Vor 150 Jahren

Antipode von Mahler und Schönberg

Der Komponist (u.a. "Der Rosenkavalier") und Dirigent Richard Strauss im Jahr 1888 als Student. Er wurde am 11. Juni 1864 in München geboren und ist am 8. September 1949 in Garmisch-Partenkirchen gestorben. +++(c) dpa - Report+++
Strauss ist Nachfahre einer einflussreichen Musik- und Brauerei-Dynastie aus München. © picture-alliance / dpa
Von Albrecht Dümling · 11.06.2014
Vor 150 Jahren wurde in München Richard Strauss geboren. Sein Lebensziel, vom Komponieren leben zu können, hat er glanzvoll erreicht. Bis heute zählt Strauss mit seinen opulenten Opern und Orchesterwerken zu den meistgespielten Komponisten des 20. Jahrhunderts.
Mit den feurigen Klängen seiner Tondichtung "Don Juan" eroberte sich der 25-jährige Richard Strauss sein Publikum. Als er dieses Werk an einem Novembertag des Jahres 1889 mit der Weimarer Hoftheaterkapelle zur Uraufführung brachte, überwältigte der Reichtum orchestraler Klangfarben und die Sicherheit der Formgestaltung die Zuhörer. Stolz meldete der junge Komponist seinen Eltern:
"Das Stück klang zauberhaft und entfesselte einen für Weimar ziemlich unerhörten Beifallssturm."
Als Sohn eines Waldhornvirtuosen war Richard Strauss am 11. Juni 1864 in München zur Welt gekommen. Der große Dirigent Hans von Bülow hatte ihn als Kapellmeister zuerst nach Meiningen und dann nach Weimar geholt. Nach dem "Don Juan" schuf Strauss weitere erfolgreiche Tondichtungen wie "Tod und Verklärung", "Till Eulenspiegels lustige Streiche" oder "Also sprach Zarathustra". Mit diesen an Beethoven und Liszt anknüpfenden Orchesterwerken wurde er zum musikalischen Repräsentanten der aufstrebenden Gründerzeit.
Auch bei internationalen Gastspielen erregte Strauss Aufsehen. Selbst Claude Debussy bestaunte den Wagemut seines deutschen Kollegen.
"Strauss entwickelt rhythmische Klangfarben: er stellt die entferntesten Tonarten mit einer absoluten Kaltblütigkeit übereinander, die sich überhaupt nicht darum kümmern, dass sie 'verletzend' wirken, sondern allein darum, dass sie 'Leben' ausdrücken."
Als kühner Neuerer erwies sich der bald zum Berliner Hofkapellmeister avancierte Musiker ebenso in seinen Bühnenwerken "Salome" und "Elektra". Umso mehr überraschte dann aber 1911 die Dresdner Uraufführung der Oper "Der Rosenkavalier".
Sympathisant des Führerprinzips
Der "Rosenkavalier" nach einem Text Hugo von Hofmannsthals verherrlicht die eheliche Liebe in der Wiener Adelswelt des Rokoko. In Text und Musik huldigte Richard Strauss hier einem anachronistischen Schönheitsideal. Der einstige Avantgardist, den inzwischen Komponistenkollegen wie Arnold Schönberg an Kühnheit weit übertrafen, hatte resigniert und war zum Konservativen geworden. Während die Katastrophe des Ersten Weltkriegs viele Künstler zu einer tiefgreifenden Neuorientierung hinführte, hielt Strauss an seiner idealisierenden Klangwelt fest. Seiner von Friedrich Nietzsche geprägten elitär individualistischen Lebensphilosophie entsprechend, lehnte er die Demokratie ab und sympathisierte ab 1933 mit dem Führerprinzip Adolf Hitlers. Da er aber dennoch mit Juden wie Stefan Zweig weiter zusammenarbeiten wollte, musste Strauss zwei Jahre später sein Amt als Präsident der Reichsmusikkammer aufgeben. Dennoch galt er immer noch als der führende Repräsentant deutscher Musik.
Sein Opportunismus gegenüber dem NS-Staat hat dem Komponisten viel Kritik eingebracht. Thomas Mann entdeckte sogar schon an seiner Salome-Oper ein verdächtiges Schielen nach materiellem Erfolg.
"Was für ein begabter Kegelbruder! Der Revolutionär als Sonntagskind, keck und konziliant. Nie waren Avantgardismus und Erfolgssicherheit vertrauter beisammen."
Schon früh hatte sich Strauss für die Urheberrechte der Komponisten engagiert, wovon nicht zuletzt er selbst profitierte.
Als Antipode von Gustav Mahler und Arnold Schönberg hatte er sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr auf einen klassizistischen Schönheitskult zurückgezogen, was die Beliebtheit seiner klangsinnlichen Werke aber nicht beeinträchtigte. Sie sind bis heute zentrale Bestandteile des internationalen Konzert- und Opernbetriebs. Als Richard Strauss 1948 kurz vor seinem Tod mit den "Vier letzten Liedern" seine schöpferische Tätigkeit abschloss, bewertete er dies nicht ganz zu Unrecht als den Abgesang einer Epoche.
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