebe es darüber nicht. Der Zoll verweist ans Bundesamt für Ausfuhrkontrolle. Dort heißt es, man sei nur für die allgemeine Export-Genehmigung zuständig. Auf welchen Weg die Waffen dann Deutschland verlassen? Fehlanzeige.
Jan van Aken, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei und Rüstungsexperte, weiß aus einer Kleinen Anfrage seiner Partei zumindest über eine Zahl Bescheid:
"Das eine, was wir jetzt rausgefunden haben, ist die Munition. Denn das ist auch ein Gefahrengut, da gibt es Statistiken in Hamburg. Und da wissen wir, dass mittlerweile im Jahr im Schnitt etwa tausend Container mit Munition jeglicher Art Hamburg verlassen. Aber über Waffen anderer Art, über Sturmgewehre, Panzer oder was ich was, wissen wir gar nichts."
Bündnis fordert Stopp von Rüstungsexporten in Krisenregionen
Eintausend Container pro Jahr, rund drei Stück pro Tag. Der Zoll, so van Aken, weiß tatsächlich auch, wie viele Panzer, Truppentransporter oder Raketenwerfer über den Hafen verschifft werden. Ihm gegenüber, so van Aken, versicherte aber der Hamburger Zoll, dass die hauseigenen Computersysteme keinen genauen Überblick zuließen.
Mehr Transparenz und vor allem: den Stopp aller Rüstungsexporte in Krisenregionen über den Hamburger Hafen – das fordert nun ein neues Bündnis in der Hansestadt. Initiiert hat das Bündnis Christoph Störmer, Hauptpastor der St. Petri-Kirche in der Innenstadt:
"Der direkte Anstoß war, dass wir in Hamburg eine Demonstrationskultur hatten vor Weihnachten, die sich hochschaukelte mit Gewaltszenarien: die 'Rote Flora', die Polizei – und dann gab es diesen Aufkleber 'Hamburger gegen Gewalt!' Und in dem Moment wurde mir bewusst: Ich bin auch gegen Gewalt. Es braucht eine andere Demonstrationskultur! Ich komme selber aus der 'Gewaltfreien Aktion', seit über 30 Jahren. Auf der anderen Seite exportiert Hamburg Gewalt. Das wurde mir an der Stelle nochmal bewusst."
Auch Professoren setzen ein Zeichen - und der Erzbischof
…und diese Gewalt, so Störmer, führe erst zu den Flüchtlingsströmen, die Europa an seinen Außengrenzen und Deutschland durch Abschiebungen von Flüchtlingen eindämmen wollen. Störmer fragte Freunde und Bekannte, ob sie ihn unterstützen würden und ihre Unterschrift unter den Aufruf setzen wollen. Mit dabei sind der Erzbischof Werner Thissen, die Professoren Michael Brzoska und Hans-Jürgen Benedict, die Schauspielerin Nina Petri und ihr Kollege Peter Lohmeyer, der Regisseur Fatih Akin, natürlich auch Jan van Aken. Den Hamburger Reeder Peter Krämer, von Anfang an am Bündnis beteiligt, musste Störmer nicht lange überzeugen:
"Wenn ich weiß, dass Deutschland Nummer drei ist beim Waffenexport, dann ist das eine unglaubliche Schande! Wir haben im 20. Jahrhundert genügend angerichtet. Wir haben einfach die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, diesen – entschuldigen Sie: das ist viel zu harmlos: Mist zu beenden."
In den kommenden Wochen will Pastor Störmer weiter für das Bündnis gegen Waffenausfuhren über den Hamburger Hafen werben. Und herausfinden, wann und wo im Hafen Container mit Rüstungsgütern zum Abtransport bereitstehen.
"Wenn man die identifiziert hat, dann wird es kribbelig für die Port Authorities. Auch weil dann in Hamburg hier und da, denke ich, sei es Sitzblockaden, sei es Transparente sichtbar werden. Wir wollen nicht, dass aus unserem Hafen Gewalt exportiert wird."
Spätestens dann werden sich auch der Hamburger Senat und die Wirtschaftsbehörde positionieren, die sich bisher darauf beschränkt, nicht zuständig zu sein.
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