Vor der Wahl: Sachsen-Anhalt

Von Verena Kemna · 10.03.2006
Nach vier Jahren an der Regierung hat die CDU/FDP-Koalition unter Ministerpräsident Wolfgang Böhmer durchaus Positives vorzuweisen: Sachsen-Anhalt hat die rote Laterne abgegeben, die Arbeitslosenquote liegt nicht über, sondern unter 20 Prozent, die Verwaltung wurde reformiert, der Haushalt wird weiter konsolidiert, die Kinderbetreuung gilt bundesweit als vorbildlich.
Eine Aufbruchstimmung aber gibt es nicht, die Menschen empfinden die Entwicklung eher als negativ, so dass die Sozialdemokraten für die kommenden Landtagswahlen wieder Morgenluft wittern. Um deren Spitzenkandidaten Jens Bullerjahn schart sich ein ganzes Team von Wahlkampfprofis, CDU und FDP hingegen setzen ganz allein auf den Einzelkämpfer Wolfgang Böhmer.

Der Weg nach Jerichow führt über Landstraßen durch Wälder, vorbei an Feldern, Wiesen und kleinen Dörfern. Das Jerichower Land ist eine strukturschwache Region, wie die Altmark im Norden des Landes oder das Mansfelder Land im Süden. Mindestens jeder Fünfte ist arbeitslos. Im Jerichower Land gibt es keine Großindustrie aber viel Natur, Radwanderwege und ein besonderes historisches Baudenkmal an der Straße der Romanik. Das Kloster Jerichow mit den hohen Türmen ragt weithin sichtbar über das flache Land, ein Anziehungspunkt für Touristen. Harald Bothe kommt aus der Region. Seit fünf Jahren ist er der ehrenamtliche Bürgermeister von Jerichow.

"Es ist natürlich das Problem der Arbeitsplätze, obwohl der Landkreis noch recht gut da steht. Leider ist es auch in unserer Stadt so, dass wir viel Abwanderung haben. Wir mussten die Sekundarschule schließen, weil wir zu wenig Schüler haben. Wir setzen auch auf Tourismus, natürlich sind wir jeder Ansiedlung von Industrie sehr aufgeschlossen gegenüber, ansonsten kleine Handwerksbetriebe et cetera."

Stadtgespräch seit Monaten ist ein Investor. Es heißt, er wolle in den 800 Jahre alten Klostermauern in Hotelzimmer der Luxusklasse investieren. Etwa 30.000 Besucher kommen jedes Jahr nach Jerichow. Es sollen mehr werden, sagt Harald Bothe. Ob eine Luxusherberge den Aufschwung nach Jerichow bringt, Harald Bothe ist skeptisch.

"Also es gibt einen Interessenten, mehr eigentlich noch nicht. Der Stiftungsvorstand ist im Moment in Verhandlungen. Genaue Vorstellungen gibt es noch nicht."

Land, Landkreis, Kirche und Kirchengemeinde sind an der Stiftung beteiligt. Eine Sanierung der Anlage mit Nebengebäuden kostet Millionen. Im Mai soll ein Kuratorium über die Pläne des Investors entscheiden. René Leudesdorff, pensionierter Pfarrer aus Flensburg ist gegen die Luxusherberge im Kloster. Er engagiert sich in Jerichow für ein Zentrum der Romanik.

"Diese Kirche ist im Umkreis von 100 Kilometern umgeben von etwa 100 romanischen Kirchen, die großenteils noch gar nicht erforscht sind. Wir haben also die Möglichkeit hier große Forschungsaufgaben zu tätigen und die Verbindung zu Ost- und Nordeuropa herzustellen."

Sachsen-Anhalt ist Kulturland, sagt er, legt den Kopf in den Nacken, blickt hoch hinauf unter die flache Holzdecke des Kirchendachs. Leuchtend orangeroter Backstein, hell geputzte Wandflächen. Aus meterdicken Säulen schwingen sich Rundbögen, durch hohe Bogenfenster fällt Licht in den romanischen Innenraum.

"Ich weiß, dass ich eine Stunde etwa da gesessen habe und einfach still geworden bin. Das ist das, was der Raum vermittelt mit seiner großen Kraft und Ruhe."

