Von Ulrike Timm

Die "Zeit" kümmert sich gleich in mehreren Artikeln um die deutsche Sprache und verteidigt die Wissenschaftssprache Englisch, außerdem würdigen die Feuilletons den verstorbenen Schauspieler Ulrich Mühe.
"Der Exzellenzcluster untersucht die Auswirkungen der Einbettung der Akteure in netzwerkartige relationale Strukturen auf Prozesse sozialer Exklusion." –

Pardon, aber auf eine schenken wir uns. Die Pressebeschauerin ist doch so schon ganz stolz, dass sie dieses Ungetüm stolperfrei unter die Leute gebracht hat … Die ZEIT beschäftigt sich gleich in mehreren Artikeln mit Wohl und Weh der deutschen Sprache – die Sache mit dem Exzellenzcluster, findet Dieter E. Zimmer, sei kein gutes Deutsch, und "Internetdeutsch" sei eine "soziale Kommunikationsstörung".

So sehr wir ihm zustimmen, so schwer scheint es zu sein, den Stier bei den Hörnern zu packen: Die ZEIT braucht viele Zeilen, um letztlich mitzuteilen, dass "Sprachbewusstsein" nötig sei, bloßes "Sprachgefühl" dagegen sei ein schwammig Ding. Stimmt. Und? Jens Jessen erklärt das Deutsche zum "Sanierungsfall", was uns an einen Ausspruch der Bundeskanzlerin, ganz Deutschland sei ein Sanierungsfall, erinnert, und uns genauso wenig sprachlich überzeugt … Jessen wehrt sich gegen einen

"Zeitgeistopportunismus", "der das Deutsche wie eine überholte Technologie ablegen will" –"

als Beispiel nennt er neu gegründete Universitäten in Deutschland, denen das Englische gleich als Unterrichtssprache aufgezwungen werde. Claus Leggewie und Elke Mühlleitner verteidigen in der ZEIT die Wissenschaftssprache Englisch als lingua franca -

""mal ernsthaft: in welcher Gemeinschaftssprache sonst soll sich die EU austauschen?","

bedauern aber, dass zunehmend für Englisch erklärt werde, was doch nur "Schrumpf-Englisch" sei, jener 1000- Wörter-Jargon nämlich, der dann durch unzählige "Meetings", "Panels" und "Roundtables" "bramabarsiere". Stopp. Bramabarsieren! Die Pressebeschauerin gesteht, sie hat das für eine wirklich schöne und originelle Wortschöpfung des ZEIT-Teams – pardon! – von Leggewie und Mühlleitner gehalten und wollte dieses wundervolle Wort bramabarsieren auf der Stelle beim nächsten Wettbewerb ums schönste neue deutsche Wort einreichen. Glücklicherweise hat sie es vorher gegooglet (PS: googlen steht im Duden, darf man!), und siehe da: "bramabarsieren – nach einer literarischen Figur des 18. Jahrhunderts, für aufschneiden, prahlen!" Wieder was gelernt …

Stopp. Und Schnitt. "Hälfte des Lebens" – so überschreibt die Neue Zürcher Zeitung mit Hölderlins Worten ihren Nachruf auf den großen Schauspieler Ulrich Mühe. Auch Hölderlin hat er nämlich gespielt. Und Egmont, Hamlet und den Landvermesser K. in "Das Schloss" nach Franz Kafka. Und so viele mehr.

""Der Umstand, dass Mühe im kollektiven Gedächtnis haften bleiben wird, weil er in 'Das Leben der Anderen' den Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler spielte, verstärkt die Trauer um seinen Tod","

meint die taz, die diesen Film nicht für den eindrucksvollsten hält. Und doch:

""Er starrt hinaus in die Leere, die ihn umgibt, und lauscht hinein in das Leben der Anderen, und allein in seinen Augen kann man lesen, was einer sieht, dessen Blick auf einmal nach innen fällt, ein Augenzeuge",

so beschreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG noch einmal die vielschichtige, widersprüchliche Figur des Stasi-Manns, den Mühe im Oscar-premierten Film darstellte, und weiter:

"Wahrscheinlich hat er in jenem Augenblick selbst nicht geahnt, dass er für diesen Film nicht nur seine Kunst einsetzen würde, sondern auch sein Leben."