Deutscher Idealist und jüdischer Traditionalist
Nach seiner Rückkehr 1948 aus dem Exil in Israel nahm Arnold Zweig in der DDR die Rolle eines repräsentativen Autors ein. Doch während er in Ostdeutschland hofiert wurde, wurde Zweigs Werk in der Bundesrepublik ignoriert.
20. Oktober 1948, Ost-Berlin. Der Schriftsteller Arnold Zweig, als Jude und Sozialist vor den Nationalsozialisten nach Palästina geflohen, war nach Deutschland zurückgekehrt und wurde in Anwesenheit der internationalen Presse von SED-Parteigrößen wie Wilhelm Pieck, hohen russischen Offizieren und Autoren-Kollegen wie dem Dramatiker Friedrich Wolf feierlich begrüßt. Überwältigt, trat Zweig ans Mikrofon:
"Ein Mensch, der auf einen fremden und doch bekannten Planeten gestürzt ist, kann sich in diesem Berlin nicht desorientierter und gleichzeitig erschütterter, vertrauter fühlen als ich jetzt."
Dieses Bild erinnerte an den Anfangssatz seines 1927 erschienenen Romans "Der Streit um den Sergeanten Grischa":
"Die Erde, Tellus, ein kleiner Planet, strudelt emsig durch den kohlschwarzen atemlos eisigen Raum."
Dieses Bild erinnerte an den Anfangssatz seines 1927 erschienenen Romans "Der Streit um den Sergeanten Grischa":
"Die Erde, Tellus, ein kleiner Planet, strudelt emsig durch den kohlschwarzen atemlos eisigen Raum."
Einer der angesehensten Schriftsteller der Weimarer Republik
Anfangs bloß am Rande wahrgenommen, machte "Der Streit um den Sergeanten Grischa" den 1887 im schlesischen Glogau geborenen Arnold Zweig zu einem der angesehensten Schriftsteller der Weimarer Republik. Den Stoff des Buchs, der auf Erlebnissen im Ersten Weltkrieg beruhte, hatte er vorher schon in einem Theaterstück behandelt, aber die Wucht der Anti-Kriegs-Haltung entfaltete erst der Roman. Kurt Tucholsky jubelte:
"Endlich einmal wird der Krieg gar nicht diskutiert, sondern mit einer solchen Selbstverständlichkeit abgelehnt, wie er und seine Schlächter das verdienen."
Der Erfolg des Romans gestattete es Zweig, sich in Berlin einen Glaspalast mit Blick auf den Grunewald bauen zu lassen, in dem er vor sich hinschrieb: neben gelegentlichen kleinen Liedtexten weitere Erzählungen, Romane, Dramen, Essays und eine sein politisch linkes Engagement bekennende Alltagspublizistik. Solches Schreibleben war für den "deutschen Idealisten" und "jüdischen Traditionalisten", wie Zweig Freunden und Feinden früh erschienen war, 1933 zu Ende: In letzten Augenblick, 14 Tage nach dem Reichstagsbrand, verließ er Deutschland. In Haifa angekommen, fühlte er sich allerdings überhaupt nicht wohl:
"Ich habe keinerlei zionistische Illusionen mehr. Ich betrachte die Notwendigkeit, hier unter Juden zu leben, ohne Enthusiasmus."
"Endlich einmal wird der Krieg gar nicht diskutiert, sondern mit einer solchen Selbstverständlichkeit abgelehnt, wie er und seine Schlächter das verdienen."
Der Erfolg des Romans gestattete es Zweig, sich in Berlin einen Glaspalast mit Blick auf den Grunewald bauen zu lassen, in dem er vor sich hinschrieb: neben gelegentlichen kleinen Liedtexten weitere Erzählungen, Romane, Dramen, Essays und eine sein politisch linkes Engagement bekennende Alltagspublizistik. Solches Schreibleben war für den "deutschen Idealisten" und "jüdischen Traditionalisten", wie Zweig Freunden und Feinden früh erschienen war, 1933 zu Ende: In letzten Augenblick, 14 Tage nach dem Reichstagsbrand, verließ er Deutschland. In Haifa angekommen, fühlte er sich allerdings überhaupt nicht wohl:
"Ich habe keinerlei zionistische Illusionen mehr. Ich betrachte die Notwendigkeit, hier unter Juden zu leben, ohne Enthusiasmus."
Geistiger Repräsentant für ein sozialistisches Deutschland
Auch deshalb nahm Zweig 1948 die Offerte aus Ost-Berlin an, für ein sozialistisches Deutschland als geistiger Repräsentant zur Verfügung zu stehen. Beim Empfang anlässlich seiner Rückkehr blickte er inmitten des durch den Zweiten Weltkrieg verwüsteten Berlins zugleich noch einmal auf jene Jahre zurück,
"Als 1914 bis 1918 die ganze deutsche Tradition einstürzte, der Glaube an die innere Beziehung zur Humanität der deutschen Klassik, und als man daraus machte den alldeutschen Siegeswillen und alldeutschen Siegfrieden, der dann im Wald von Compiègne seine wirkliche Formulierung fand, nämlich die verdiente Niederlage – da sind diese ganzen Ruinen in den Seelen der Menschen schon vorhanden gewesen, und dann war es eben an uns, unsere Pflicht zu tun. Wir haben sie getan."
Aus solchem persönlichen Pflichtgefühl heraus, bekannte Zweig, habe er den Roman "Der Streit um den Sergeanten Grischa" geschrieben. Er gehört zusammen mit Büchern wie "Erziehung vor Verdun" zu einem sechsbändigen Zyklus, der – unter dem Haupttitel "Die großen Kriege der weißen Männer" – als Zweigs bestes erzählerisches Konzept gilt. Während das Werk, nicht zuletzt wegen der Entscheidung für Ost-Berlin als Lebens- und Schreibort, in der Bundesrepublik fast völlig ignoriert wurde, dekorierte man den Autor in der DDR mit höchsten Preisen. Aber sogar ihm als "Staatsdichter" verstümmelte die Zensur manche Texte. Trotz solcher verletzenden Erfahrungen beharrte Zweig nach außen bis zuletzt darauf:
"Dorthin, wo die Arbeiterschaft sich geeinigt hat – dorthin bin ich gegangen und habe es noch keine Minute in meinem Leben bereut."
Aus solchem persönlichen Pflichtgefühl heraus, bekannte Zweig, habe er den Roman "Der Streit um den Sergeanten Grischa" geschrieben. Er gehört zusammen mit Büchern wie "Erziehung vor Verdun" zu einem sechsbändigen Zyklus, der – unter dem Haupttitel "Die großen Kriege der weißen Männer" – als Zweigs bestes erzählerisches Konzept gilt. Während das Werk, nicht zuletzt wegen der Entscheidung für Ost-Berlin als Lebens- und Schreibort, in der Bundesrepublik fast völlig ignoriert wurde, dekorierte man den Autor in der DDR mit höchsten Preisen. Aber sogar ihm als "Staatsdichter" verstümmelte die Zensur manche Texte. Trotz solcher verletzenden Erfahrungen beharrte Zweig nach außen bis zuletzt darauf:
"Dorthin, wo die Arbeiterschaft sich geeinigt hat – dorthin bin ich gegangen und habe es noch keine Minute in meinem Leben bereut."
Rumorende Zweifel
In Zweigs Innerem rumorten allerdings die Zweifel. Kurz vor seinem Tod am 26. November 1968 im Alter von 81 Jahren, inzwischen erblindet und als Schriftsteller im Schweigen versunken, fragte er sich vor Vertrauten:
"Hat es sich gelohnt?"
"Hat es sich gelohnt?"