Er atmet die eiskalte Luft, schweigt minutenlang, steht einfach so da. Das riesige Kirchenschiff, der rote Backstein, die geraden klaren Formen. Er ist oft hier und immer wieder überwältigt.

Mit lautem Krachen fällt die schwere dunkle Holztür ins Schloss. Er schreitet durch den gewölbten Kreuzgang. Die Decke ist weiß getüncht, Backsteine zieren das Gewölbe. Wenn sich jetzt am Ende des Kreuzgangs die schwere Holztür des Sommerrefektoriums öffnete … wenn Prämonstratenser Mönche in ihren weißen Kutten aus ungebleichter Wolle ihm, René Leudesdorff, entgegen kämen… er würde sich nicht wundern. Der Geist des Klosters ist unverändert, seit über 800 Jahren.

"Das ist das Sommerrefektorium mit Kapitellen, die auf Künstler aus der Provence oder Oberitalien verweisen. Mit ganz wunderschönen Gestaltungen, mit Früchten, Blättern, Arkantusblättern und anderen. Sehr gut erhalten und gehört mit zu den bedeutendsten ihrer Zeit, jedenfalls hier in Norddeutschland. "

Touristen, die in der Klausur übernachten, für ihn unvorstellbar. Er schüttelt den Kopf, läuft durch offene zugige Gänge, Holztreppen rauf und runter. Die Scheinwerfer über den Museumsregalen sind aus. Das spart Geld. Im Halbdunkel Ziegelsteine, Gefäße, Scherben. Hinter einer Holztür, ein kleines Büro. Der einzige warme Raum im ganzen Kloster. Museumsleiter Rolf Naumann sitzt am Schreibtisch. Der stämmige Sachse mit dem runden Gesicht lacht, als er den Pfarrer sieht. 1997 haben sich beide in diesem Büro zum ersten Mal getroffen.

Er legt die Hand auf einen Stapel bedruckter DIN-A4-Blätter. Der Bericht ist eindeutig. Wissenschaftler und Denkmalpfleger sind gegen das Hotel im Kloster. Hotelgäste in den 800 Jahre alten Mauern, der stämmige Sachse schüttelt den Kopf.

"Man kommt hierher ganz einfach, um die Romanik in Backstein zu erleben. Das ist eine so faszinierende Sache, dass wir es auch vorwiegend mit Bildungspublikum zu tun haben. Die Menschen möchten wissen, wo kam der Backstein her, wie wurde er bearbeitet. Wenn es uns gelingen sollte, diese Ausstellung zu erweitern, dann hätten wir europaweit eine einzigartige Ausstellung. "

René Leudesdorff hört begeistert zu. Er ist voller Hoffnung.

"Die Kunsthistoriker von Halle haben angeboten. Wenn wir dieses Institut gründen, es zum Aninstitut der Universität zu machen. Ein klares Angebot, liegt auf dem Tisch."

Für Yvette Marquardt ist René Leudesdorff einfach nur der Engel von Jerichow. Sie ist mit der Klosterkulisse aufgewachsen, engagiert sich in der Gemeinde. Am liebsten steht sie im hohen Chor in der Apsis. Durch die Bogenfenster fällt Tageslicht, der Raum ist Symbol für Auferstehung und neues Leben.

"Na, Herrn Leudesdorff haben wir viel zu verdanken. Man kann schon sagen, dass er so etwas Engelhaftes hat. Es hätte auch jemand anders sein können. Aber er war eben da und hat etwas gemacht. Ich hoffe, dass er noch viele Jahre da ist und bei uns bleibt, das ist ganz wichtig."

Kloster Jerichow ist ein Leuchtturm an der Straße der Romanik. Im Mai soll die Entscheidung fallen. Vielleicht wird es dann in den alten Mauern eine Unterkunft der Luxusklasse geben. Vielleicht wird in Jerichow ein europäisches Zentrum der Romanik entstehen. Fest steht, dass die strukturschwache Region auf Touristen setzt. Etwa 45.000 gewerbliche Arbeitsplätze hängen im Kulturland Sachsen-Anhalt am Tourismus. Ein wichtiger Wirtschaftszweig ebenso wie die Ernährungswirtschaft.

