Von Ulrike Timm
Keines der großen Feuilletons kommt an den beiden Ausstellungen in Hamburg und Berlin vorbei, die dem Künstler Hans Haacke gewidmet sind. Ähnlich ergeht es dem neuen James-Bond-Film, auf den sich mehrere Zeitungen mit Wonne stürzen.
Keines der großen Feuilletons kommt an den beiden Ausstellungen in Hamburg und Berlin vorbei, die dem Künstler Hans Haacke gewidmet sind. Ähnlich ergeht es dem neuen James-Bond-Film, auf den sich mehrere Zeitungen mit Wonne stürzen.
Über manches geht die Zeit hinweg – mehr oder weniger gnädig. Der Konzeptkünstler Hans Haacke sorgte einst für Riesenwirbel, als er einen Trog Erde ins Reichstagsgebäude stellte und ihn "Der Bevölkerung" widmete, als unbequeme Spiegelung und im gleichen Schrifttypus wie die Inschrift "Dem Deutschen Volke", die 1916 in den Giebel gemeißelt wurde.
"Heute stört sich kein einziger Abgeordneter mehr an dem allmählich zuwuchernden Trog mit Erde aus allen Wahlkreisen" und "über die Erde im Holztrog sind Buschröschen und wilde Kräuter gewachsen"
lesen wir, so oder ähnlich, im Tagesspiegel, in der Süddeutschen Zeitung und in der Welt. Denn kein großes Feuilleton kommt an den beiden Ausstellungen vorbei, die dem Künstler Hans Haacke gewidmet sind, eine in den Hamburger Deichtorhallen, eine in der Berliner Akademie der Künste. Und so sehr das Engagement des Künstlers hochgehalten und gewürdigt wird, die Süddeutsche fragt:
"Was bleibt von der Kunst, wenn sie vollends in Kritik aufgeht?",
die Welt sieht alte Schlachten geschlagen und der Tagesspiegel meint über die Kunst Haackes, die stets einem politischen Impetus entspringt:
"Wer ließe sich nicht von solcher Emphase begeistern! Doch steckt in diesem Satz auch die Kehrseite – der Makel, der Haackes Installationen stets angehängt wird: dass sie Verstandesarbeiten sind, didaktische Arrangements, nicht aber sinnlich wirkende Kunst."
Auch die großen, bebilderten Artikel in den Feuilletons geraten allesamt ein wenig pflichtschuldig, eine zerrissene US-Fahne ist eben ein Fanal und nicht automatisch gleich ein Kunstwerk, bloß weil sie so ambitioniert arrangiert wird. Und wenn der Tagesspiegel gar schreibt:
"Hübsch sieht es aus, das zerrissene Sternenbanner an der Wand, plakativ auch der Guatanamo-Kopfüberzug mit Sternen auf blauem Grund",
dann ist das nach landläufigen Maßstäben ein glatter Verriss. Den sich in Gänze, über einen kompletten Artikel hinweg, dann doch so recht keiner zu schreiben getraut hat. Wohl aus Respekt vor eben dieser Emphase Haackes, die nach dem Motto "Maske nieder, immer wieder" – diesen schönen Slogan verdanken wir der Süddeutschen - zwar nicht recht berührt und nicht mehr schockiert, aber über viele Jahre eben auch immer wieder ihren Platz in den Feuilletons hatte, und zwar stets einen prominenten …
Wenn Haacke also zur Pflicht geworden ist, ist James Bond dann die Kür? Das würde der eine oder andere Hochkulturgeist bestimmt weit von sich weisen, und doch stürzen sich Berliner Zeitung, Süddeutsche und Welt mit Wonne auf die nunmehr sechste 007 im Dienste der britischen Königin, die der Uraufführung des neuesten Bond-Films in dieser Woche ja auch die Ehre erwies. Sechster 007 ist nach Connery, Moore und Brosnan nun Craig, Daniel Craig. Der bringt Sätze wie "Es juckt mich am Hintern", was dem smarten Zyniker Connery nie über die Lippen gekommen wäre und was Fritz Göttler in der Süddeutschen Zeitung schwer begeistert. Nun denn.
Insgesamt sechs(!) Kollegen der Süddeutschen verfassen eine "kleinen Kulturgeschichte des nötigen Zubehörs" - als da sind Bond-Girl, der Drink, der Bond, der Deutsche, das Bond-Auto und Action – und bilden so Fans, Nostalgiker und standhafte James-Bond-Abstinenzler gleichermaßen, denn an einer kompletten Seite Feuilleton kommen auch Totalverweigerer ja kaum vorbei.
