Vorwärts und nicht vergessen
Der historische Moment, die annähernd zwei Millionen Menschen auf der National Mall, die riesigen Erwartungen waren dann wohl doch etwas zu gewaltig, sowohl für Barack Obama wie auch für den Obersten Richter des amerikanischen Verfassungsgerichts. Sie verhaspelten sich beim Vorsprechen und Ablegen des Amtseids, mit dem Obama der 44. Präsident der Vereinigten Staaten wurde. Manche werden aufgeatmet haben: also doch nur ein Mensch und kein Messias.
Trotzdem bricht mit Obama eine neue Ära an. Kaum eine politische Handlung wird so zelebriert wie die Amtseinführung eines amerikanischen Präsidenten, die in ihren groben Zügen seit dem Ablegen des Amtseids von George Washington mit immer dem gleichen Zeremoniell abläuft, einschließlich der Rede, mit der jeder frisch vereidigte Präsident versucht, den Ton zu setzen für seine Amtszeit und für seine Art, zu regieren. Mit dieser Zeremonie zelebriert Amerika seine 1781 gegründete Republik, die der Welt die friedliche Machtübergabe durch demokratische Wahlen geschenkt hat, auch wenn es noch lange dauern sollte, bis alle Amerikaner in den Genuss des Wahlrechts kamen oder politische Ämter übernehmen durften.
Am Dienstag wurde diese Entwicklung vollendet, auch ein wichtiger Grund, warum die Amtseinführung Obamas so viele Amerikaner bewegte, nicht nur seine Wähler und Unterstützer. Schon entlang der Eisenbahnstrecke von New York nach Washington versammelten sich am letzten Wochenende Menschenmengen, als der Inauguration Express vorbeifuhr mit Obama an Bord. An denselben Gleisen standen so viele Menschen zuletzt vor 40 Jahren, als der Trauerzug mit dem Sarg des ermordeten Präsidentschaftskandidaten Robert Kennedy weiße und schwarze Amerikaner an die Gleise holte. Damals einte sie gemeinsame Trauer, diesmal ebenso große Gefühle von Hoffnung.
Obama selbst hat am Dienstag einen ganz anderen, neuen Ton getroffen. Bisher hatte er das Thema Rasse in seinen Wahlkampfreden zwar selten direkt erwähnt, aber doch immer wieder von seiner Herkunft erzählt oder Martin Luther King zitiert. Am Dienstag jedoch überließ er es seinen beiden Vorrednern, noch einmal emphatisch zu erklären, wie der lange Kampf um die Gleichberechtigung nun mit einer friedlichen Wahl seinen unblutigen Sieg errungen hat.
Bei allem Neuanfang und "Change", für den Obama geworben hat, wählte er in seiner Rede eine ganz andere Richtung. Er setzte sich zwar unerwartet scharf für den Anlass von seinem Amtsvorgänger ab. Aber noch viel stärker verankerte er sich in der Tradition und Geschichte des Landes, den Vorvätern und Gründungsdokumenten. Die Herausforderungen seien zwar neu, so Obama, aber die Werte Amerikas, mit denen ihnen begegnet würden, seien alt. Als wolle er all diejenigen beruhigen, die sich vor zu viel "Change" fürchten – sei es durch die Erfordernisse der wirtschaftlichen Lage oder durch das Neuartige an seiner eigenen Person oder zukünftigen Politik. Obama knüpft an eine alte amerikanische Tradition an: die Erneuerung aus Rückbesinnung auf die Gründungswerte der Nation.
Die Erneuerung, die Obama schaffen will, wird nicht durch das Abwerfen von als überholt empfundenen Werten passieren. Die Kulturkämpfe der 1960er und 70er Jahre scheinen endgültig vorbei – auch weil Obama der erste Präsident ist, der nicht mehr dieser Generation angehört.