Ob Knäckebrot aus Burg, schokoladige Hallorenkugeln aus Halle oder knusprige Kekse aus Wittenberg. Die Ernährungswirtschaft ist mit 21.000 Arbeitsplätzen eine Säule auf dem Arbeitsmarkt. Im Land mit einer der bundesweit höchsten Arbeitslosenquoten, zählt jeder einzelne Arbeitsplatz. 62 Männer und Frauen aus der Region Wittenberg verdanken dem Unternehmer Wolfgang Fischer ihren Arbeitsplatz. Ohne seine Vision, ohne seinen Mut wären die Kekse aus DDR-Zeiten längst aus den Regalen verschwunden. Nach der Wende kaufte Wolfgang Fischer die zweitgrößte Keksfabrik der DDR von der Treuhand. Er holte 20 der ehemals 500 entlassenen Mitarbeiter zurück und fing an, die alten Kekse neu zu produzieren.

"Meine Vorstellungen waren viel einfacher von der Geschichte. Ich dachte, man kommt viel schneller in die Märkte hinein. Aber das war trügerisch, es hat doch länger gedauert, aber man schafft es. Der Bekanntheitsgrad von Wikana in den neuen Bundesländern war und ist sehr hoch. Die Produkte sind in Ordnung, so dass Werbung nicht so wichtig war. Es war wichtiger neue Produkte zu entwickeln, die eine hohe Qualität haben."

Erst nach fünf Jahren gelingt der Durchbruch. Es ist Othello, der dunkle rechteckige Keks mit viel Kakao, der Wikana in die Regale der Supermärkte bringt. Othello ist eine Kultmarke nach altem Rezept genauso wie der Hansa Keks, ein goldgelb gebackener Flachkeks. 35 verschiedene Kekssorten laufen in den denkmalgeschützten Fabrikhallen täglich vom Band.

Besonders stolz ist Wolfgang Fischer auf die so genannte Sandwichproduktion. Schließlich ist Wikana die einzige Firma in den neuen Bundesländern, die Kekse füllen kann. Am Fließband steht die gelernte Floristin Nicole Steinbiß. Den Lohn in ihrer Probezeit hat das Land Sachsen-Anhalt bezahlt, aus dem Programm "gegen Abwanderung junger Landeskinder". Eine lohnende Investition, Nicole Steinbiß hat die Probezeit bestanden.

"Meinen Arbeitsvertrag habe ich seit dem 1. Februar. Ich möchte gerne hier bleiben, sonst ist ja hier nichts, sonst müsste ich doch weggehen. Die Arbeit macht Spaß, die Leute sind in Ordnung."

Der Unternehmer Wolfgang Fischer macht mit den Keksen aus Wittenberg sieben Millionen Euro Jahresumsatz. Drei Millionen Euro hat er in den vergangenen Jahren investiert. Ohne die so genannten GA Mittel, Fördergelder aus dem Topf Gemeinschaftsaufgabe Ost hätte das Traditionsunternehmen Wikana längst schließen müssen. Dank der Fördergelder geht es in der Keksfabrik weiter aufwärts. Wolfgang Fischer und seine 62 Mitarbeiter sind gut aufgestellt. Der Unternehmer hat eine Vision: Wikana Kekse erobern die Regale im Westen.

"Da hat uns die Investitionsbank Sachsen-Anhalt sehr unterstützt in der Beratung, bei der Antragsformulierung und Durchführung. Jetzt sind wir bei der letzten Abrechnung. Ohne diese Mittel von der EU, dem Bund und dem Land hätten wir den Aufbau nicht bewerkstelligt oder es wäre noch langsamer gegangen."

Die Chemieindustrie in Sachsen-Anhalt ist die zweite Säule auf dem Arbeitsmarkt. Sie bietet etwa 13.000 Arbeitsplätze. Jeder einzelne ist teuer bezahlt. Die Anlagen der TOTAL Raffinerie bei Leuna präsentieren eine eindrucksvolle Kulisse. In der Sonne spiegelt sich der silbrige Glanz gebogener Metallrohre – ein Labyrinth aus unzähligen Raffinerietürmen. In der Chemieindustrie haben zu DDR-Zeiten 120.000 Menschen gearbeitet. Geblieben ist nur einer von zehn Arbeitsplätzen. Die TOTAL Raffinerie Mitteldeutschland GmbH ist mit einem Investitionsvolumen von 2,6 Milliarden Euro das größte deutsch-französische Wirtschaftsprojekt in den neuen Bundesländern. Für das Prestigeobjekt sind eine halbe Milliarde Euro Fördergelder geflossen, Korruptionsvorwürfe stehen bis heute im Raum. Geschäftsführer Manfred Gieseler ist überzeugt: Ohne Leuna wäre die Chemieindustrie in Mitteldeutschland tot.

