Vor seiner Rede zur Lage der Nation

Barack Obama als Präsident der Hoffnung

US-Präsident Barack Obama hält seine Rede zur Lage der Nation im Kapitol in Washington.
Selbstbewusst: US-Präsident Barack Obama während seiner letzten Rede zur Lage der Nation im Jahr 2015. © imago / UPI Photo
Von Marcus Pindur · 12.01.2016
Kaum ein US-Präsident gibt sich in seinen Reden zur Lage der Nationen so optimistisch wie Barack Obama. Ein Rückblick auf frühere Reden zeigt allerdings: Vor allem ein Versprechen stellte sich als Illusion heraus.
Die Rede zur Lage der Nation, die "State of the Union Message", ist nie ein nüchterner Rechenschaftsbericht. Sie ist immer auch ein Appell an die Nation, die besten Seiten an sich neu zu entdecken, sie ist ein Rückblick auf die zurückgelegte politische Strecke und sie ist ein Ausblick in eine – natürlich – bessere Zukunft. Selbst, wenn die Gegenwart düster ist, so, wie bei Barack Obamas erster State-of-the-Union-Rede, im Jahr 2009:
"Der schlimmste Teil des Sturmes ist vorüber, aber er hat viel Zerstörung hinterlassen."
... erklärte ein damals noch nicht ergrauter Barack Obama einer Nation, die in den Abgrund einer Wirtschaftskrise geblickt hatte. Und er wäre kein amerikanischer Präsident, wenn er das Leitmotiv der Hoffnung, das er auch in seinem Wahlkampf intoniert hatte, nicht auch im Angesicht der schwersten Wirtschaftskrise seit 75 Jahren beschworen hätte.
"Trotz all unserer Schwierigkeiten - die Vereinigten Staaten von Amerika sind stark. Wir geben nicht auf."
Konjunkturpaket, Finanzmarktreform, Obamacare
Das Leitmotiv der Hoffnung und des Optimismus durchzieht die Reden dieses Präsidenten wie die kaum eines anderen seit John F. Kennedy. Wichtige Initiativen wurden in den ersten zwei Jahren seiner Präsidentschaft umgesetzt. Ein großes Konjunkturpaket, das Gesetz zur Finanzmarktreform und seine wohl nachhaltigste Hinterlassenschaft: das Gesundheitsreformgesetz, genannt Obamacare. Circa 14 Millionen bislang Unversicherte haben mittlerweile eine Krankenversicherung – der Hinweis darauf wird auch in seiner letzten Rede zur Lage der Nation nicht fehlen.
Die von Obama zu Anfang in Aussicht gestellte große Versöhnung über die politischen Lager hinweg stellte sich allerdings immer mehr als eine apolitische Illusion heraus. Denn der Präsident operiert im Zusammenspiel mit dem Kongress. Und der politische Alltag wurde schlagartig sehr grau für Obama, als 2010 die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernahmen.
Die politische Polarisierung nahm in den Jahren Obamas Amtszeit immer weiter zu, insbesondere bei den Republikanern. Auch rächte sich, dass man die Gesundheitsreform ohne jegliche Konzessionen an die Republikaner durchgezogen hatte.
Rede als ein Teil der politischen Amtsübergabe
Außenpolitische Initiativen waren sehr selten in Obamas Reden zur Lage der Nation. Eine Ausnahme gab es 2013:
"Wir werden ein umfassendes Freihandels- und Investitionsabkommen mit der EU in Angriff nehmen. Freier und fairer Handel über den Atlantik hinweg schafft Millionen gutbezahlter Jobs in Amerika."
Doch dieses Abkommen wird zum Ende seiner Präsidentschaft nicht fertig sein. So wie Obama auch viele andere internationale Probleme ungelöst hinterlassen werden wird. Die Rede zur Lage der Nation ist damit auch bereits ein Teil der politischen Amtsübergabe an seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin.
Mehr zum Thema