Zur Rückbesinnung an die Gründungswerte der Nation passt, dass er in seiner Rede nicht wieder einmal seinen Lieblingspräsidenten Abraham Lincoln zitierte, sondern George Washington, den Urvater der Republik. Obama beschrieb, wie dieser in der düstersten Stunde des Unabhängigkeitskrieges sein letztes Häufchen Truppen aus einer verzweifelten Lage rettete. "Unseren Nachfahren möge man erzählen," sagte Washington, "wie im tiefsten Winter, als nichts überleben konnte außer Tugend und Hoffnung, Stadt und Land die gemeinsame Gefahr erkannten und bekämpften." Ein sehr düsteres Zitat in einem Amerika, das sich gerade in der tiefsten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren befindet. Aber vielleicht hilft es auch, Inspiration zu sammeln für die härteren Zeiten, durch die Obama das Land von nun an führen muss.
Am Dienstag wurde diese Entwicklung vollendet, auch ein wichtiger Grund, warum die Amtseinführung Obamas so viele Amerikaner bewegte, nicht nur seine Wähler und Unterstützer. Schon entlang der Eisenbahnstrecke von New York nach Washington versammelten sich am letzten Wochenende Menschenmengen, als der Inauguration Express vorbeifuhr mit Obama an Bord. An denselben Gleisen standen so viele Menschen zuletzt vor 40 Jahren, als der Trauerzug mit dem Sarg des ermordeten Präsidentschaftskandidaten Robert Kennedy weiße und schwarze Amerikaner an die Gleise holte. Damals einte sie gemeinsame Trauer, diesmal ebenso große Gefühle von Hoffnung.
Obama selbst hat am Dienstag einen ganz anderen, neuen Ton getroffen. Bisher hatte er das Thema Rasse in seinen Wahlkampfreden zwar selten direkt erwähnt, aber doch immer wieder von seiner Herkunft erzählt oder Martin Luther King zitiert. Am Dienstag jedoch überließ er es seinen beiden Vorrednern, noch einmal emphatisch zu erklären, wie der lange Kampf um die Gleichberechtigung nun mit einer friedlichen Wahl seinen unblutigen Sieg errungen hat.
Bei allem Neuanfang und "Change", für den Obama geworben hat, wählte er in seiner Rede eine ganz andere Richtung. Er setzte sich zwar unerwartet scharf für den Anlass von seinem Amtsvorgänger ab. Aber noch viel stärker verankerte er sich in der Tradition und Geschichte des Landes, den Vorvätern und Gründungsdokumenten. Die Herausforderungen seien zwar neu, so Obama, aber die Werte Amerikas, mit denen ihnen begegnet würden, seien alt. Als wolle er all diejenigen beruhigen, die sich vor zu viel "Change" fürchten – sei es durch die Erfordernisse der wirtschaftlichen Lage oder durch das Neuartige an seiner eigenen Person oder zukünftigen Politik. Obama knüpft an eine alte amerikanische Tradition an: die Erneuerung aus Rückbesinnung auf die Gründungswerte der Nation.
Die Erneuerung, die Obama schaffen will, wird nicht durch das Abwerfen von als überholt empfundenen Werten passieren. Die Kulturkämpfe der 1960er und 70er Jahre scheinen endgültig vorbei – auch weil Obama der erste Präsident ist, der nicht mehr dieser Generation angehört.
Zur Rückbesinnung an die Gründungswerte der Nation passt, dass er in seiner Rede nicht wieder einmal seinen Lieblingspräsidenten Abraham Lincoln zitierte, sondern George Washington, den Urvater der Republik. Obama beschrieb, wie dieser in der düstersten Stunde des Unabhängigkeitskrieges sein letztes Häufchen Truppen aus einer verzweifelten Lage rettete. "Unseren Nachfahren möge man erzählen," sagte Washington, "wie im tiefsten Winter, als nichts überleben konnte außer Tugend und Hoffnung, Stadt und Land die gemeinsame Gefahr erkannten und bekämpften." Ein sehr düsteres Zitat in einem Amerika, das sich gerade in der tiefsten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren befindet. Aber vielleicht hilft es auch, Inspiration zu sammeln für die härteren Zeiten, durch die Obama das Land von nun an führen muss.