"Hier in Leuna haben wir 9000 wettbewerbsfähige Arbeitsplätze und Dow hat nochmal 2500 Arbeitsplätze allein in Schkopau und dann kommt Bühlen dazu. Also diese Investition war die wichtigste für Mitteldeutschland. Sonst wäre in Mitteldeutschland nicht viel los."

Pro Jahr verarbeitet die Raffinerie etwa elf Millionen Tonnen russisches Rohöl. Jeder zehnte Liter Benzin, der in Deutschland getankt wird, kommt inzwischen aus Leuna. Die Produktpalette reicht von Benzin, Diesel und Heizöl bis zu Rohbenzin. Viele Chemieunternehmen im Umkreis arbeiten mit Produkten aus Leuna. Europas modernste Erdölraffinerie gilt als Initialzündung für den Strukturwandel einer ganzen Region. Für den steht auch ein ganz anderer Superlativ. Am Chemiestandort Bitterfeld läuft seit fünf Jahren Europas stärkste Solarzelle vom Band.


Inmitten der riesigen Chemieareale in Thalheim an der Grenze des Chemieparks, stehen die Fabrikgebäude der Firma Q-Cells. Vor dem Eingang flattert eine Fahne mit dem Markenzeichen des Solarzellenherstellers. Ein blaues Q auf weißem Untergrund. Der Buchstabe steht für die Typenbezeichnung der Photovoltaikzellen, die inzwischen rund um die Uhr produziert werden. Die etwa 1000 Einwohner in Thalheimer brauchen sich um Steuereinnahmen nicht zu sorgen. Noch in diesem Jahr soll der Ort mehr Arbeitsplätze als Einwohner bieten. Uwe Schmorl arbeitet in der Produktion. Er kommt aus der Region Bitterfeld, ist von Anfang an dabei.

"Für mich ist das eigentlich Wahnsinn. Wir fahren hier am Tag so um die hunderttausend Zellen."

Schon läuft die dritte Generation der quadratischen Siliciumscheiben vom Band. Jedes dieser Minikraftwerke ist hauchdünn, schimmert bläulich und wiegt in der Hand nicht viel mehr als ein Blatt Papier. Weil das Material so filigran ist, hieß es bislang in Deutschland: Vollautomatische Produktion? Unmöglich, doch Q-Cells beweist das Gegenteil. Uwe Schmorl sieht zu wie die grafitgrauen Scheiben mit dem typischen Solarzellenblau beschichtet werden, eine heikle Operation, aber es funktioniert.

"Weil hier unsere Grafitboote beladen werden, und zwar durch einen Roboter, der sich um sieben Achsen gleichzeitig dreht und der auf ein hunderstel genau die Zellen in die Grafitboote tauchen muss."

Seit dem Börsengang vor einem halben Jahr hat sich der Aktienkurs verdoppelt. Rasante Expansion im Tal der Sonnenenergie am äußersten Rande des Chemieparks Bitterfeld. Auf dem weiten Gelände ist von tropfenden rostigen Rohrleitungen nichts mehr zu sehen. Marode Relikte aus DDR-Zeiten sind verschwunden. Allein im vergangenen Jahr hat Sachsen-Anhalt über 36 Millionen Euro für die Sanierung von Altlasten investiert. Jeder dritte Euro für die Region Bitterfeld. Inzwischen spricht Matthias Gabriel, Geschäftsführer des Chemieparks von einer Erfolgsgeschichte. Etwa drei Milliarden Euro wurden investiert, 350 Firmen haben sich angesiedelt, stellen zehntausend Arbeitsplätze.

"Wir bieten den Leuten komplett erschlossene Grundstücke für 13 Euro den Quadratmeter, um Altlasten müssen die sich nicht kümmern. Das, was an Defiziten hier mal gewesen ist, an Gefährung für Mensch, Tier und Pflanze, das ist komplett weg. Die Menschen erkennen an, dass hier seit der zweiten Privatisierung im Jahr 2001 ein Ruck durch den Chemiepark gegangen ist."

