Vorstoß von Wirtschaftsminister Altmaier

Schlechte Erfahrungen mit dem Verkauf von "Tafelsilber"

06:40 Minuten
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Rednerpult im Deutschen Bundestag
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) © picture alliance/dpa | Dorothée Barth
Harald Welzer im Gespräch mit Anke Schaefer  · 01.02.2021
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Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) überlegt, die Bundesbeteiligungen an Post und Telekom zu verkaufen - zur Finanzierung der Coronakrise. Das sollte man besser lassen, meint der Soziologe Harald Welzer.
Die Corona-Krise wird Milliarden verschlingen - doch wer soll das alles bezahlen? Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwägt nun, das Tafelsilber des Bundes zu veräußern: etwa die milliardenschweren Beteiligungen an der Post und der Deutschen Telekom. Der Soziologe und Publizist Harald Welzer hält überhaupt nichts von dieser Idee.

"Komplett kurzatmig gedacht"

Zum einen sei "es wenig originell, in einer finanziell beklemmenden Siuation mal nachzugucken, was man zu verscherbeln hat", so Welzer. Zum anderen seien die Erfahrungen mit dem Verkauf von Tafelsilber fast durchgängig schlecht. Bei der Bahn sei Privatisierung der Beginn des Kaputt-Sparens gewesen und auch der Verkauf von Immobilien auf der kommunalen Ebene sei "uns komplett auf die Füße gefallen". Altmaiers Vorschlag sei von daher "komplett kurzatmig gedacht". Hinzu komme, dass das Geld zur Finanzierung der Krise gar nicht ausreichen werde.

Die Verteilungskämpfe werden schärfer werden

Die Zukunft nach der Corona-Krise wird Welzer zufolge "eine bittere werden". Bei sinkenden Steuereinnahmen und höherer Verschuldung werde man überall das Problem haben, "dass der Konkurrenzkampf um verfügbare Mittel schärfer wird." Die Frage sei dann, wer das meiste Gewicht habe, seine Interesse einzubringen. Die Verteilungskämpfe würde "sicherlich zuungunsten derjenigen ausfallen, die gesellschaftlich ohnehin gegenüber der Wirtschaft sozusagen die geringste Power haben."

Politik ist keine Arena für Veränderungen

Aus der Politik erwartet Welzer ohnehin keine innovativen Ideen, wie sich die Folgen der Krise überwinden lassen werden. "Ideen werden nicht in der Politik geboren, sie werden in der Zivilgesellschaft geboren. Sie werden dort geboren, wo sich Initiativen, Gruppen, zum Teil auch Unternehmen auf den Weg machen, etwas anders zu machen - und über diesen Umweg gehen Neuerungen auch irgenwann in das politische Feld. Das dauert - aber die Poltik ist nicht die Arena für Veränderung und Erneuerung."
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