Von Ulrike Timm
Mehrere Zeitungen beschäftigen sich mit dem Treffen zwischen Vertretern deutscher Museen und Kulturstaatsminister Bernd Neumann über den Umgang mit so genannter NS-Raubkunst. In der "Welt" kommt in diesem Zusammenhang ein so genannter "Kunstdetektiv" zu Wort. Und die "taz" bringt ein kluges und gewitztes Gespräch mit dem Zeichner und Dichter F.W. Bernstein.
Krisengipfel für die Kunst: Kulturstaatsminister Neumann trifft an diesem Montag Museumsdirektoren und Juristen, um darüber zu sprechen, wie künftig mit Ansprüchen von Nachkommen jüdischer Nazi-Opfer umgegangen werden soll, die Kunstwerke aus dem früheren Familienbesitz zurückverlangen. Da hat man sich einiges vorgenommen, wenige Tage nach der spektakulären Versteigerung von Kirchners "Berliner Straßenszene" bei Christies in New York. Nicht zuletzt der Streit machte den Preis:
"Welche Rolle die mächtigen Auktionshäuser und die Mechanismen eines überhitzten Kunstmarkts bei dieser Entwicklung spielen, ist im Berliner Fall relativ gut dokumentiert. Von anfangs geschätzten sieben bis zehn Millionen Euro wurde der Preis für Kirchners Bild innerhalb weniger Wochen auf knapp dreißig Millionen katapultiert","
so Heinrich Wefing in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Da kann einem Museumsdirektor mit Ankaufsetat knapp über Null nur schwindelig werden, und folglich plagt nicht wenige
""Die Angst vor der leeren Wand"
so überschreibt Stefan Koldehoff denn auch seinen Artikel zum gleichen Thema in der Süddeutschen Zeitung und führt akribisch auf, für welche Bilder derzeit ein Restitutionsbegehren vorliegt. Nolde, Feininger, Marc und wieder Kirchner – alles dabei, und alle zusammen würden sie sicher eine eindrucksvolle Ausstellung ergeben, für deren Präsentation man glatt ein neues Museum brauchte.
Den "Vorrang der moralischen Verantwortung" hat Kulturstaatsminister Neumann am Wochenende nochmals betont, trotzdem spricht der Berliner Tagesspiegel vom "bitteren Recht" und von der "herzensguten Naivität", mit der "die Bundesrepublik vor Jahren alle juristischen Hürden beiseite geräumt" habe, "um Herausgabeansprüchen zu genügen".
"Was als moralische Selbstverpflichtung begann, hat sich zum knallharten Kommerz entwickelt, dem sich die betroffenen Museen hilflos ausgeliefert sehen",
schreibt Bernhard Schulz im Tagesspiegel. In der WELT kommt ein so genannter Kunstdetektiv zu Wort, der sich systematisch auf die Suche nach enteigneten Kunstwerken begeben hat, und Oliver Toussaints Perspektive ist natürlich eine andere:
"Jeder Museumsdirektor müsste es selbst als eine wichtige Aufgabe ansehen, an die Familien der Opfer heranzutreten … Meine Erfahrungen zeigen, wenn ein Museum selbst die Initiative ergreift, sind ganz andere Lösungen mit Erben und ihren Anwälten möglich."
So ganz uneigennützig allerdings handelt der Kunstdetektiv Toussaint auch nicht, in der Branche heißt er "Mister 50 Prozent", weil er im Erfolgsfall angeblich die Hälfte des Verkaufserlöses berechnet. Das sind im Einzelfall Millionen. Aber darüber spricht er im Interview mit der WELT natürlich nicht.
Noch mal Kunst, aber kein Streit um Besitz und Geld. Was der Zeichner und Dichter F.W. Bernstein zustande bringt, ist vielen einfach unbezahlbar lieb. "Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche" ist wohl sein bekanntester kecker Spruch, und in einem klugen, gewitzten Gespräch mit der taz wird deutlich, wie viel Bescheidenheit und Arbeit hinter den Einfällen steckt.
