Von Ulrike Timm

21.05.2006
Der "Spiegel" stellt den Dokumentarfilm , "Workingman“s Death" vor und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" springt Uwe Karsten Heye bei, der sich durch seine drastischen Reisewarnung für Farbige zunächst heftig gescholten wurde.
"Man kann nicht acht Stunden lang trinken oder lieben, aber man kann acht Stunden lang arbeiten", meint Vassili, ein ukrainischer Grubenarbeiter, stellvertretend für all die Kumpel, die mit ihm gemeinsam durch enge Schächte kriechen und auf dem Bauch die kleinen Förderwagen für die Kohle voran schieben. Michael Glawogger widmet Menschen, die gefährliche Schwerstarbeit verrichten, einen Film, "Workingman"s Death", und Elke Schmitter sorgt im SPIEGEL dafür, dass dieser Dokumentation wenigstens ein klein wenig Aufmerksamkeit zuteil wird in Zeiten, wo die Festspiele von Cannes und der "Da Vinci Code" alles Leise und Präzise platt zu machen scheinen.

Elke Schmitter nennt "Workingman"s Death" im SPIEGEL "Eine herbere Form von Liebe, die da spricht", und weiter, "Wenn der Schacht einbricht, sind sie verloren, wenn sie sich nicht rühren, erfrieren sie." Aber Tatjana sagt: "'Das Leben an sich ist voll Freude' - Es sind Sätze wie dieser, die in ihrer Poesie noch Tage im Kopf bleiben."

Körperlichen Schwerstarbeitern setzt "Workingman’s Death" ein filmisches Denkmal - und, vielleicht überraschend: All diese Menschen sind auf schlichte Weise stolz auf sich und ihr kleines, wichtiges, eindrucksvolles Leben. Nachzulesen im SPIEGEL, und überprüfbar in den Kinos, die vom "Da Vinci Code" ganz weit entfernt sind und sich unverdrossen dem schwierigen Genre des Dokumentarfilms widmen.

Über Mangel an Aufmerksamkeit kann sich Uwe Karsten Heye nicht beklagen, seit er im Deutschlandradio Kultur ganz offen Menschen mit anderer Hautfarbe davon abriet, sich in kleineren Orten Brandenburgs zu bewegen, es könne dort gefährlich für sie werden. Nachdem die Wellen der Empörung - oder auch nur der political correctness - über ihm zusammenschlugen, ruderte Heye zurück und differenzierte seine Aussagen weiter – die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG springt ihm jetzt bei, unter dem Titel "Die Warnung - Heyes Fremdenhilfe: Wir müssen die Gefahr beim Namen nennen" meint Christian Geyer:

"Kontraproduktiv sind nicht Heyes Sätze über lebensbedrohliche Zonen in Deutschland - letztere gibt es in der Tat nicht nur im Osten. Kontraproduktiv ist, wenn über die Anerkennung dieses Faktums erst noch gestritten werden muss ... Soll man jetzt vor der WM wirklich 'Ein Freund, ein guter Freund' durch Deutschland trällern, während die Polizei bekannt gibt, sie könne durch rechtsextreme Demos während der WM möglicherweise überfordert sein? Spätestens nachts um halb elf hörte für das Opfer in Lichtenberg doch die Freundschaft auf"

…hier bezieht sich der Autor der FAZ auf den Überfall auf den kurdischstämmigen Berliner Politiker, der am Freitagabend zusammengeschlagen wurde - noch ein Einzelfall in einer immer länger werdenden Kette von Einzelfällen.

Christian Geyer warnt in der FAZ davor, "no-go-areas" nicht als solche zu benennen, er befürchtet, dass gut gemeinte "Verantwortungsrhetorik" den fremdenfeindlichen Schlägern indirekt sogar in die Hände spielt: "den Leuten einzureden, dass erst die Warnung vor der national befreiten Zone eine national befreite Zone zu einer national befreiten Zone macht" - das wäre ein Triumph für die Täter - meint Christian Geyer in der FAZ.

Mit den jüngsten Ereignissen der deutschen Gegenwart muss sich Hans Ottomeyer nicht beschäftigen, der Direktor des Deutschen Historischen Museums zeigt das "Vaterland in der Vitrine", so die Überschrift des SPIEGEL über die anstehende Ausstellung in Berlin, "Deutsche Geschichte in Bildern und Zeugnissen". Für manche Kritiker ist das Deutsche Historische Museum in Anspielung auf seinen Initiator schlicht das "Kohl-Museum", und sie befürchten, dass dort Geschichte allzu platt und bisweilen etwas volkstümelnd aufgearbeitet würde. Direktor Ottomeyer will jedenfalls der "um sich greifenden Geschichtsvergessenheit"" entgegentreten und erläutert sein Programm in einem ausführlichen Interview mit dem SPIEGEL.

"Wir müssen erst mal auf null zurück, nachsitzen, mit uns und dem 20. Jahrhundert ins Reine kommen", so Ottomeyer, und da hat er sicher - gerade in diesen Tagen - Recht. Über alles weitere und vor allem über die Ausstellung kann sich vom 2. Juni an jeder selbst eine Meinung bilden.