Von Ulrike Timm

"Welt" und "Tagesspiegel" widmen sich der Rückkehr der Loveparade, die eigentlich niemand vermisst hat. Die "Süddeutsche" hingegen widmet Meister Rembrandt aus Anlass seines 400. Geburtstages eine ganze Seite und lobt seine Marketingstrategien. Die FAZ hingegen sinniert über die derzeitige Hitzewelle.
"Niemand hat die Love Parade vermisst", meint Michael Pilz in der WELT. Aber auch, was man nicht vermisst, kommt manchmal wieder, und so meldet die Liebesparade nach zwei Jahren Abstinenz: "Love is back". Und obwohl die WELT darauf hinweist, dass in den vergangenen zwei stillen Sommern keine orientierungslosen Raver um das Brandenburger Tor herumstrichen und also die Notwendigkeit der ganzen Veranstaltung nicht ganz zweifelsfrei bewiesen ist, widmet der TAGESSPIEGEL dem Ereignis fast eine komplette Seite. Das ist löblich. Denn wir lernen was. Genauer gesagt, der TAGESSPIEGEL gibt den Dolmetscher für das anstehende Getöse und druckt ein kleines, sehr spezielles Lexikon der Popkultur, von A wie Anti-Folk bis Y wie Yeah, letzteres in doppelter Version:

"Durch die Beatles in die moderne Musik eingebrachtes Füllwort, das sich zum universellen Anfeuerungs- und Begeisterungsbegriff entwickelte. Selbst DDR-Staatschef Walter Ulbricht war machtlos: 'Mit der Monotonie des JeJeJe und wie das alles heißt sollte man doch Schluss machen'. Meinte er."

Fazit: wenn die Massen ihren Spaß haben, sollen die Bosse doch bitte nicht quengeln. Ach so, "Z", natürlich gibt es auch ein "Z" im kleinen TAGESSPIEGEL-Lexikon der Popkultur, ein ganz redaktionsinternes, halbprivates sozusagen:

"Zurückmelden: Neulich in der Pop-Redaktion des Tagesspiegels. Es klopft. Vor der Tür steht ein langhaariger Mann in Lederkluft. Er sagt: "Hallo. Ich bin ein Rockstar und melde mich mit meinem neuen Album zurück."

Da werden wir die zurückkehrende Parade der Liebe auch noch verkraften…

Und damit machen wir einen kräftigen Zeitensprung, nämlich fast 400 Jahre zurück, ins Amsterdam des goldenen Zeitalters, wo es schon einen Kunstmarkt gab und also auch Marketingstrategien. Das entnehmen wir der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, die Rembrandt aus Anlass seines 400. Geburtstages eine komplette Seite widmet. Gleich zwei Autoren huldigen dem Malergenie in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, und während Willibald Sauerländer vom berühmten diffusen Licht der Bilder schwärmt und von Landschaften, die "traurig, fast so traurig wie Schuberts Winterreise sind", widmet sich Manfred Schwarz dem Handfesten, nämlich der Kunst und ihrem Markt, mit dem Rembrandt genauso virtuos umzugehen verstand wie mit der Farbe.

In der WELT erfahren wir, warum das Werk des Ausnahmekünstlers mal schrumpft und mal wächst, denn auch ein echter Rembrandt ist nicht unbedingt immer komplett von Rembrandt - gern gingen seine Schüler ihrem Meister zur Hand.

"Was heute zu schmerzhaften Abschreibungen und großem Wertverlust führt, war damals ein Ausdruck von Größe und Bedeutung. Der Ruhm des Malers zog die besten Schüler und Mitarbeiter an, die alle nur ein Ziel hatten: Malen können wie der Meister."

Und manche konnten eben genau das richtig gut…

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG beschäftigt sich mit einem der fühlbarsten Themen dieser Tage: der Hitze. Eberhard Rathgeb hat mit Blick auf ein Wochenende voller Blechlawinen auf den Straßen und Überfüllung an den Stränden einmal ganz kühl nachgerechnet:

"Deutschlands Küste ist 2389 Kilometer lang. Im Land tummeln sich 82.400.000 Einwohner. Wenn sich nun eines Tages, gleichsam wie verabredet, alle Deutschen an die Küste zum Baden aufmachten und sich dort nebeneinander, vielleicht sogar Händchen haltend, hinzustellen versuchten, dann balgten dreißig Deutsche sich um nur einen Meter Küstenlinie."

Tja. Immerhin haben sich ja einige zigtausend Raver in Berlin zur Loveparade angesagt - die fallen aus der Rechnung schon mal raus. Bleibt zu hoffen, dass das Restvolk nicht komplett baden geht…