Von Ulrike Timm

Die "Süddeutsche" erinnert an den Tod Che Guevaras vor 40 Jahren und wie ihn dies zur Pop-Ikone der Linken machte. Ebenfalls in der "Süddeutschen": ein Interview mit Regisseur Woody Allen. Die FAZ berichtet von einer Tagung, die den Wandel der Industriegesellschaft prophezeit.
Können Sie sich Che Guevara mit 80 vorstellen, mit Gehstock und Glatze? Eine argentinische Zeitung hat den Volkshelden und Berufsrevolutionär in die Zeitmaschine eines Computers gesteckt - das Ergebnis kann dem Mythos trotzdem nichts anhaben. 40 Jahre nach seinem gewaltsamen Tod erlebt Che Guevara eine Renaissance als Ikone der Linken in Lateinamerika, das erfahren wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Ob Venezuelas Präsident Hugo Chavez oder Evo Morales in Bolivien, Che Guevara ist eine "Galionsfigur, und in seinem Geburtsland Argentinien wurde der Schrecken des Bürgertums kürzlich zum wichtigsten Kind der Nation gewählt. Noch vor Evita Peron und dem legendären Tangosänger Carlos Gardel."

Wohl nicht nur Peter Burghardt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG meint über den "epischen Märtyrer für jeden Zweck", dessen Poster seit den Sechzigern weltweit die WGs schmückte:

"Der Tod machte ihn unsterblich. Denn es folgte die Verwandlung zur Ikone, ein auch optisches Phänomen."

Natürlich, gemeint ist d e r berühmte Schnappschuss, das Foto des "Latinlovers als Streiter für Gerechtigkeit", das auch heute noch zwischen Bagdad, Caracas und Heiligendamm auf Demos durch die Straßen geschleppt wird, "zu den Protesten gegen den Irak-Krieg gehört es wie damals zu den Märschen gegen den Vietnamkrieg. Niemand verkörpert die Ablehnung der US-Politik so zeitlos wie der Herausforderer des Imperiums.", so die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.

Die WELT blättert in Internationalen Zeitungen und findet im "New Statesman" eine eher nüchterne Betrachtung des Che, der mit seinen Guerilleros die Weltrevolution ins Herz Südamerikas tragen wollte und ja auch einiges auf dem Kerbholz hatte. Einer seiner Biographen, der mexikanische Schriftsteller und Soziologe Jorge Castaneda meint, dass Che Guevara den heutigen Generationen nichts zu bieten hätte:

"In einem Zeitalter, in dem die Absolutheitsansprüche von Marxismus und Marktkapitalismus als gescheitert angesehen werden, hätte Che nichts zu sagen."

Aber die Mühen der Ebene sind ihm durch seinen gewaltsamen Tod vor 40 Jahren ja auch erspart geblieben, genauso wie uns ein Che mit Glatze und Gehstock ... In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG widmet sich Jürgen Kaube einer Tagung in Potsdam, die sich mit den Folgen des Klimawandels beschäftigt.

"Unsere Städte sind so, wie sie derzeit aussehen, für Autos gebaut worden, unsere Sozialsysteme hängen vom Wachstum ab ... .mit einem Wort: Unsere gesamte Lebensform ist auf eine Industriegesellschaft eingestellt, die es so in fünfzig Jahren nicht mehr geben wird."

Ein gutes Dutzend Nobelpreisträger widmet sich deshalb in Potsdam auf einer internationalen Konferenz der "Globalen Nachhaltigkeit". Einer der führenden Klimaforscher, Hans Joachim Schellnhuber, spricht bereits davon, dass eine "Neuerfindung der Industriegesellschaft" nötig sei, viel mehr also als eine bloße Begrenzung oder gar - welcher Übermut! - Beherrschung des Klimawandels.

Und damit ein großer Sprung zurück in die früheste Menschheitsgeschichte: Schloss Niederstolzingen zeigt ab Mitte Oktober die älteste Elfenbeinfigur der Welt, ein kleines Mammut, vier Zentimeter breit, 7,5 Gramm schwer und im vergangenen Jahr von Archäologen bei Tübingen gefunden, notiert die WELT, das älteste vollständig erhaltene plastische Kunstwerk überhaupt.

Ob den überzeugten Großstadtmenschen Woody Allen so ein kleiner vorsintflutlicher Klunker rühren könnte? Er spricht mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG über Chaos und Komik, sein Fazit:

"Das Leben ist tragisch und: nicht sehr bedeutend."

Das ist nicht neu, liest sich aber nett. Woody Allens kleiner Erzählband "Pure Anarchie" ist gerade auf Deutsch erschienen. Und wie würde Che Guevara auf die fatalistische Weltsicht des melancholischen Komikers Allen reagieren? Vielleicht mit einem herzhaften:
"Seien wir realistisch, und wünschen wir das Unmögliche"

Aber Che Guevara ist ja schon lange tot ... .