Vorgespult

Drei Filme, die sich lohnen

Robert Altman (1925–2006) bei der Entgegennahme des Ehren-Oscars für sein Lebenswerk 2006
Robert Altman (1925–2006) bei der Entgegennahme des Ehren-Oscars für sein Lebenswerk 2006 © dpa / picture alliance / PA West
Von Christian Berndt · 14.02.2015
In "Vorgespult" gibt es heute drei innige Empfehlungen: Eine anregende Dokumentation über den Regisseur Robert Altman, die großartige Satire "Jacky im Königreich der Frauen" und einen der mitreißendsten Musikerfilme der Kinogeschichte.
Filmausschnitt: "Als Führerin der Streitkräfte ist es die Aufgabe unserer geliebten Colonel, die Freiheit ihres Volkes gegen die ausländischen Pervertisten zu verteidigen, denn das Reich des Bösen schläft nicht. Gemüsefresser und Pferdeschänder lauern an jeder Ecke. Den Krieg gegen das Perverse führt die Colonel mit harter Hand!"
Das Fernsehen überträgt die Ansprache von Bubunne XVII., die mit harter Hand über die Volksrepublik Bubunne herrscht. Die französische Filmsatire "Jacky im Königreich der Frauen" spielt in einer weiblichen Militärdiktatur, in der das heilige Pferdchen als Gottheit angebetet wird und die Männer im Haushalt dienen und verschleiert herumlaufen. Die Tochter der Diktatorin wird bald die Herrschaft antreten, und in diese androgyne Schönheit – gespielt von Charlotte Gainsbourg – hat sich unsterblich der 20-jährige Jacky verliebt. Er setzt alle seine Hoffnung auf den großen Ball, auf dem die Thronfolgerin ihren künftigen Gatten wählen wird. Die Jünglinge des Landes sind schon ganz aufgeregt und beten zum heiligen Pferdchen, dass sie erwählt werden:
"Heiliges Pferdchen, sprich zu mir. Vertreib meine schlechten Gedanken. Sag mir, dass die Colonel mich erwählen wird. – Sag mir, dass ich schön genug bin. – Ich habe das Pferdchen gehört! – Was? – Es hat zu mir gesprochen und gesagt, wer der nächste große Dödel wird! – Sag schon, wer ist es?"
Der syrischstämmige französische Regisseur Riad Sattouf benutzt in "Jacky im Königreich der Frauen" alle Geschlechter-Klischees, stellt sie aber genial auf den Kopf: Burschikose Soldatinnen stellen verhuschten Jünglingen nach, die sich beim Frisör schön machen. Und auch alle kulturellen Stereotypen werden durch den Kakao gezogen – wenn etwa der Saal beim großen Ball mit verhüllten Männern gefüllt ist, werden reihenweise irritierende Assoziationen geweckt. Mit diesem Film legt Filmregisseur und Comiczeichner Sattouf, der unter anderem in der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" veröffentlichte und den wichtigsten europäischen Comicpreis erhielt, eine großartige Satire vor, die sich jedem Schema entzieht.
Wechselhafte Karriere eines Freigeistes
Konventionen spielten auch für ihn keine Rolle: Robert Altman. In den 70er-Jahren wurde er mit Filmen wie "M.A.S.H" und "Nashville" zur Ikone des amerikanischen Independent-Kinos. "Altman" heißt der anregende Dokumentarfilm, den der kanadische Regisseur Ron Mann über den 2006 verstorbenen, letzten großen Regisseur des gesellschaftskritischen Kinos gedreht hat.
In Interviews, Spielfilmausschnitten und Privatfilmen kommt vor allem Altman selbst zu Wort. Dabei lässt der Film in tollen Originalaufnahmen nicht nur die wechselhafte Karriere des Freigeistes Revue passieren, der mit seinem realistisch-rohen Stil das amerikanische Kino revolutionierte, sondern man erlebt Altman auch als Zeitzeugen einer Ära, die er als Hollywoods größter Mythen-Zerstörer mitprägte.
Furioses Drama am Schlagzeug
Vom Zerstören eines amerikanischen Mythos handelt auch der amerikanische Film "Whiplash". Der ehrgeizige Jazzschlagzeuger Andrew Neiman besucht das renommierte Schaefer-Musik-Konservatorium in New York. Als er wieder mal nachts übt, fällt er dem berühmt-berüchtigten Lehrer Flechter auf, der ihn spontan in seine legendäre Jazzband holt:
Filmausschnitt: "Wir haben heute einen Frischling hier, Männer, Neiman, 19 Jahre alt. Ist er nicht süß?"
Andrew wird nun gefördert von dem Jazz-Meister. Doch die anfängliche Begeisterung weicht immer mehr einem unsäglichen Druck - wenn etwa Fletcher den Neuen vor versammeltem Orchester demütigt:
Filmausschnitt: "Was steht da? – 215 Schläge pro Minute. – Zähl mir einen 215er. – One, two three, four... – Scheiße, ich wusste nicht, dass geistig Zurückgebliebene am Schaefer aufgenommen werden. Kannst Du wirklich kein Tempo lesen, kannst Du überhaupt Noten lesen? Was steht da? – Eine Achtel?"
Fletcher schürt einen gnadenlosen Wettkampf unter den Studenten. Der junge amerikanische Regisseur Damien Chazelle, der ursprünglich selbst Profi-Schlagzeuger werden wollte, hat in seinem zweiten Film "Whiplash" eigene Erfahrungen eingebracht. Beklemmend entwickelt er nicht nur ein intensives Psychodrama zwischen Lehrer und Schüler, sondern destruiert auch den so oft im Kino erzählten Mythos vom steinigen Weg zum Ruhm − stattdessen erlebt man die Horrorvision eines Künstlertraums. Und in seinen Musikszenen entwickelt der Film bis zum furiosen Finale einen Drive, der den Zuschauer geradezu körperlich bis zur Erschöpfung mitnimmt und "Whiplash" zu einem der mitreißendsten Musikerfilme der Kinogeschichte macht.
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