Wenn es denn wirklich stimmen sollte, dass die neue 007 "komischer – und britischer. Mit Understatement. Sarkasmus statt Zynismus. Und Ironie statt Erotik." daherkommt, wie die WELT meint, dann lohnt der neue Mann Daniel Craig womöglich wirklich einen zweiten Blick. Obwohl zumindest der Pressebeschauerin ein James Bond, der auf die existentielle Frage, ob er den Martini geschüttelt oder gerührt möchte, mit "Scheißegal!" antwortet, zutiefst suspekt ist …
Über manches geht die Zeit hinweg – mehr oder weniger gnädig. Der Konzeptkünstler Hans Haacke sorgte einst für Riesenwirbel, als er einen Trog Erde ins Reichstagsgebäude stellte und ihn "Der Bevölkerung" widmete, als unbequeme Spiegelung und im gleichen Schrifttypus wie die Inschrift "Dem Deutschen Volke", die 1916 in den Giebel gemeißelt wurde.
"Heute stört sich kein einziger Abgeordneter mehr an dem allmählich zuwuchernden Trog mit Erde aus allen Wahlkreisen" und "über die Erde im Holztrog sind Buschröschen und wilde Kräuter gewachsen"
lesen wir, so oder ähnlich, im Tagesspiegel, in der Süddeutschen Zeitung und in der Welt. Denn kein großes Feuilleton kommt an den beiden Ausstellungen vorbei, die dem Künstler Hans Haacke gewidmet sind, eine in den Hamburger Deichtorhallen, eine in der Berliner Akademie der Künste. Und so sehr das Engagement des Künstlers hochgehalten und gewürdigt wird, die Süddeutsche fragt:
"Was bleibt von der Kunst, wenn sie vollends in Kritik aufgeht?",
die Welt sieht alte Schlachten geschlagen und der Tagesspiegel meint über die Kunst Haackes, die stets einem politischen Impetus entspringt:
"Wer ließe sich nicht von solcher Emphase begeistern! Doch steckt in diesem Satz auch die Kehrseite – der Makel, der Haackes Installationen stets angehängt wird: dass sie Verstandesarbeiten sind, didaktische Arrangements, nicht aber sinnlich wirkende Kunst."
Auch die großen, bebilderten Artikel in den Feuilletons geraten allesamt ein wenig pflichtschuldig, eine zerrissene US-Fahne ist eben ein Fanal und nicht automatisch gleich ein Kunstwerk, bloß weil sie so ambitioniert arrangiert wird. Und wenn der Tagesspiegel gar schreibt:
"Hübsch sieht es aus, das zerrissene Sternenbanner an der Wand, plakativ auch der Guatanamo-Kopfüberzug mit Sternen auf blauem Grund",
dann ist das nach landläufigen Maßstäben ein glatter Verriss. Den sich in Gänze, über einen kompletten Artikel hinweg, dann doch so recht keiner zu schreiben getraut hat. Wohl aus Respekt vor eben dieser Emphase Haackes, die nach dem Motto "Maske nieder, immer wieder" – diesen schönen Slogan verdanken wir der Süddeutschen - zwar nicht recht berührt und nicht mehr schockiert, aber über viele Jahre eben auch immer wieder ihren Platz in den Feuilletons hatte, und zwar stets einen prominenten …
Wenn Haacke also zur Pflicht geworden ist, ist James Bond dann die Kür? Das würde der eine oder andere Hochkulturgeist bestimmt weit von sich weisen, und doch stürzen sich Berliner Zeitung, Süddeutsche und Welt mit Wonne auf die nunmehr sechste 007 im Dienste der britischen Königin, die der Uraufführung des neuesten Bond-Films in dieser Woche ja auch die Ehre erwies. Sechster 007 ist nach Connery, Moore und Brosnan nun Craig, Daniel Craig. Der bringt Sätze wie "Es juckt mich am Hintern", was dem smarten Zyniker Connery nie über die Lippen gekommen wäre und was Fritz Göttler in der Süddeutschen Zeitung schwer begeistert. Nun denn.
Insgesamt sechs(!) Kollegen der Süddeutschen verfassen eine "kleinen Kulturgeschichte des nötigen Zubehörs" - als da sind Bond-Girl, der Drink, der Bond, der Deutsche, das Bond-Auto und Action – und bilden so Fans, Nostalgiker und standhafte James-Bond-Abstinenzler gleichermaßen, denn an einer kompletten Seite Feuilleton kommen auch Totalverweigerer ja kaum vorbei.
Wenn es denn wirklich stimmen sollte, dass die neue 007 "komischer – und britischer. Mit Understatement. Sarkasmus statt Zynismus. Und Ironie statt Erotik." daherkommt, wie die WELT meint, dann lohnt der neue Mann Daniel Craig womöglich wirklich einen zweiten Blick. Obwohl zumindest der Pressebeschauerin ein James Bond, der auf die existentielle Frage, ob er den Martini geschüttelt oder gerührt möchte, mit "Scheißegal!" antwortet, zutiefst suspekt ist …