Das Erfolgsgeheimnis im Chemiepark heißt Stoffverbund. Nicht im teuren Kesselwagentransport, sonder via Pipeline werden Rohstoffe direkt vom Produzenten an die Kunden geliefert. Das Konzept "Chemiepark" ist undenkbar ohne die Erdölraffinerie in Leuna und ohne die Investitionen des Chemieriesen Bayer.

Vor zehn Jahren war Bayer der erste Großinvestor vor Ort. Die Bilanz bis heute: 630 Millionen Euro Investitionen, 25 Milliarden Tabletten made in Bitterfeld, Etwa 800 Mitarbeiter und 152 Ausbildungsplätze. Brian Auerbach wurde nach der Ausbildung übernommen, arbeitet heute im Technologiezentrum. Er spricht voller Stolz, findet nur lobenswerte Worte für seinen Arbeitgeber. Der ehemalige Azubi zehrt heute von der vielseitigen Grundausbildung.

"Man sieht nicht nur die pharmazeutische Produktion, sondern auch die Lackharzproduktion. Dort kann man in verschiedenen Produktionsstätten eingeteilt sein. Man bekommt ein weites Blickfeld und versteht die Zusammenhänge wesentlich besser."

Weidenbäume säumen die Allee vom Produktionswerk zum Verwaltungsgebäude. Schon die Römer wussten, Weidenrinde hilft gegen Schmerzen. Es ist dieser Stoff, der als synthetisches Schmerzmittel im Aspirin steckt, sagt Ute Walter. Wie die meisten Mitarbeiter kommt auch sie aus der Region, ist zu DDR-Zeiten mit Chemie groß geworden. Heute ist sie stolz auf die saubere Produktion.

"Früher konnte man nur mit geschlitzten Augen hier rumlaufen, weil die Flugasche über der Region lag. Im ersten Winter nach der Wende blieb der Schnee weiß, der sonst immer schwarz war. Es sind ganz viele hübsche Orte entstanden, die auch irgendwo in Westdeutschland sein könnten."

Das Werksgelände ist offen. Da gibt es Grünflächen, einen natürlichen Auenwald und Tiere. Ute Walter nennt das Werksgelände liebevoll "Industriepark". Sie steht an ihrem Lieblingsplatz im firmeneigenen Kräutergarten neben dem Haupteingang. Sie bückt sich, zeigt auf die Schilder.

"Das ist das Beet hier mit den Entzündungen, gewöhnlicher Beifuß, Huflattich und Kerbel. Das ist jetzt mal als Beispiel, was man aus der Natur nehmen kann gegen Entzündungen und wir haben dafür unser Aspirin. "

Im Süden des Landes hat der Kupferbergbau die Landschaft geprägt. Abraumhalden sind bis heute Zeugen der Vergangenheit. Die Schächte sind längst geschlossen. Allenfalls Touristenpfade und Bergbaumuseen erinnern an die Geschichte. Sabine Starke ist die Chefin der vier Mansfeld Ladies. Sie denkt sich die Texte aus, komponiert am Keyboard im heimischen Wohnzimmer die Melodien.
"Man sagt von den Mansfeldern, dass sie eine raue Schale haben und einen weichen Kern. Aber gerade weil es hier so trist ist mit der hohen Arbeitslosigkeit versuchen wir die Leute mit unseren Liedern ein bisschen aufzuheitern."

Die Arbeitslosenquote liegt weit über 20 Prozent. Die Mansfelder sind heimatverbunden wie nirgendwo sonst in Sachsen-Anhalt. So erklärt sich auch, warum die vier singenden Damen so erfolgreich sind. Unsere Texte haben eine ehrliche Botschaft, sagt Michaela Deinzer.

"800 Jahre Bergbau sollten nicht einfach in Vergessenheit geraten. Arbeitslosigkeit hin oder her, wenn alle sagen, es ist schlecht, dann wird es auch nicht besser. Die Geschichte erwähnen, aber auch positiv nach vorne schauen, das möchte ich eigentlich den Menschen als Botschaft mitgeben."