Vorzeitig geimpfte Amtsträger

Ein fataler Eindruck und seine Wirkung

08:12 Minuten
Eine Hand mit einer Spritze mit gelber Flüssigkeit vor hellblauem Hintergrund.
Was passiert mit Impfstoffresten? Hier seien klarere Regeln nötig, meint der Jurist Steffen Augsberg. © Unsplash / Diana Polekhina
Steffen Augsberg im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 10.02.2021
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Politiker und andere Amtsträger haben sich impfen lassen, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe waren. Ethikratmitglied Steffen Augsberg fordert deswegen nun bessere Pläne, was mit Impfstoff geschehen soll, der zu verfallen droht.
Seit mehreren Tagen herrscht Empörung über die vorzeitige Impfung einiger Kommunalpolitiker. Diese hatten sich impfen lassen, obwohl sie laut Impfverordnung noch nicht an der Reihe waren.
In Halle an der Saale hatte sich unter anderem der 63-jährige Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) im Januar impfen lassen. Der Landrat des Saalekreises, Hartmut Handschak (parteilos), hatte eine Spritze bereits am 31. Dezember erhalten, kurz nach Beginn der bundesweiten Impfkampagne. Das berichtet die "Mitteldeutsche Zeitung".
In Peine wurden neben dem Klinik-Geschäftsführer auch der Landrat und sein Stellvertreter vorzeitig gegen Corona geimpft, berichtet der NDR. Und auch in Stendal hat sich laut MDR die Verwaltungsspitze des Johanniter-Krankenhauses impfen lassen, obwohl sie laut Impfplan nicht an der Reihe war.

Missbrauch von Machtpositionen?

Immer mehr solche Fälle werden bekannt, auch aus Cottbus und Hennef. Der Jurist Steffen Augsberg, Mitglied im Deutschen Ethikrat, spricht von einem "fatalen Eindruck", wenn es denn so gewesen sei, dass Machtpositionen ausgenutzt worden seien. In einem solchen Fall müsse dann auch durchgegriffen werden.
Im Moment wisse man aber noch zu wenig über die konkreten Fälle, betont Augsberg zugleich. Die Verteidigungslinie der Betroffenen sei jeweils die, dass die Impfstoffe sonst weggeschmissen hätten werden müssen.
Ein Teil des Problems sei also die komplizierte Handhabung des Impfstoffs, sagt Augsberg. Die Fälle seien ein Hinweis darauf, dass die Strukturen insgesamt noch verbessert werden müssten. Es brauche bessere Pläne dafür, was mit dem Impfstoff geschieht, wenn die zur Impfung Eingeladenen nicht erscheinen, betont der Jurist.

Die öffentliche Wirkung vorzeitigen Impfens

Augsberg macht sich nun vor allem über die öffentliche Wirkung des vorzeitigen Impfens von Amtsträgern Sorgen. "Wir müssen gucken, dass nicht der Eindruck ensteht, da wird überall gemauschelt, und alle, die können, kommen früher an die Tröge ran."
Es gebe zahlreiche Beispiele dafür, dass sehr sorgfältig gearbeitet werde, "ganz vorsichtig mit dem knappen Gut Impfstoff umgegangen wird". Zugleich werde es immer gewisse Härten geben. "Wir kriegen sicherlich nicht eine Verteilung hin, bei der alle am Ende zufrieden sind und sagen: Das hat mir vollständig eingeleuchtet."
(ahe)
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