"Das ist bei mir Bildungsgut oder Bildungsschrott, was einfach vorhanden ist und mit dem man spielen kann",
meint Bernstein. Wenn der Interviewer der taz zu ihm sagt:
"In ihrem Gedicht ‚Sinn satt!’ schreiben Sie: ‚Sprache macht von selber Sinn/ weil der Sinn steckt in ihr drin.’ Das hat schon was Heideggersches.",
meint man in Bernsteins Antwort ein nachsichtiges kleines Stirnrunzeln mitzulesen über so viel Interpretationswut. Gut so. Dieser Tage sind F.W. Bernsteins gesammelte Dramolette erschienen, in denen er einmal mehr listig und fröhlich das Leben wie die Sprache auseinander nimmt und nur zwei kleine Gesetze befolgen wollte:
Erstens: "Langweile nicht!" Zweitens: "Nerve nicht!". Schwieriger geht’s nimmer …
"Welche Rolle die mächtigen Auktionshäuser und die Mechanismen eines überhitzten Kunstmarkts bei dieser Entwicklung spielen, ist im Berliner Fall relativ gut dokumentiert. Von anfangs geschätzten sieben bis zehn Millionen Euro wurde der Preis für Kirchners Bild innerhalb weniger Wochen auf knapp dreißig Millionen katapultiert","
so Heinrich Wefing in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Da kann einem Museumsdirektor mit Ankaufsetat knapp über Null nur schwindelig werden, und folglich plagt nicht wenige
""Die Angst vor der leeren Wand"
so überschreibt Stefan Koldehoff denn auch seinen Artikel zum gleichen Thema in der Süddeutschen Zeitung und führt akribisch auf, für welche Bilder derzeit ein Restitutionsbegehren vorliegt. Nolde, Feininger, Marc und wieder Kirchner – alles dabei, und alle zusammen würden sie sicher eine eindrucksvolle Ausstellung ergeben, für deren Präsentation man glatt ein neues Museum brauchte.
Den "Vorrang der moralischen Verantwortung" hat Kulturstaatsminister Neumann am Wochenende nochmals betont, trotzdem spricht der Berliner Tagesspiegel vom "bitteren Recht" und von der "herzensguten Naivität", mit der "die Bundesrepublik vor Jahren alle juristischen Hürden beiseite geräumt" habe, "um Herausgabeansprüchen zu genügen".
"Was als moralische Selbstverpflichtung begann, hat sich zum knallharten Kommerz entwickelt, dem sich die betroffenen Museen hilflos ausgeliefert sehen",
schreibt Bernhard Schulz im Tagesspiegel. In der WELT kommt ein so genannter Kunstdetektiv zu Wort, der sich systematisch auf die Suche nach enteigneten Kunstwerken begeben hat, und Oliver Toussaints Perspektive ist natürlich eine andere:
"Jeder Museumsdirektor müsste es selbst als eine wichtige Aufgabe ansehen, an die Familien der Opfer heranzutreten … Meine Erfahrungen zeigen, wenn ein Museum selbst die Initiative ergreift, sind ganz andere Lösungen mit Erben und ihren Anwälten möglich."
So ganz uneigennützig allerdings handelt der Kunstdetektiv Toussaint auch nicht, in der Branche heißt er "Mister 50 Prozent", weil er im Erfolgsfall angeblich die Hälfte des Verkaufserlöses berechnet. Das sind im Einzelfall Millionen. Aber darüber spricht er im Interview mit der WELT natürlich nicht.
Noch mal Kunst, aber kein Streit um Besitz und Geld. Was der Zeichner und Dichter F.W. Bernstein zustande bringt, ist vielen einfach unbezahlbar lieb. "Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche" ist wohl sein bekanntester kecker Spruch, und in einem klugen, gewitzten Gespräch mit der taz wird deutlich, wie viel Bescheidenheit und Arbeit hinter den Einfällen steckt.
"Das ist bei mir Bildungsgut oder Bildungsschrott, was einfach vorhanden ist und mit dem man spielen kann",
meint Bernstein. Wenn der Interviewer der taz zu ihm sagt:
"In ihrem Gedicht ‚Sinn satt!’ schreiben Sie: ‚Sprache macht von selber Sinn/ weil der Sinn steckt in ihr drin.’ Das hat schon was Heideggersches.",
meint man in Bernsteins Antwort ein nachsichtiges kleines Stirnrunzeln mitzulesen über so viel Interpretationswut. Gut so. Dieser Tage sind F.W. Bernsteins gesammelte Dramolette erschienen, in denen er einmal mehr listig und fröhlich das Leben wie die Sprache auseinander nimmt und nur zwei kleine Gesetze befolgen wollte:
Erstens: "Langweile nicht!" Zweitens: "Nerve nicht!". Schwieriger geht’s nimmer …