Von Ulrike Timm

Klaus von Dohnanyi begeistert sich im „Spiegel“ für die geplant Elbphilharmonie, „Die Welt“ erinnert an Benjamin Franklin und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ empfiehlt die Versetzung von FIFA-Mitarbeitern in die Abteilung Rasenpflege.
„Die SPD neigt in kulturellen Fragen generell dazu, Geld immer als etwas zu sehen, das man auf Kindergärten aufteilen könnte.“

Das meint ein SPD-Mann, nämlich Klaus von Dohnanyi, in einem Interview des SPIEGELS. Dohnanyi, Anfang der 80er Hamburger Bürgermeister, begeistert sich wie die CDU und die Grünen in der Bürgerschaft für die geplante Elbphilharmonie, die seinen Parteifreunden in der Hansestadt einfach ein bisschen zu gigantisch ist. Kultur muss man sich was kosten lassen, sie ist eine Zukunftsinvestition, so der Tenor des Gesprächs. Einen Grund für seinen Optimismus, dass sich der riesige Konzertbau am Hamburger Hafen vielleicht nicht rechnen, aber dennoch lohnen würde, findet von Dohnanyi in der Vergangenheit. Listig meint er:

„Salzburg lebt von den Schulden Mozarts und Bayreuth von den Schulden Wagners.“
Den Spiegelautoren um Kulturchef Matthias Matussek ist die Elbphilharmonie, das für 2009 geplante „Wunderwerk zum Lauschen, Essen, Elbe-Bewundern und Schöner-Schlafen“ Anlass für einen mehrseitigen Artikel, der dem Phänomen der „neuen Bürgerlichkeit“ nachspürt. Der Hamburger Konzertbau wird nämlich im Wesentlichen aus Spendengeldern finanziert, die Dresdner haben so etwas mit der Frauenkirche schon vorgemacht, und in Berlin rackert ein nimmermüder, wenn auch derzeit in Turbulenzen geratener Verein für den Wiederaufbau des Stadtschlosses. Halb fasziniert, halb skeptisch denken die SPIEGEL-Autoren über ein Phänomen nach, das in Deutschland noch neu ist, Zitat:

„Es ist Mäzenatentum nach amerikanischem Muster, ideologiefreie Engagiertheit, Can-Do Spirit.“

Can-Do Spirit, eine Geisteshaltung, die Benjamin Franklin sicher imponiert hätte. Am Dienstag jährt sich der Geburtstag des amerikanischen Politikers, Schriftstellers, Verlegers, Erfinders und Philosophen zum 300. Mal. Grund genug für die WELT, uns in gleich zwei Beiträgen an den Mann zu erinnern. Michael Stürmer und Uwe Schmitt würdigen Benjamin Franklin, der Pragmatismus und Puritanismus zur bürgerlichen Philosophie der Vereinigten Staaten erhob, einen Selbsterziehungsclub gründete, in dem allwöchentlich Themen der Moral, Politik und Physik erörtert wurden, der die amerikanische Unabhängigkeitserklärung mitunterzeichnete – und der den Blitzableiter erfand. Keiner der anderen Gründerväter wird im Alltag so oft zitiert wie Benjamin Franklin, mein Ulrich Schmitt, und fügt zum Beweis an: „Zeit ist Geld“. So sagte der Mann.

Eine Menge Geld hat die FIFA bereits in den Sand gesetzt, denn nicht nur André Heller hatte bereits viel Zeit in die Planung der geplatzten WM-Gala gesteckt, es bestanden auch Absprachen für Auftritte von Bob Dylan, Jessye Norman, Peter Gabriel und des chinesischen Pianisten Lang Lang. Der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG verriet Heller Details seiner Pläne. Unter anderem war eine Parade von Figuren aus der deutschen Geschichte vorgesehen, Heller dachte an Heino und den Struwwelpeter sowie Ludwig II. mit Richard Wagner an der Hand, alle in 30-facher Vergrößerung. Ob man das unbedingt hätte sehen müssen, ist eine andere Frage. Über die Absage des Spektakels stichelt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG“ so:

„Jede normale Firma würde Leute, die so argumentieren, in den innersten Innendienst versetzen und beispielsweise zur Rasenpflege einsetzen…“

In der SÜDDEUTSCHEN erfahren wir auch, was Jessye Norman bei der WM-Gala hätte singen wollen, wenn sie hätte singen sollen, nämlich „Dich, teure Halle, grüß ich wieder“ aus Wagners Tannhäuser. Wer weiß, vielleicht singt sie das ja bei einem anderen Spektakel, 2009 nämlich, zur Eröffnung der Elbphilharmonie.