"Vorsicht Sehnsucht“

21.04.2010
Mal Konversationsstück, dann wieder Eifersuchtsdrama und zwischendurch populärer Boulevard: Mit einer unorthodoxen Inszenierung und ebenso ungewöhnlichen Handlung erforscht Regisseur Alain Resnais die Welt der Gefühle.
Frankreich 2009, Regie: Alain Resnais, Hauptdarsteller: Sabine Azéma, André Dussollier, Anne Consigny, Emmanuelle Davos, Mathieu Amalric, 103 Minuten, ab 12 Jahren

Man bekommt es hier mit einer wunderbar unorthodoxen Kreuzung aus Liebestragödie und -komödie unter reiferen Menschen zu tun. Der Zahnärztin Marguerite wird ihr Portemonnaie geklaut, der Pensionär Georges findet es und verliebt sich in ihr Passfoto. Ein Katz-Maus-Spiel zwischen den beiden beginnt, das immer neue überraschende Wendungen und unerwartete Reaktionen hervorbringt.

Georges reagiert mit heftigen Beschimpfungen auf Marguerites Abweisungen, sie wiederum wendet sich an dessen Frau, die froh zu sein scheint, dass sie eine Nebenbuhlerin hat.

"Vorsicht Sehnsucht" erinnert an absurdes Theater. Das Schöne dabei ist, dass das Absurde sich in aller Selbstverständlichkeit ereignet. So unorthodox wie die Handlung ist auch die Inszenierung. Fließend wechselt dieser Film seine Tonlage, ist mal Konversationsstück, dann wieder Eifersuchtsdrama und zitiert immer wieder die populäre Form des Boulevards. Durch die farbenfrohe Künstlichkeit seiner Dekors treten die Gefühle, um die es hier schließlich geht, erst recht hervor.

Auch mit diesem Film betreibt Alain Resnais Gefühlsforschung. Immer wieder begibt sich dieser Regisseur auf die Suche nach den Empfindungen und Regungen, die seine Figuren selbst noch nicht erahnen können. In "On connait la chanson" sangen sie plötzlich los, drückten so ihre geheimen Wünsche und Sehnsüchte aus, um sodann wieder zum Alltag über zu gehen als sei nicht geschehen . In "Vorsicht Sehnsucht" sind es die unerwarteten Ausbrüche, Seitenwege, Eruptionen, die plötzlich die Wahrheit ans Tageslicht bringen.

Mit diesem Film ist der 88-jährige Resnais seinem Ruf als dem großem Unberechenbaren des französischen Kinos wieder einmal gerecht geworden. Wieder einmal hat er seine Lieblingsdarsteller um sich geschart, die ihr boulevardeskes, leicht übertriebenes Auftreten mit großer Selbstverständlichkeit überspielen können.