Vorgespult

Die Kinostarts der Woche

Die britische Schauspielerin Lily James vor einem Film-Poster "Cinderella" in Mailand am 18.02.2015
Die britische Schauspielerin Lily James spielt die Hauptrolle in "Cinderella". © picture alliance / dpa / Matteo Bazzi
Von Christian Berndt · 07.03.2015
"Vorgespult" stellt in dieser Woche zwei Filme vor, in denen es um starke Frauen geht und einen Film, in dem sich ein kleiner norddeutscher Ort gegen ein Asylbewerberheim wehrt - drei Kino-Neustarts in dieser Woche.
Arme Cinderella. Nicht nur, dass sie für ihre Stiefmutter und deren verwöhnte Töchter die gesamte Hausarbeit verrichten muss, sie wird dafür auch noch verhöhnt. Aber ihrer Zuversicht können diese Demütigungen nichts anhaben. Und mit ihrer Charakterfestigkeit schafft sie es sogar, einen Prinzen zu beeindrucken. Als der mit seiner Jagdgesellschaft unterwegs ist - während Cinderella gerade ausreitet - rettet sie im Galopp einen Hirsch vor den Jägern:
"Ho, ho. Sind Sie verletzt? – Mir geht es gut, aber Sie hätten ihn fast zu Tode erschreckt. – Wen? – Den Hirsch. – Aber wir sind auf der Jagd, da ist das so. – Nur weil etwas so ist, heißt das nicht, dass etwas so sein sollte. – Da haben Sie recht. Ich hoffe sehr, dass wir uns wiedersehen."
Eine moderne Cinderella in klassischem Gewand
"Cinderella", Disneys Real-Neuverfilmung des Zeichentrick-Klassikers, zeigt eine moderne Cinderella im klassischen Gewand. Sie ist lebenstüchtig, clever und kein Heimchen, das vom Prinzen gerettet werden müsste. Und auch die elegant-diabolische Stiefmutter, gespielt von Cate Blanchett, tritt zeitgemäß auf. Aber die Aktualisierungen des Shakespeare-Regisseurs Kenneth Branagh machen den starbesetzten Kostümfilm nicht spannender: Opulenz ersetzt Zauber, Cinderella ist smart, aber mit ihrem sanften Pragmatismus auch langweilig. Und statt durchdachter Neuinterpretation gibt es wieder mal die Mär von der Selbstrettung durch positives Denken.
Ein junges Mädchen auf einem weiten Weg
Von echtem Mut dagegen erzählt nach einer wahren Geschichte der äthiopische Film "Das Mädchen Hirut". Die Anwältin und Frauenrechtlerin Meaza Ashenafi hört von dem Fall der 14-jährigen Hirut, die entführt und vergewaltigt wurde. Auf der Flucht vor seinen Peinigern erschoss das Mädchen den Vergewaltiger. Dafür sitzt Hirut nun im Gefängnis. Ashenafi übernimmt den Fall:
"Wir sind hier wegen Hirut. – Aus welchem Grund? – Wir sind ihre Anwältinnen. – Sie braucht keine Anwältinnen, sie weiß, was sie getan hat. Sie hat einen Mann getötet. Und dafür bezahlt sie mit ihrem Leben."
Nach traditionellem Brauch gilt die Entführung einer Frau zum Zwecke der Heirat als legitim. Vor dem Ältestenrat in Hiruts Dorf fordert der Vater des getöteten Vergewaltigers Rache:
"Es war der Wunsch meines Sohnes, dieses Mädchen zu heiraten. Gemäß unserer Tradition hat er sie entführt. – Genau, es ist Tradition, unsere Frauen zu entführen. – Aber jetzt ist er tot. Also will ich gemäß der Tradition, dass dieses Mädchen mit dem Tod bestraft und neben ihrem Opfer begraben wird."
Die Anwältin führt einen Kampf gegen Windmühlen. Noch nie wurde vor Gericht in einem solchen Fall zugunsten der Frau entschieden, und obwohl die Verfassung die Brautentführung verbietet, wagt kein Jurist, sie anzufechten. Der äthiopische Regisseur Zeresenay Berhane Mehari schildert in "Das Mädchen Hirut" die Geschichte dieses realen Falls, der in den Neunzigerjahren ganz Äthiopien aufrührte, realistisch und behutsam.
Der Film zeigt ebenso anschaulich die Schwierigkeit, im komplexen Geflecht traditioneller Ansprüche individuelle Rechte zu erstreiten, wie das ernsthafte Bemühen des Ältestenrates um Konsens. Mit dieser Innensicht auf eine sehr disparate Gesellschaft macht der Film nachvollziehbar, was für einen weiten Weg Hirut auf sich nehmen musste.
Bürgerinitiative gegen Asylbewerber
Von den Ansprüchen einer Dorfgemeinschaft handelt auch der Dokumentarfilm "Willkommen auf Deutsch". Im norddeutschen 400-Seelen-Dorf Appel sollen in einem ehemaligen Pflegeheim 53 Asylbewerber untergebracht werden. Dagegen hat sich eine Bürgerinitiative gebildet:
"Hier in Appel, im Zentrum, sind 200 Bürger, die hier wohnen. Wenn wir jetzt 53 Asylanten hier bekommen, dann haben wir eine Quote von über 25 Prozent Asylanten hier im Kern. Glauben Sie, dass das sozialverträglich ist? Sie haben auch eine soziale Verantwortung den Bürgern in Appel gegenüber. – Genau! (Applaus)"
Parallel zur Dorfgemeinschaft folgt der Film dem Alltag von Asylbewerbern im Landkreis, zeigt die Nöte einer von Abschiebung bedrohten tschetschenischen Familie, aber auch die engagierte Unterstützung von Anwohnern. Die Dokumentarfilmer Carsten Rau und Hauke Wendler stellen nüchtern die verschiedenen Lebenswelten nebeneinander und lassen unkommentiert die Menschen zu Wort kommen. Zwischen Verständigung, solidarischer Hilfe und dumpfen Ressentiments scheint alles möglich – so entsteht im Mikrokosmos eines Dorfes ein außergewöhnlich gut beobachtetes Gesellschaftsporträt.